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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
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ein geschickter Künstler ein verstörend genaues Abbild seines Motivs geschaffen, aber einige wichtige Einzelzeiten unterschlagen.
    »Hallo, Meister.« Die Stimme des Dieners klang melodischer als früher. »Ich habe auf dich gewartet.«
    »Wer bist du?«, fragte Eremul. Er blickte sich nach links und rechts um, doch die Straßen waren verlassen. Wer die zweifelhafte Befreiung der Stadt zu feiern gedachte, befand sich anscheinend schon im Zentrum oder in einer der Schenken etwas weiter im Norden. Er und Isaac waren ganz allein.
    »Du würdest es mir vermutlich nicht glauben, wenn ich sage, dass ich dein treuer Diener bin.«
    »Hatte ich einen treuen Diener? Ich hätte schwören können, dass ich einen hoffnungslosen Pfuscher und Stümper hatte.«
    Isaac lächelte leicht. »Jedenfalls konnte ich nicht gehen, ohne Lebewohl zu sagen. Deiner Art mag es an manchem fehlen, aber es gibt einige unter euch, die durchaus nicht ohne Verdienste sind. Ich werde ein wenig traurig sein, wenn ihr alle fort seid.«
    »Wenn wir alle fort sind?« Was redet der da? »Ich bin die Spielchen leid, Isaac.« Allmählich wurde er wütend. »Ich weiß von dem Hafenmeister und der Krähe. Wer bist du?« Er hielt einen Moment inne und beobachtete das besorgte Gesicht des Dieners. » Was bist du?«
    »Du könntest mich … einen Schiedsrichter nennen.«
    »Einen Schiedsrichter?«
    »Ich habe vier Jahre unter euch Menschen verbracht und euch eingeschätzt. Ich habe mich entschieden, und jetzt kehre ich in meine Heimat zurück, um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Was die Frage angeht, was ich bin …«
    Eremul blinzelte und staunte über das, was er sah. Eigentlich veränderte Isaac sein Äußeres gar nicht, doch sein eigenes Gehirn ergänzte allmählich die Einzelheiten, die er vorher irgendwie nicht beachtet hatte.
    Menschlich. Elfenbeinfarbene Haut, beinahe zierlich zu nennende Gliedmaßen. Augen so schwarz wie die Mitternacht … Auf einmal bekam er schreckliche Angst. Noch nie war er einem so restlos durchdringenden Blick ausgesetzt gewesen. Diese Obsidianaugen waren schlimmer als Salazars bösestes Starren. Das Wesen, das ihn auf diese Weise prüfte, war so alt, dass selbst die Lebensspanne eines Magierfürsten im Vergleich nur das Flackern einer Kerze gewesen wäre.
    Etwas Warmes rann über Eremuls Beinstümpfe. Er hatte sich in die Hosen gemacht.
    Isaac oder das Wesen, das sich Isaac genannt hatte, schien es nicht zu bemerken. Es hob eine schlanke Hand und sagte beinahe traurig: »Genieße die Zeit, die dir noch bleibt, Eremul Kaldrian. Bedauerlicherweise können wir beim bevorstehenden Feldzug keine Ausnahmen machen. Nicht einmal für dich.«
    Dann machte das Wesen einen einzigen Schritt vorwärts – und verschwand. Es stürzte ins Nichts.
    Eremul saß eine Weile reglos da und betrachtete seine besudelte Kleidung. Dann rollte er zum Hafen hinunter. Er war zu verängstigt, um allein ins Archiv zurückzukehren. Dort unten saß er, ließ den Blick über den Hafen schweifen und hörte dem Schwappen des Wassers zu, das half, seine aufgewühlte Seele zu beruhigen.
    Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Er blickte ins dunkle Wasser hinab und murmelte eine Anrufung, um eine Lichtkugel zu erzeugen und das Objekt zu beleuchten. Als er es erkannte, stockte ihm der Atem in der Kehle, und er begann zu zittern.
    Gleich darauf hielt er es in den Händen. Das Geschöpf war magerer, als er es in Erinnerung hatte, eigentlich kaum mehr als ein Skelett, und doch atmete es wunderbarerweise noch. Wie ist das möglich? Ich habe dich doch vor drei Wochen ins Hafenbecken fallen lassen!
    Der Hund öffnete einen Spalt weit die Augen, kläffte erbärmlich und streckte den Hals, um Eremul das Gesicht abzulecken.
    Der Halbmagier drückte das arme Wesen so fest an sich, wie er es wagte, ohne es zu verletzen. Du bist mein kleines Wunder, dachte er und war in geradezu lächerlichem Maße glücklich. Er drehte den Stuhl herum und machte sich auf den Weg zum Archiv, um das kleine Tier mit Fressen und Wasser zu versorgen. Das Schlimmste ist vorbei. Jetzt können wir uns beide erholen. Gemeinsam.
    Er hatte sich sogar schon einen Namen ausgedacht. Aus heiterem Himmel war er ihm eingefallen und kam ihm so richtig vor, dass er sich keinen besseren vorstellen konnte.
    Tyro.

    Brodar Kayne zählte die großen Goldmünzen ab. Fünfundzwanzig, genau wie versprochen. Er zog die Schnur zusammen und wog den Beutel in der Hand. Er fühlte sich beruhigend schwer an und ließ

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