Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
schwanger oder hatten Kleinkinder bei sich. Bis zu vier der Bälger hingen an den Zitzen, meist von elegant geschwungenen Tüchern gehalten.
Hier wurde Schacher getrieben, Handwerker zeigten ihre Künste, Redner brüllten von glorreichen Siegen, die einzelne Patrouillen auf der Oberfläche errungen hatten. Krämer priesen ihre Waren an, Schneider und Näher saßen am Rand der stark bevölkerten Straßen, ebenso Schmiedekünstler, Glasbläser, Ziseleure, Posamentierer, Wahrsager, Bettler und Gog/Magog, die sich als Leibeigene anboten. Alles war bunt und die Stimmung gut. Doch die Laune der hiesigen Bewohner wurde immer wieder von Bewaffneten getrübt, die zu groß gewordene Gruppen sprengten. Es mochte hier Redefreiheit geben – aber sie war nicht allzu gern gesehen.
Bot sich hier die Gelegenheit zur Flucht? Arun blickte nach vorn auf Krasarhuu und ahnte, dass der Schwarzelf die Situation sehr wohl richtig einschätzte. Mit Argusaugen beobachtete er ihn und die Kameraden.
Einem plötzlichen Impuls folgend, drehte er sich zu seinen Begleitern um. »Harmeau?«
»Hm?« Der Alte, der sein Reittier mittlerweile besser als sie alle beherrschte, glitt an seine Seite.
»Sieh dich gut um. Präge dir alles ein, so gut wie möglich.«
Harmeau nickte und fiel wieder zurück.
»Was hatte das zu bedeuten?«, rief Krasarhuu Arun zu.
»Das war bloß eine Unterhaltung unter Freunden.«
»Glaubst du immer noch, mir entkommen zu können?«
»Ich weiß nicht, was du meinst.« Arun schüttelte den Kopf. »Mir gefällt es hier.«
»Lass die Spielchen, Korsar!« Krasarhuus Gesicht lief rot vor Wut an. »Ihr werdet von nun an nicht mehr miteinander reden. Verstanden?«
»Natürlich.« Arun nickte. Er würde dem Schwarzelfen keinen weiteren Grund geben, sie zu misshandeln. Er hatte sein Ziel ohnedies erreicht, wie er nicht ohne Genugtuung feststellte.
Krasarhuu war nervös geworden, wegen einiger weniger Worte. Was womöglich bedeutete, dass er sich seiner Sache keinesfalls sicher war und sich in diesem Umfeld nicht sonderlich wohlfühlte. Immerhin musste er befürchten, als halber Elf enttarnt zu werden. Dann wäre seine gesamte Reputation wohl dahin gewesen, und er wäre rasch von einer der bedeutendsten Gestalten in den Reihen der Gog/Magog zu einer etwas zu fettreichen Zwischenmahlzeit geworden.
Der Palast des Herrschers war in der Tat ein besonderes Meisterwerk der Baukunst. Derlei Kunsthandwerk hätte Arun den Gog/Magog gar nicht zugetraut; denn das Gebäude bestand aus einem riesigen Sandstein, dessen Außenseite kunstvoll verziert und behauen und dessen Inneres ausgehöhlt worden war.
Wolfsköpfige nahmen ihnen die Mardegrase ab und führten sie in Richtung etwas abseits gelegener Stallbereiche. Von dort erklangen verzweifelt klingende Rufe, die vielleicht einem weiteren Muttertier gehörten; ihre Reittiere gebärdeten sich mit einem Mal nervös und unruhig, als wüssten sie ganz genau, was sie hier erwartete. Arun streichelte Trai über die Seite. Irgendwie hatte er sich an das Vieh gewöhnt, und es hatte ihn während des Ritts stets gut behandelt.
Der Eingangsbereich maß mehr als fünfzig Schritt. Dahinter führten zwei breite Treppen in die oberen Stockwerke, von denen es mindestens zehn gab. Gläserne Stützelemente gaben dem Inneren den Anschein von Fragilität; überdimensionierte Bilder, die direkt auf den Sandstein gemalt worden waren, zeigten, dass die Gog/Magog durchaus begabte Künstler hervorbrachten.
»Das ist wunderschön«, sagte Nidi, der niemals von Aswigs Schulter wich. Er hatte seinen Mund weit offen stehen.
Krasarhuu reagierte nicht darauf. Er war damit beschäftigt, einem Gog/Magog in phantasievoll bemaltem Lendenschurz beizubringen, dass er ganz besondere Gefangene mit sich gebracht hatte. Der Gog/Magog gab sich unbeeindruckt. Er stellte deutlich unter Beweis, dass es selbst unter den Mitgliedern dieses kriegerischen Volks einzelne Exemplare gab, die ihre Landsleute gerne triezten, sie mit Überheblichkeit behandelten und sich hinter bürokratischen Spielregeln versteckten.
Krasarhuu beherrschte sich nur mühsam, und Arun fühlte Genugtuung. Der Schwarzelf konnte sich hier nicht offenbaren. Er musste seine Rolle spielen und sich auf das Gehabe seines Landsmanns einlassen. Es war kein Wunder, dass er sich in die Isolation eines Außenpostens zurückgezogen hatte, und beinahe hätte Arun so etwas wie Mitleid für ihren Begleiter gespürt.
»Ich werde ihn eines Tages töten«, sagte
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