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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Mit einer Hand öffnete er den Sicherheitsgurt, mit der anderen die Beifahrertür. Sein Vater griff nach ihm, aber Andreas wich ihm aus.
    Er hörte lautes Fluchen, dann einen Knall, als die Fahrertür geschlossen wurde. Als er den Kopf drehte, sah er, dass sein Vater ihm folgte. Die Fahrer hinter seinem Wagen hupten und schrien, aber er zeigte ihnen nur den Mittelfinger und lief weiter.
    Ein Polizist tauchte plötzlich vor Andreas auf. Es war ein älterer Mann in einer schlecht sitzenden Uniform. »Wo willst du denn hin, Junge?«
    »Halten Sie ihn fest, das ist mein Sohn!«
    Der Polizist ergriff Andreas’ linken Arm. Er sah nicht, was der rechte tat, was er bereits in der Hand hielt und nun langsam aus der Lederscheide zog, die unter dem langen T-Shirt versteckt war.
    »Bin ich nicht.«
    Der Gesichtsausdruck des Polizisten änderte sich. »Ist das nicht dein Vater? Wer bist du denn?«
    »Ich bin Shiva, Zerstörer der Welten «
    Andreas stach zu. Die Klinge verfing sich in seinem T-Shirt und riss den Stoff auf. Der Polizist ließ ihn los und wich zurück. Seine Hand legte sich auf den Griff seiner Pistole. Er sah nicht so aus, als hätte er sie schon einmal benutzt.«
    »Tun Sie ihm nichts!«, schrie sein Vater. Er hatte Andreas fast erreicht. »Er ist verrückt.«
    Ich bin Shiva.
    Andreas befreite die Klinge mit einem Ruck. Er hatte das Messer im Keller gefunden, zwischen alten Jagdsachen seines Vaters. Es war lang und spitz, ein wenig rostig, aber immer noch scharf.
    Ein Passant rief: »Er hat ein Messer!«
    Andere nahmen den Ruf auf. Auf einmal stand Andreas ganz allein da mit seinem Vater und dem Polizisten. Beide Männer schrien etwas, aber er hörte nur das Dröhnen der Flugzeugmotoren und die aufgeregt flüsternden Geisterstimmen.
    Tue es. Töte ihn. Befreie dich. Befreie uns.
    Er tat es.

26
    Stadt
    aus Glas
     
    D ie Gläserne Stadt ragte vor ihnen aus dem Wüstensand empor. Tausendfach brach sich das Sonnenlicht in den Fassaden, schillerte in allen Farben, die Laura sich vorstellen konnte, und einigen, die sie nicht einmal aus ihren Träumen kannte. Mit jeder Drehung, jedem neuen Blickwinkel änderten sich die Farben der Stadt. Am liebsten hätte sich Laura vor ihr in den Sand gesetzt und das Farbspiel beobachtet, aber sie hatte einen Auftrag zu erfüllen.
    »Der Name der Stadt ist anscheinend nicht metaphorisch gemeint«, sagte Finn trocken, aber Laura konnte sehen, dass auch er beeindruckt war. Milt und Nidi standen stumm vor dem gewaltigen gläsernen Eingangstor, den Kopf in den Nacken gelegt, den Blick auf die Stadt gerichtet. Sie war rund und bestand aus vier Ebenen, die unterste war die breiteste, die oberste die schmalste. Gläserne Brücken und Wege verbanden die Ebenen miteinander, in ihrer Mitte ragte ein Turm empor wie eine Achse.
    Alle Gebäude, von kleinen Hütten bis zu großen, gläsernen Anwesen, waren auf diesen Turm ausgerichtet, alle Türen und Fenster wandten sich ihm zu wie Publikum einer Bühne - oder Untertanen einem, König, dachte Laura.
    »Wovon ernähren sie sich?«, fragte Milt. »Da drin müssen Tausende leben, aber hier gibt es keine Felder, kein Vieh, noch nicht einmal Marktstände vor dem Tor.«
    »Vielleicht leben hier Zombies«, sagte Nidi fröhlich.
    »Beschwöre es nicht«, murmelte Laura.
    Auf den ersten Blick schien die Stadt zu schweben, aber als sie auf das offen stehende Eingangstor zugingen, sahen sie breite gläserne Stelzen, die aus dem Wüstensand ragten. Eine ebenfalls gläserne Rampe führte hinauf zum Tor. Laura blieb zögernd davor stehen. Die Rampe war durchsichtig. Nur rechts und links grenzten Kanten aus dunklem Glas sie ab, damit man nicht hinunterstürzte. Das Glas war so dünn wie das eines Fensters. Laura konnte sich nicht vorstellen, dass es sie tragen würde.
    Vorsichtig setzte sie einen Fuß darauf und belastete ihn. Sie glaubte, Glas knirschen zu hören, doch das war nur Einbildung. Die Rampe hielt, auch als sie sich mit beiden Füßen darauf stellte. Sie wirkte so stabil wie Stein.
    »Seltsames Gefühl, oder?«, sagte Milt, während er ihr folgte. »So als liefe man über dünnes Eis, das jederzeit einbrechen kann.«
    Finn nickte, nur Nidi lief unbeschwert voraus. »Warum geht ihr denn so langsam?«, rief er zurück.
    Mit jedem Schritt fühlte sich Laura sicherer. Als sie am Ende der Rampe angekommen waren, bewegten sie sich bereits so entspannt, als liefen sie über Asphalt und nicht über Glas.
    Das Eingangstor war unbewacht; trotzdem blieb

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