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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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gelungen war. Hier war alles trocken wie Zunder, und er konnte rasch wieder eine Flamme entzünden. Wenn sich die Situation weiter zuspitzte, würde er sie vielleicht schon bald brauchen.
    Vorsorglich kauerte er sich hin, hoffte, dass alle abgelenkt genug waren, und versuchte eine weitere Flamme zu schaffen, nur ganz klein. Er hielt inne, sobald ein winziges Rauchfähnchen aufstieg, stand scheinbar gleichmütig auf und versteckte das glimmende Hölzchen in seiner hohlen Hand. Die Wärme zeigte ihm an. dass es noch nicht erloschen war.
    »Nicht so schnell.« Es war Bekkas Stimme. Die Pappel stand auf der anderen Seite des Weges zwischen einigen hohen Laubbäumen, die sie wie Leibwächter umgaben. »Du bestimmst nicht über Leben und Tod unserer Gäste.«
    Gäste, dachte Finn. Es klang nicht einmal ironisch.
    »Deine Entscheidung«, sagte Bekka, »betrifft alle Bäume in diesem Wald. Wenn die Weichrinden unsere Wünsche nicht erfüllen, werden wir gemeinsam überlegen, was zu tun ist.«
    Groddaruk schüttelte seine Äste. Nadeln rieselten lautlos zu Boden. »Ich werde auf dich zukommen, wenn ich deine Meinung benötige, genau wie auf jeden anderen Baum, der sich genötigt fühlt, meine Entscheidungen zu hinterfragen. Bis dahin werde ich mit den Weichrinden sprechen und sonst niemand.«
    Zweige rauschten auf beiden Seiten des Weges. Es klang, als murrten die Bäume.
    »Und wie genau willst du das verhindern?«, fragte Bekka. In ihrer Stimme lag ein höhnischer Unterton, als wisse sie, dass er das nicht konnte.
    »Das wirst du feststellen, wenn du mir weiter widersprichst.«
    Er bekam keine Antwort. Die anderen Bäume schwiegen. »Da das geklärt wäre«, fuhr Groddaruk fort, »können wir jetzt mit den Geschichten fortfahren.«
    Milt warf Finn einen kurzen Blick zu, als könne er nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Dann wandte er sich wieder der Tanne zu. »Bist du taub? Keine Geschichte, bis wir wissen, wo Laura ist.«
    Die Sorge um sie machte ihn sichtlich wütend.
    »Wie du willst.« Groddaruks Tonfall war eine Warnung. Finn fuhr herum, suchte nach der Bedrohung, aber es war bereits zu spät. Eine Wurzel schoss hinter ihm aus dem Boden, schlang sich um Milts Fußknöchel und riss ihn zu Boden. Er schrie auf und versuchte, seine Hände in die Erde zu krallen, aber die Wurzel zog ihn auf Groddaruks Seite in den Wald hinein. Äste griffen nach ihm. Sie hoben ihn hoch, bis er um sich schlagend und tretend hoch über dem Boden hing.
    Nidi warf die Decke zur Seite, aber Finn rief ihn zurück. Gleichzeitig warf er sich auf die andere Seite des Wegs. Neben einer kleinen Kiefer, kaum höher als sein Unterarm, landete er ihm Sand. Mit einer Hand griff er nach dem schmalen Stamm, mit der anderen hielt er das glimmende Hölzchen an die Rinde und pustete es an, bis es eine zarte Flamme bildete. Mit der anderen Hand sammelte er weitere Hölzchen und hielt sie bereit.
    Bäume schrien entsetzt auf, die kleine Kiefer begann zu wimmern. Sie klang wie ein kleines Kind. Finn schluckte, doch sein plötzliches Unbehagen ließ sich so leicht nicht unterdrücken.
    »Wenn Milt etwas passiert, brennt die Kiefer!«, rief er.
    »Das ist eine Tanne!« Groddaruks Äste zitterten vor Wut.
    »Echt?« Finn hob die Schultern. »Ihr seht für mich alle gleich aus.«
    Innerlich war er jedoch erleichtert. Groddaruk hatte bei einem Familienmitglied sicherlich größere Skrupel als bei einem fremden Baum.
    Milt hatte aufgehört, sich zu wehren. Eine kluge Entscheidung, dachte Finn, denn er hing mehr als zehn Meter über dem Boden. Groddaruk selbst hielt ihn fest.
    »Dein Freund wird sterben, wenn ich ihn fallen lasse«, sagte er.
    Finn steckte das nächste Hölzchen an. »Und die Tanne wird brennen, wenn ich sie alle entzünde.«
    Das Wimmern des kleinen Baums wurde lauter. Einige Bäume begannen aufgeregt miteinander zu flüstern, einer schluchzte. Nidi hockte auf einer der Decken, hoffte wohl, dass dort keine Wurzel nach ihm greifen konnte. Unschlüssig sah er von Milt zu Finn und wieder zu Milt.
    »Soll ich vielleicht nach Laura suchen?«, fragte er dann heiser.
    »Nein!«, rief Milt. »Dann nehmen sie dich auch noch als Geisel. Bleib, wo du bist.«
    Hinter Finn räusperte sich Bekka. »Unter diesen Umständen ist es wohl besser, wenn ich die Verhandlungen ab jetzt führe.«
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Groddaruk. »Ich habe die Lage im Griff.«
    »Das sehe ich.« Bekkas Blätter raschelten. »Wir haben seit Stunden keine Geschichte

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