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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Laura stehen, als sie es passierte, und lauschte in die Stadt hinein. »Hört ihr das?«, fragte sie.
    Finn und Milt nickten. Es klang, als spiele irgendwo eine Flöte. Die Melodie hing in der Luft wie ein süßer Geruch. Sie schien Laura zu streicheln, nahm ihr Angst und Sorgen und säuselte ihr ins Ohr, dass alles gut würde.
    »Wo kommt das her?«, fragte Milt.
    »Ich weiß es nicht.« Laura konnte sich nur schwer von der Melodie losreißen. »Aber es ist wunderschön.«
    Langsam gingen sie den Weg entlang, der vom Eingangstor tiefer in die Stadt hineinführte. Weiter entfernt, auf den Brücken und Wegen zwischen den Ebenen, sahen sie seltsame Wesen vorbeiziehen, hochgewachsen und schlank, doch noch waren sie keinem Einwohner begegnet. Die Straßen, die sich zwischen kleinen, verspielt wirkenden Häusern hindurchwanden, waren leer.
    Laura betrachtete die Fassaden. Viele waren mit winzigen Türmen verziert, feine, ins Glas geritzte Muster warfen Regenbogen über den Weg, die von anderen Mustern erneut gebrochen wurden und wie Brücken aus Licht die ganze Stadt miteinander verbanden. Je nach Lichteinfall änderten die Fassaden ihre Farben, manchmal wurden sie durchsichtig und erlaubten einen Blick ins Innere der Häuser.
    Laura blieb vor einem solchen Haus stehen und berührte Milt am Arm. »Sieh mal«, flüsterte sie. Auch die anderen hielten an.
    Es war das erste Mal, dass sie einen Bewohner der Stadt aus der Nähe sahen. Er saß an einem gläsernen Tisch in seinem gläsernen Haus und sortierte etwas, das wie Splitter eines Kristalls aussah. Sein Körper sah aus, als habe jemand einen Menschen genommen und in die Länge gezogen. Er war dünn, kaum breiter als ein menschlicher Oberschenkel, und seine langen Gliedmaßen wirkten weich und bewegten sich fließend, als seien sie von Wasser umgeben. Sein Kopf hatte die Form einer Banane und war bar jeder Behaarung. Die Augen waren groß und rund, Mund, Nase und Ohren winzig. Seine Haut war hell und faltenlos. Er trug ein weit fallendes weißes Gewand, dessen Säume mit Stickereien besetzt waren, und offene Sandalen.
    »Das ist kein Elf«, sagte Milt leise. Laura hatte den gleichen Eindruck; gleichzeitig fragte sie sich, warum sie den Bewohner für einen Mann hielt. Kein Geschlechtsmerkmal wies darauf hin, trotzdem war sie sicher, dass sie recht hatte.
    Der Mann drehte den Kopf und blickte ihr in die Augen.
    »Mist, er hat uns gesehen«, sagte Finn leise.
    Der Mann schob seinen gläsernen Stuhl zurück, stand auf und ging zur Tür.
    »Wollen wir weglaufen?«, fragte Nidi. Er versteckte sich bereits hinter Lauras Beinen.
    Sie schüttelte den Kopf und bereitete in Gedanken ihre Entschuldigung vor, doch als der Mann die Tür öffnete, lächelte er sie an. »Willkommen«, sagte er mit tiefer weicher Stimme. »Bitte, tretet ein. Es ist mir eine große Ehre, Fremde wie euch in meinem Haus begrüßen zu können. Bitte.«
    Er ging einen Schritt zur Seite und zeigte ins Innere. Laura drehte sich zu den anderen um. Finn nickte, Milt hob die Schultern, Nidi lief bereits ins Haus. Wenn er sich sicher fühlte, war er kaum zu bremsen.
    »Danke für deine Gastfreundschaft«, sagte Laura.
    Der Mann schloss die Tür hinter sich und forderte sie mit einer Geste auf, am Tisch Platz zu nehmen. »Nein, ich habe zu danken, dass ihr den langen Weg zu uns auf euch genommen habt.«
    Fasziniert beobachtete Laura, wie er sich bewegte. Sein ganzer Körper schien sich im Fluss zu befinden, jede Bewegung wirkte harmonisch und koordiniert wie ein Tanz.
    »Mein Name ist Breynu. Ich möchte euch im Namen von ganz Amarihye willkommen heißen.«
    Laura stellte sich und ihre Mitstreiter vor. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Nidi die Kristallsplitter auf dem Tisch interessiert betrachtete. Sie stieß ihn kurz mit dem Knie an, um ihn an seine Manieren zu erinnern, dann sagte sie: »Ist Amarihye der Name eurer Stadt?«
    Breynu nickte. »Ja. Nennt ihr sie nicht so?«
    »Bei uns heißt sie nur die Gläserne Stadt«, erklärte Finn. »Die meisten halten sie für eine Legende. Wir haben selbst nicht richtig an sie geglaubt, bis wir vor ihr standen.«
    »Aber warum kommen die Menschen nicht einfach zu uns und überzeugen sich davon, dass es sie gibt?« Breynu wirkte verwirrt.
    »Das ist nicht so einfach, wie du glaubst. Auf dem Weg gibt es ein paar Hindernisse.« Finn berichtete von den Prüfungen, die sie hatten bestehen müssen. »Dass wir es bis hierher geschafft haben, war reines Glück.«
    Breynu senkte den

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