Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
Cailleachs löchrig wurden und dass Teile ihrer Leiber davonwehten wie welkes Blattwerk und die vier Gestalten ihren inneren Zusammenhalt rasch wieder verloren. Mit Entsetzensschreien lösten sich ihre Feinde voneinander, vollführten einen Veitstanz, schlugen wütend gegen Felsen und schleuderten Gesteinsreste gegen die Kutsche, die Bathú ohne große Probleme abwehren konnte.
Sie passierten einen monolithischen Felsen, auf dessen Spitze ein flacher, vom Wind polierter Stein thronte und bedenklich wackelte. Es ging rechts vorbei, in eine schmale Gasse, deren Seitenwände viel zu nahe standen. Je tiefer sie in den Weg vordrangen, desto enger drängten die Mauern.
Oder war dies bloß eine optische Täuschung, von den Cailleachs verursacht? Wollten ihre Gegner, dass sie ausstiegen und den magischen Schutz ihres Gefährts verließen, weil sie glaubten, damit stecken bleiben zu müssen?
Bathú schloss die Augen. Er verinnerlichte die Nähe der Seitenwände und verglich, was er fühlte, mit dem, was er sah. »Fahr weiter«, sagte er dann zu Cwym. »Es ist ausreichend Platz.«
»Aber ...«
»Vertrau mir!«
Vertrauen ... Sie stritten miteinander und waren selten derselben Meinung. Und dennoch verstanden sie sich ausgezeichnet. Eine Freundschaft, wie sie selten in den Elfenreichen vorkam, verband sie.
Cwym nickte und fuhr weiter.
Ein schabendes Geräusch entstand, als würden die Radnaben links und rechts über Stein scheuern. Das ist alles bloß Einbildung!, sagte sich Bathú. Die Illusion ist gut, aber nicht gut genug. Denn ich fühle, dass wir nicht stecken bleiben werden.
Und so war es auch. Mit einem Mal hörte das Schabgeräusch auf, und die Wände links und rechts rückten ein gutes Stück zur Seite. Ein Scheinbild machte der Wirklichkeit Platz – und vor ihnen, keine fünfzig Meter entfernt, tauchte wie aus dem Nichts eine windschiefe Holzhütte auf.
Sie besaß nur noch zwei Seitenwände – und im Inneren hockten, gegen den Kamin gedrängt, Gloria und Ruairidh.
12.
Der Herrscher der Tiefe
Die Truppen der Gog/Magog präsentierten sich voller Stolz. Der Marsch in Reih und Glied fiel ihnen schwer, wie sie überhaupt Probleme mit der Disziplin hatten. Doch Felix musste ihnen zugestehen, dass sie sich bemühten.
Er tätschelte Angelas Hand. Sie saß neben ihm und machte ein teilnahmsloses Gesicht. Hatte er etwa zu viel vom Kräutersud erwischt? Würde sie, wenn er sie benötigte, lethargisch und teilnahmslos bleiben?
Nein. Felix hatte sich minutiös auf diesen Auftritt vorbereitet. Zu lange schon hatte sich die Herrscherin der Tiefe nicht gezeigt; Misstrauen war hochgeköchelt, einige Ratsherren hatten über Angelas Abwesenheit zu tuscheln begonnen. Sie mussten dem ein Ende bereiten und einen weiteren Beweis der besonderen Kräfte der Kristallhexe zur Schau stellen.
Felix sah Ratsherr Simhauwe an, den er als einen der Urheber möglicher Konspirationen ausgemacht hatte, und lächelte freundlich. Der Wolfsköpfige mit der markanten Narbe über dem rechten Auge ignorierte ihn. Mit den scharf geschliffenen Krallen seiner Rechten bearbeitete er den Tisch vor sich. Er zog Furche um Furche, zeigte seine Nervosität.
Eine Elitetruppe der Gog/Magog betrat die Übungshalle, begleitet von zwei Rottenführern, die die Halbwüchsigen Aufstellung nehmen ließen. Auf Kommando stürzten sich die angehenden Krieger mit stumpfen Trainingswaffen auf ihre Gegner. Sie droschen aufeinander ein, als gäbe es kein Morgen, und Felix hatte Mühe, seinen Abscheu zu unterdrücken.
Es floss Blut. Viel Blut. Es gab keine Gnade. Wer zu Boden stürzte, musste damit rechnen, von seinem Gegenüber ordentlich verdroschen zu werden und weit mehr als blaue Flecken abzubekommen.
Es hatte Felix enttäuscht zu hören, dass die Bruthöhlen der Gog/Magog bei Weitem nicht so gut gefüllt waren, wie er sich gewünscht hätte. Die besten und erfahrensten Krieger waren mit König Akuró an die Oberfläche gezogen, um sich dort mit dem Schattenlord zu verbünden. Zurückgeblieben waren die zu Jungen und die zu Alten, die Dummen, die Schwachen, die Verkrüppelten, die Feigen. Viele von ihnen hatte er in den Dienst zwingen lassen, einige waren als abschreckendes Beispiel für mangelnde Dienstbereitschaft hingerichtet worden. Dies war die Sprache, die die Gog/Magog am allerbesten verstanden.
Ein weiterer der jungen Krieger sank bewusstlos zu Boden. Sein Widersacher trampelte über ihn hinweg und stürmte gegen den nächsten Feind an, trotz der
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