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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
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hinunter, ohne auf die Leiche zu achten, die in einer Ecke des Treppenhauses lag.
    Bis auf den Halbmagier, der in eine Pflaume biss, war die Eingangshalle leer. Überrascht blickte Eremul auf und wischte sich mit dem weiten Ärmel seines Mantels den Saft vom Kinn. »Nun?«, fragte er. »Was ist los?«
    »Salazar ist tot«, erklärte Cole und drängte sich an dem Magier vorbei, der vor Schreck die Pflaume fallen ließ. Sie prallte auf den Boden, zerplatzte und hinterließ einen roten Fleck.
    »Was? Wohin willst du? Was wird aus mir?«
    »Ich muss etwas erledigen«, rief Cole zurück. »Ich muss es der Stadt sagen. Salazar ist tot.«
    Er richtete den Blick auf den Beutel an seinem Gürtel. Ticktack, ticktack. Jeder Schlag des Uhrwerks jagte ihm neue Angstschauer ein. Zähneknirschend rannte er weiter.
    Als er den verborgenen Zugang zum Tempel der Großen Mutter erreichte, dämmerte es bereits. Er zog die Efeuranken zur Seite und bemerkte mit zunehmender Furcht, dass sie schon eine ganze Weile nicht mehr bewegt worden waren. Als er sich hindurchschieben wollte, hörte er viele Stiefel, die im Gleichschritt marschierten und sich näherten. Er zögerte und schlich an der abbröckelnden Tempelmauer entlang, um auf den Händlerweg zu spähen.
    Eine große Abteilung sumnischer Söldner marschierte zum Haken. An der Spitze des kleinen Heeres lief der dickste Mann, den Cole je gesehen hatte. Die Fußgelenke waren so dick wie der Oberschenkel eines erwachsenen Mannes, und das vierfache Kinn wackelte bei jedem watschelnden Schritt hin und her. Hinter diesem Walfisch von Mann folgten lachende Soldaten, die gierige Blicke nach Norden warfen, wo sich hinter den schützenden Mauern die Anwesen der Reichen erhoben. Einige machten obszöne Gesten, andere starrten mit wölfischem Grinsen hinauf.
    Cole huschte in den Tempel zurück. Anscheinend war eine ganze Kompanie sumnischer Söldner durch das Osttor gebrochen, ohne auf Gegenwehr zu stoßen. Vielleicht haben die Verteidiger von Salazars Tod gehört und die Waffen gestreckt, dachte er. Eigentlich hätte er stolz auf sich sein müssen, aber das war er nicht. Nicht solange das Ticktack der Uhr in seine Ohren kroch wie ein Wurm, der sich einen Gang grub. Nicht solange er dieses bedrückende Gefühl in der Brust verspürte.
    Cole holte tief Luft und zwängte sich durch die Öffnung im hinteren Teil der Tempelmauer, um durch den kurzen Durchgang zu der nach oben führenden Treppe zu laufen, wie er es fast sechs Wochen zuvor das letzte Mal getan hatte. Damals hatte er Prellungen gehabt und geblutet und war dank seiner eigenen Dummheit zu spät gekommen. Und doch, als er langsam die Treppe zum Kirchenschiff hinaufstieg, hätte er alles gegeben, um noch einmal in diese unschuldigen Zeiten zurückspringen zu können.
    Sobald er sah, dass die Tür aus den Scharnieren gerissen war, wusste er es.
    Die Toten waren im Kirchenschiff aufgestapelt und verbrannt worden.
    Cole stolperte zu den verkohlten Überresten und blieb wie betäubt stehen. Mit tränenden Augen betrachtete er die Asche auf dem Boden und die roten Flecken auf den Wänden.
    Dann bückte er sich und griff nach einem zerfetzten blauen Stück Stoff. Am Saum war noch eine goldene Borte zu erkennen. Es war das Wams, das Garrett beim Treffen der Splitter getragen hatte. An diesem Abend hatte er den Anhänger, das Geschenk seines Ziehvaters, ins Feuer geworfen, das genau an dieser Stelle gebrannt hatte, und war weggerannt.
    Er bückte sich, durchsuchte die Asche und die verkohlten Knochen und wurde immer nervöser, als er nicht fand, was er suchte.
    Der Anhänger war nicht mehr da.
    Haltlos schluchzend brach er auf dem schmutzigen Boden zusammen und kroch rückwärts weg, bis er sich an eine Säule lehnen konnte.
    Dort weinte er und hörte nicht auf, bis ihm die Brust wehtat, bis die Augen wund waren und keine Tränen mehr hatten.
    Es tut mir leid, Garrett. Es tut mir leid, dass ich weggelaufen bin. Es tut mir leid, dass ich zu überheblich war und nicht auf dich hören wollte, als du mich auf den rechten Weg bringen wolltest.
    Er löste den Beutel von seinem Gürtel und nahm die Taschenuhr seines Mentors heraus. Lange starrte er sie an und erinnerte sich an die schönen Zeiten, die sie miteinander erlebt hatten.
    Cole wischte sich die frischen Tränen aus dem mit Ruß verschmierten Gesicht und stand mit wackligen Knien auf. Vorsichtig legte er die Uhr mitten auf den Altar. Die Göttin mag untergegangen sein, aber vielleicht hütet der

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