Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Titel: Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Liew
Vom Netzwerk:
digitales Karaoke eine Selbstverständlichkeit, sogar eine Playstation ist inzwischen ein absolutes Muss. Müssen Japaner die Dame ihres Herzens erst ansingen, um sie rumzukriegen? Oder gar das oberste Level als Gamer erreichen? Sollten japanische Balzriten so anders sein?
    Manche Hotels bieten Ausstattungen wie aus dem Fitnesscenter mit Hometrainer und Sonnenbank. Nicht zu vergessen eine Polaroidkamera, um die „unvergesslichen Momente“ auch festzuhalten können. Einzelne erlauben via Bildschirm einen Blick in Nachbarzimmer, andere bieten Partyräume für größere Gruppen. Frauen haben kein Problem, allein oder zu zweit einzuchecken. Männer haben es da nicht so leicht, ohne weibliche Begleitung oder gar mit einem weiteren Mann an ihrer Seite werden sie fast überall abgelehnt oder horrend zur Kasse gebeten.
    Zwei Millionen Japaner besuchen täglich ein Love Hotel, da lässt sich trotz wirtschaftlich wackeliger Zeiten noch gut Geld verdienen. Und so investieren die großen Hotelketten in immer bizarrere Liebesnester und überziehen das Land mit zumeist scheußlichen Bauwerken ohne Fenster. Dabei behalten sie stets die goldene Regel der Standortwahl im Auge: Ein erfolgreiches Love Hotel liegt in der Nähe eines Bahnhofs, einer Autobahnausfahrt oder eines beliebten Ausflugsziels. Tatsächlich stehen die umsatzstärksten Love Hotels in Japan in der Nähe des berühmten Takarazuka-Theaters bei Kobe. Individuell betriebene Love Hotels haben es dagegen wesentlich schwerer, ohne risikoreiche Investitionen mit dem Trend der Zeit zu gehen. Kostenlose Erdnüsse allein helfen nicht, um angestaubte Einrichtungen und schlichte Bäder auszugleichen. Um die Zimmer zum Beispiel exotischer auszustatten, fehlen jedoch oft die finanziellen Mittel. In einem Viertel in Tokyo haben sich deswegen neun unabhängige Love Hotels zusammengeschlossen und bieten gemeinsame Events an. Begrüßt der Kunde in einem Hotel das Hündchen des Besitzers besonders liebevoll, gibt es einen Preisnachlass. Doch den Gästen steht meist nicht der Sinn nach Familienanschluss mit putzigem Hund. Sie wollen Abwechslung und die Art Luxus, die sie sich daheim auf Dauer nicht leisten können. Immerhin ist der Partner (fast) immer der Gleiche, da muss der Reiz des Neuen wenigstens im Ambiente liegen. Auch die Paare, die hier auf professioneller Ebene Abwechslung und Zweisamkeit suchen, möchten dies in einer besonderen Traumwelt tun und sich nicht in Muttis gewöhnlicher Bettwäsche wiederfinden. Die klassische Prostitution, seit 1956 offiziell in Japan verboten, benutzt die Hotels natürlich auch für ihr Gewerbe. Prostitution an sich war und ist in Japan kein großes Thema. Schon im japanischen Mittelalter vermieteten die berühmten Teehäuser (Chaya oder Chashitsu) ihre Hinterzimmer an professionelle Prostituierte wie auch an tatsächlich verliebte Kundschaft für ein wenig verschwiegene Zweisamkeit. Die Literaten jener Zeit, allen voran Chikamatsu Monzaemon (1653–1725), der auch als der Shakespeare Japans bekannt ist, wählten die Teehäuser gerne als Schauplatz ihrer Dramen. So umgab die Chashitsu lange Zeit ein besonderer Hauch von Romantik. Um diese Etablissements entwickelten sich später die großen Vergnügungsviertel. Von ihnen ist leider nichts mehr erhalten, die eng aneinandergereihten Holzhäuser fielen den wiederholten Großbränden der Neuzeit zum Opfer.
    Nach dem zweiten Weltkrieg setzte mit der Besetzung Japans und der miserablen Wirtschaftslage die Prostitution verstärkt wieder ein. Die amerikanischen GIs verlangten nach „Geisha Girls“, und so putzten sich die japanischen Huren in möglichst grellen Kimonos heraus. Was wussten die Ausländer schon vom Unterschied zwischen einer kultivierten Geisha und einer gewöhnlichen Straßenprostituierten? Dabei bedeutet der Name Geisha „Person der Künste“, Prostituierte hingegen „verkaufen ihren Frühling“. Bis heute hat sich das Missverständnis gehalten, dass Geisha Edelprostituierte seien. Wahre Geishas verkaufen ihren Körper jedoch nicht gegen Geld. Sie verschenken ihre Gunst, wenn überhaupt!, nur an auserwählte Herren. In einem Love Hotel wird man die beiden übrigens nie antreffen. So billig kommt der jeweilige Patron dann doch nicht davon. Ein gesellschaftliches Problem ist hingegen die Prostitution von minderjährigen Mittel- und Oberschülerinnen, die damit ihr Taschengeld aufbessern. Enjo Kosai bedeutet ungefähr „gegen Unterstützung Gesellschaft leisten“ und bezeichnet

Weitere Kostenlose Bücher