Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
ist ungesetzlich, wissen Sie das?« Er riss das Schriftstück in kleine Fetzen und warf sie in den Aschebehälter auf seinem Tisch. »Äußerst kühn! Und das haben Sie an alle Regentenfamilien geschickt, ja?«
»Ja, Mijnheer«, sagte Fokke ein wenig kleinlaut. »Aber ich hatte gute Gründe dafür.«
»Als da wären?«
Er war ein wenig verwirrt, weil es so direkt zur Sache ging. Doch seine Verwirrung währte nur kurz, er hatte schließlich ein Ziel. Er räusperte sich und trug sein Anliegen schnörkellos, aber in wohlgewählten Worten vor: Er wollte einen Kredit, um das Geschäft seines Vaters, Gott sei seiner Seele gnädig, wieder aufzubauen und seinen Namen reinzuwaschen.
»Welche Sicherheiten wollen Sie mir denn dafür geben?«, wollte der Patrizier wissen.
»Durch den Ruin meines Vaters konnte ich nur mein Elternhaus retten«, antwortete Fokke. »Auf der Bank habe ich so gut wie nichts, und meine arme Mutter muss Unterricht geben, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten.«
»Sie haben nicht einmal mehr ein Schiff?«
»Nee, Mijnheer Hooft.«
Der Patrizier lachte. »Sagen Sie, wie viele der Familien haben Ihnen geantwortet?«
»Positiv? Nur Sie.«
»Tja, sehen Sie. Die haben sich gar nicht erst die Mühe gemacht, sich Ihr Schreiben genauer anzusehen. Sie sind mit unserer Konferenz beschäftigt und wollen nicht gestört werden.« Hooft grinste. »Glücklicherweise bin ich nicht der Stadtregent, und deswegen habe ich mir die Zeit genommen, mich genauer mit diesem unerhörten Wisch zu beschäftigen. Mein Sekretär, klug, wie er ist, hat diese Post sofort an mich ausgehändigt anstatt an den eigentlichen Adressaten. Wissen Sie, was ich mache?«
»Sie besitzen die Reederei, Mijnheer.«
»Ganz recht, Mijnheer Fokke. Und Sie sind der Sohn eines Reeders. Natürlich in bescheidenerem Maße, aber ich darf wohl annehmen, dass Sie trotz Ihrer Jugend Ihr Handwerk erlernt haben?«
»Von Grund auf, Mijnheer. Ich habe als Schiffsjunge bei meinem Vater gedient und mich bis zum Steuermann hochgearbeitet. Gerade wollte ich mit der Offiziersausbildung beginnen.«
»Sehe ich das richtig, dass Sie ein Mann der Tat und weniger der Buchhaltung sind?«
»Das sehen Sie richtig.«
»Und Sie wollen weiterkommen?«
»Wenn mein Vater nicht hereingelegt worden wäre, hätten wir heute wahren Wohlstand erreicht. Da möchte ich hin.«
»Ist das so?« Frans Hooft stand auf, kam um den Tisch herum und lehnte sich dagegen, die Arme vor der Brust verschränkt. Er war ein schlanker, athletischer Mann. »Ich habe mich selbstverständlich ausführlich nach Ihnen und Ihrer Familie erkundigt, bevor ich Sie geladen habe. Anständige Eltern, auch Ihre Vorfahren haben sich nichts zuschulden kommen lassen. Lassen Sie mich sagen, dass es mir leidtut, was mit Ihrem Vater geschehen ist. In unserem Geschäft ist man nicht zimperlich, gewiss, aber dass er daraufhin von allen seinen Freunden fallen gelassen wurde, ist eine Riesenschweinerei. Das erzürnt mich. Wir handhaben das bei uns anders, das dürfen Sie mir glauben.«
»Dank je wel ...«
Hooft hob die Hand. »Hören Sie, wir sind zwar durchaus Wohltäter, aber dieses Gespräch findet nicht statt, weil ich Mitleid mit Ihnen habe. Tatsächlich ist es so, dass ich zu expandieren gedenke, und zwar auf der Route der Westindischen Kompanie. Ich glaube, gerade in den neuen Kolonien gibt es noch eine Menge Geld zu machen. Dafür baue ich gerade eine neue Flotte auf, und weil die Reise sehr weit übers Meer geht und dort draußen viele Feinde lauern, sind es weniger flinke Handelsschiffe, sondern prächtige Galeonen, die äußerst wehrhaft sind und viel Platz in ihrem Bauch haben. Und für diese Flotte benötige ich junge, verwegene Männer, die zu allem entschlossen sind und Karriere machen wollen.«
Der Patrizier machte eine bedeutungsvolle Pause. Fokke saß einfach nur da und starrte zu ihm hoch.
»Interessiert?«, fragte er schließlich.
»Aber ich wollte ...«, setzte Fokke an.
Hooft winkte ab. »Wenn ich Ihnen den Kredit gebe, werden Sie es vielleicht sogar schaffen, wieder eine kleine Reederei aufzubauen. Aber die Konkurrenz ist groß, mijn jonge vriend, und hat Sie in den nächsten Jahren überholt. Und Sie werden erstickt werden von der Buchhaltung, Abrechnungen und Steuern. Selbst wenn Ihre Mutter Ihnen dabei hilft, verabschieden Sie sich vom Meer!«
Fokke ließ den Kopf sinken.
»Ich biete Ihnen etwas viel Besseres, glauben Sie mir. Zum einen sind Kapitäne hoch angesehen bei den
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