Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
Menschenfrau. Es war ein Wunder, dass ihre Worte einigermaßen verständlich blieben angesichts der Veränderungen, die ihr Sprechapparat davongetragen hatte. »Ftötet fden Fwerg!«
Sie tastete nach dem Klumpen in ihrer Seite, der nach wie vor rötlich leuchtete. Unendlich langsam bewegte sie die Rechte, und es war ihr anzusehen, dass selbst die geringste Bewegung sie schmerzte. Es entstanden Geräusche, die er niemals zuvor gehört hatte. Ein Knacksen, als würden Knochen brechen. Ein Scheppern, als klapperten Metallteile gegeneinander. Ein Kratzen und Pfeifen, als würden sich die Lungen bei jedem Atemzug mit Steinen füllen.
»Nein!«
Arun sah nach vorn. Felix war aufgesprungen. Er hatte Krasarhuu beiseitegeschleudert, als wäre er ein Nichts, und stapfte nun auf Angela und ihn zu. Er hieb auf einen Tisch ein, der ihm im Weg stand, er zerbrach.
Woher bezog der Mensch bloß seine Kraft? Hatte auch sie mit dem Kristallbefall zu tun?
Arun murmelte einen Spruch, einen Abwehrzauber, der seinen Gegner von ihm fernhalten sollte – und bewirkte nichts. Nur ein kurzes Zögern im Schritt des Menschen war zu bemerken. Felix kam weiter auf ihn zu, auch er nun fast vollends von Kristallen eingepackt. Womöglich bewirkten die Aufregung und der Kampf einen weiteren Wachstumsschub?
Arun wich zurück. Er fühlte keine gesteigerte Lust, sich von dem Mann berühren und ebenfalls infizieren zu lassen. Womöglich war er bereits ein Opfer der Kristalle geworden; wer wusste schon zu sagen, ob diese Symbionten nicht frei schwebende und winzige Sporen aussandten, die sich in ihm drin abgesetzt hatten?
»Meine Frau!«, schrie Felix. »Lass sie in Ruhe!«
Der Mann schnappte nach ihm, wollte ihn mit beiden Armen packen und an sich pressen. Arun wich aus, so rasch er konnte. Sein Gegner war schwerfällig; doch er besaß ungeheure Kräfte.
Er umrundete den Thron, sodass Angela nun zwischen ihm und dem Wahnsinnigen war. Bei jeder Seitenbewegung von Felix ging er mit. Dieses Spiel mochte eine Weile andauern, denn der Geist seines Gegners wirkte schwerfällig und stumpf. Arun musste einen Ausweg finden! Er musste dafür sorgen, dass er an den Dolch herankam oder, noch besser, dass Angela ihn ihm überreichte.
Dunkelheit hüllte sie allesamt ein. Sie war feurig, setzte seine Lungen in Brand, führte dazu, dass er schrie, dass er fiel, dass er haltlos zu Boden stürzte. Blind war er. Rings um ihn war nur noch diese grässliche Schwärze. Ein Abgrund, der alles ausfüllte. Sein Sichtfeld, seine Gedanken. Er schwebte. Er war ein Nichts inmitten eines Nichts, und Arun ahnte, dass er nur noch wenige Augenblicke davon entfernt war, sich selbst zu verlieren. Der stets abenteuerlustige Korsar, der ewige Spaßmacher und Abenteurer – er würde im Wahn versinken.
Etwas bohrte sich in die Dunkelheit. Ein Gedanke. Ein Gesicht. Hässlich, zerfurcht und von unbestimmbarem Alter.
Arun sah es an. Es war sein einziger Anhaltspunkt inmitten seiner Selbst-Leere. Sein Anker, der ihn am Leben und seinen Verstand am Funktionieren hielt.
Je länger Arun darauf starrte, desto facettenreicher wurde das Gesicht, und er meinte, es zu erkennen. Es bewegte den Mund und sagte einige Worte, die er zwei, drei Ewigkeiten lang nicht verstand. »... es kostet mich viel, junger Korsar«, sagte sein Lebensretter, »und ich weiß nicht, ob du es wert bist.«
Endlich fiel Arun ein, an wen ihn das Gesicht erinnerte. Es war das des Matrosen Harmeau, doch um Tausende Jahre älter, als es sich bislang dargestellt hatte. Er wollte etwas sagen. Doch es ging nicht. Nach wie vor war er sich seiner Körperlichkeit nicht bewusst. Da waren nur Schwärze und dieses dämliche Gesicht, das allmählich die Form verlor.
»Du musst dich schon bemühen, möchtest du zurückkehren«, mümmelte Harmeau. »Denk an das Wichtigste in deinem Leben.«
Wie sollte er denken, wenn er keinen Kopf mehr dafür besaß? Oder? Woher stammten diese Gedanken, dass er keinen Kopf mehr besaß? Wo wurden sie geboren?
Er fand einen Anhaltspunkt. Die Wurzel einer Erinnerung, die er festhielt und an der er sich hochhangelte, Harmeaus Gesicht entgegen, das deutliche Auflösungserscheinungen zeigte. Arun fühlte, dass er sich eilen musste. Seine Zeit war begrenzt.
Er. Fühlte. Etwas. Eine Hand. Kälte. Nässe. Etwas Brennendes. Er packte zu, mit Fingern, die er vergessen hatte, an die er sich aber nun wieder erinnerte. Er nahm, was ihm gereicht wurde – und war zurück in der Wirklichkeit.
In einer
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