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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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die Stadt gekommen waren.
    Milt hob die Schultern, als wolle er sagen: Was soll’s? Probieren können wir es. Dann setzte er sich.
    Finn seufzte und setzte sich ebenfalls. Der Sand war warm und weich, wesentlich bequemer als die scharfkantige Glascouch des Priesters. »Ich fange am besten von vorn an. Wir sind ...«
    Rees ließ ihn nicht ausreden. »Ich will keine Geschichten hören. Sie verschwenden nur meine Zeit.«
    »Halten wir dich vom Sandbad ab?«, murmelte Milt.
    Die Wahrsagerin warf ihm einen kurzen Blick zu, sagte aber nichts dazu. »Was sucht ihr?«
    »Einen Dolch«, begann Finn. »Er wird Girne genannt und ...«
    »Woraus besteht er?«
    »Gold«, antwortete er genervt. Bei diesem einen Wort konnte sie ihn wenigstens nicht wieder unterbrechen.
    Rees nickte. »Gut. Bringt mir ein Tieropfer, dann finde ich ihn für euch.«
    »Was?«, fragte Finn ungläubig.
    »Ich brauche ein Tieropfer. Das sind die Regeln der Sandgeister, nicht meine. Wenn ihr wissen wollt, wo der Dolch ist, brauche ich ein Opfer, wenn nicht, könnt ihr gern wieder gehen.«
    Sie stand auf und wandte sich von ihnen ab.
    Milt breitete die Arme aus. »Wo sollen wir denn hier ein Tier finden?«
    Rees antwortete ihm nicht.

    »Die verarscht uns.« Milt trat sichtlich frustriert gegen einen kleinen Sandhügel. »Wollen wir wetten, dass die nicht mehr da ist, wenn wir zurückkommen?«
    »Ich glaube, die Wette würdest du verlieren.« Finn sah sich um. Einen Steinwurf von ihnen entfernt ging der Sand in hart gebackenen Lehm über. Ein grüner Pflanzenstängel ragte dort empor. Er ging darauf zu. »Sie ist vielleicht verrückt, aber ihr fehlt der Sinn für Humor, um uns so reinzulegen. Komm, mehr als Zeit haben wir nicht zu verlieren.«
    Milt schloss sich ihm an. Ab und zu warf er einen Blick in den Himmel, als hoffe er, einen Vogel zu entdecken. Neben dem Pflanzenstängel gingen beide in die Hocke.
    »Wo es Pflanzen gibt, gibt es doch meistens auch etwas, das Pflanzen frisst, richtig?«
    Er zog den grünen Stängel aus dem Boden. Sie brachen ein Stück ab, aßen und tranken, dann legten sie den Rest in den Sand.
    Für Laura und Nidi, dachte Finn.
    »Okay«, sagte Milt kauend. Die Nahrung hatte seine Laune offensichtlich gebessert. »Dann graben wir mal. Im schlimmsten Fall stehen wir wie Idioten da, im besten finden wir den Dolch.«
    Mit bloßen Händen wühlten sie den Boden auf. Nach einigen Zentimetern fanden sie einen faustgroßen Stein und nutzten ihn, um den harten Lehm zu zertrümmern. Schon bald wurde der Boden weicher und feuchter.
    »Ob’s hier Maulwürfe gibt?«, fragte Milt.
    Finn lachte und grub weiter. Seine Finger berührten etwas Weiches, Glitschiges. Er zog daran und hielt es triumphierend hoch. »Ha!«
    »Ein Wurm?« Milt zog die Augenbrauen zusammen.
    »Tier ist Tier.«
    Der Wurm war lang und breit wie ein Kugelschreiber und wand sich zwischen Finns Fingern. Die Sonne ging bereits unter, als sie mit ihm in der Hand unter die Stadt zurückkehrten.
    Rees lag ausgestreckt auf ihrer Decke, die Hände vor dem Bauch gefaltet. Es sah aus, als habe sie jemand aufgebahrt.
    Sie öffnete die Augen, als Finn vor ihr stehen blieb. »Ein Tier, wie gewünscht.«
    »Etwas Größeres habt ihr nicht gefunden?« Sie erhob sich und nahm den Wurm in die Hand. Missmutig betrachtete sie ihn.
    »Der Zoo hatte schon geschlossen«, sagte Milt.
    Rees ging schweigend zu der Kiste neben dem gesprungenen Glastisch und wühlte mit einer Hand darin. Nach einem Moment zog sie einen unterarmlangen Spiegelsplitter hervor und rammte ihn mit der Spitze in den Sand. Dann steckte sie den Wurm in den Mund.
    »Kommt her«, sagte sie kauend.
    Finn schluckte aufsteigende Übelkeit hinunter und trat neben sie. Milt schüttelte sich.
    »Die Geister des Sandes verlangen ein Opfer für das Recht, sich ihrer zu bedienen.« Rees ging vor dem Spiegel auf die Knie. Obwohl sie älter aussah als Mo-Gabursy, bewegte sie sich geschmeidiger. »Wir haben es gebracht, jetzt sollte es leicht sein, den Dolch zu finden. Ein Fremdkörper wie er sticht aus all dem Glas hervor wie die grüne Pflanze, die ihr mitgebracht habt, aus dem Sand.«
    Sie streckte die Arme aus. »Kniet neben mir nieder und berührt meine Hände. Dann werdet ihr sehen, was ich sehe.«
    Ihre Hand war so hart und trocken wie der Lehm. Finn ergriff sie und betrachtete den Spiegelsplitter und ihre verzerrten Gesichter darin.
    »Und jetzt?«, fragte er. »Sollen wir irgendwas sagen?«
    Rees sah ihn kurz von der Seite an.

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