Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte
herrschte geisterhafte Stille im Raum. Niemand wollte sich die Konsequenzen aus dieser Eröffnung ausmalen. Vor allem konnte sich niemand vorstellen, wie dieses »in seiner Gewalt« zu verstehen war. Etwa auf die Weise, wie Alberich sie missbraucht und seine Untat dann boshaft grinsend wie einen Film vorgeführt hatte?
Oder wie sonst?
Und ... wo war der Schattenlord überhaupt? Er schien gar nicht anwesend zu sein, zumindest nicht in diesem Raum.
Milt legte Laura langsam ab.
Dann schnellte er vom Bett hoch, schoss mit einer überraschenden Geschwindigkeit durch den Raum, fiel Cedric an und schaffte es, ihn durch seinen Schwung mitzureißen. Die beiden Männer prallten mit solcher Wucht gegen die Wand neben der Tür, dass Cedrics Rücken einiges an Putz herausschlug. Milt stemmte sich mit seinem gesamten Gewicht gegen den massigen Mann, hielt ihm den rechten Unterarm gegen die Kehle gedrückt und stützte ihn mit der linken Hand ab. Seine Muskeln traten deutlich sichtbar hervor, und es war Cedric anzusehen, dass Milt nicht nur das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte, sondern auch eine gute Position und mehr Kraft, als man bisher angenommen hatte. Diesmal konnte er nicht so leicht weggeschoben werden.
»Du bist es also doch«, keuchte der blonde Mann mit den tiefgrünen Augen, heiser vor Wut. »Du bist einer von den fünf Drecksäcken, denen Laura all das zu verdanken hat!«
Cedrics Anspannung ließ nach, er schien aufzugeben. Milt lockerte den Druck jedoch kein bisschen.
»Wovon sprichst du?«, fragte Felix ratlos.
»Laura hat es mir erzählt. Sie hat euch«, er sah Cedric an, »mehrere Male beobachtet, und ihr habt es gewusst.«
»Wir konnten es nicht verhindern ...«, quetschte der Elf hervor.
»Laura hat wen wobei belauscht?«, hakte Felix ungeduldig nach.
»Es geht nicht nur um den Schattenlord«, fing Milt zu erklären an. »Jemand ist hinter dem Schattenlord her, und das schon seit langer Zeit. Dieser Jemand hat seinerzeit eine Gruppe von Elfen gebildet, die sich die Fünf Sucher nennen. Sie suchen den Schattenlord seit Jahrtausenden, und wenn ich es richtig verstanden habe, haben sie nicht einmal selbst so wirklich an seine Existenz geglaubt, weil es nur Gerüchte, aber keine echten Beweise gab. Dennoch hat der Auftraggeber sie wohl überzeugen können, für ihn Detektiv zu spielen.«
»Aber ...«, fing Finn an, und seine Augen wurden groß und rund. »Das würde ja bedeuten ...«
»Dass in jedem Fall fünf Elfen mehr an Bord waren, als ihr bisher gewusst habt«, bestätigte Milt. »Ganz genau. Und ich hatte vorhin schon einen leisen Verdacht, aber wenn ich etwas Konkretes dazu gesagt hätte, hättet ihr mich endgültig für paranoid erklärt. Ich hatte schließlich keinen Beweis.«
»Da ist was dran.«
Cedric versuchte etwas zu sagen, aber Milt drückte einmal heftig gegen seinen Kehlkopf, und er hielt sich wieder still.
»Klappe, Cedric! Du manipulierst uns jetzt nicht, zuerst rede ich! Er und seine vier sauberen Kollegen sind nämlich schuld daran, dass Laura in solchen Schwierigkeiten steckt! Außerdem tragen sie die Schuld an unserer gesamten Misere!« Er schien versucht, Cedric ins Gesicht zu spucken. »Ist doch so, oder? Einer von euch oder ihr alle zusammen habt das Flugzeug entführt, weil ihr eine Spur des Schattenlords in Innistìr gefunden habt!«
Felix und Finn traten neben Milt. Mit völlig verändertem Blick betrachteten sie Cedric. »Wenn das wahr ist ...«, setzte Finn an.
»H...t m...ch an ...«, stammelte Cedric.
»Ja, lass ihn reden«, schlug Felix vor. »Ich bin gespannt, wie er sich da rauswinden will.«
Milt ließ ihn los. Der Elf taumelte vorwärts, griff sich mit der einen Hand an die Kehle, stützte sich mit der anderen auf dem Oberschenkel ab und rang nach Atem.
»Alle Achtung«, stieß er röchelnd, kaum verständlich hervor. »Du bist schnell erwachsen geworden.«
Milt ging nicht darauf ein. »Welcher bist du?«, fragte er im Verhörton.
»Der dritte. Ich trage die Holzmaske.«
»Das passt. Ich glaube dir. Wer sind die anderen?«
»Ich weiß es nicht. Noch nicht. Ich habe lediglich Vermutungen. Wir haben uns aus Schutzgründen bisher nicht voreinander offenbart.«
»Schutz, wem gegenüber?«
»Uns natürlich, Mann. Wir sind die Einzigen, die den Schattenlord aufspüren und so lange aufhalten können, bis unser Auftraggeber eintrifft.«
»Wer ist das?«
»Das weiß niemand. Keiner hat es je herausgefunden. Ich habe die Maske vor dreihundert Jahren
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