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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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darauf bestanden, dieses Ritual selbst auszuführen. Kleinigkeiten wie diese gehörten zu ihrer Lebensführung und gaben ihr das Gefühl, zumindest über einen winzigen Rest an Selbstbestimmung zu verfügen.
    Sie erledigte die Arbeit sorgfältig und langsam. Um sich mehr Zeit zu verschaffen. Um verschnaufen zu können und ihren Geist auf Wanderschaft zu schicken, weg von hier und diesem Käfig, dessen Goldstäbe längst ihren Glanz verloren hatten.
    Die Elfe drehte sich weg. Die Dienerinnen waren angehalten, niemals von sich aus den Blickkontakt zu suchen.
    Aua!
    Zoe warf den Stift verärgert beiseite. Sie hatte sich übers empfindliche Augenklar gekratzt. Rasch schöpfte sie Wasser und benetzte damit das Gesicht, um den Schmerz zu vertreiben. Es würde wohl einige Minuten dauern, bis er verging.
    Wo sind bloß diese wunderbaren elfischen Visagistinnen, wenn man sie mal wirklich benötigt?, dachte Zoe.
    Sollte sie nach Unterstützung rufen?
    Nein. Sie entschied sich dagegen. Sie musste darauf achten, selbstständig zu bleiben. Es fiel ihr schwer genug. Jahrelang hatte man ihr jeden unnötigen Handgriff abgenommen, und sie war tunlichst bemüht gewesen, sich nicht die Finger schmutzig zu machen. Rissige Haut, Schwielen oder gar - igitt - schmutzige Fingernägel kommen in meiner Branche nun mal einem Todesurteil gleich.
    Sie tastete über das Blaue Mal. Die Spuren waren kaum zu spüren; doch sie waren da. Sie markierten sie als Regentin und Sklavin gleichermaßen.
    »Mist!«, rief sie, neuerlich von Wut gepackt.
    »Benötigst du Hilfe, Gesandte?«
    »Es ist gut.« Zoe drehte sich nicht um. »Ich habe ein wenig Schminke verschmiert.«
    »Ich rufe Aramie ...«
    »Nein, sagte ich! Es ist bloß eine Kleinigkeit, kümmere dich nicht darum.«
    Zoe drehte sich um und musterte die Elfe. Sie wirkte unsicher, gehorchte aber ihrem Befehl und blieb stehen. Sie versank in jener starren Pose, die sie bereits zuvor eingenommen hatte.
    Zoe schöpfte noch mehr Wasser. Tauchte ihr Gesicht darin ein. Genoss die prickelnde Kälte. Nahm dann, einem plötzlichen Impuls folgend, ein Stück Duftseife zur Hand und begann, Nase und Stirn einzuschäumen und, so kräftig es ging, zu rubbeln. Anfangs mit den Fingern, dann mit einem Schwamm und schließlich mit einer groben Bürste.
    Nichts. Das Mal blieb. Es ließ sich nicht entfernen.
    Zoe nahm die Fingernägel zu Hilfe. Kratzte. Verletzte die Epidermis. Versuchte, das Zeichen wie eine Folie abzuziehen.
    Irgendwann ließ sie es bleiben. Sie stand da, am ganzen Körper zitternd, entsetzt und verzweifelt. Sie blickte auf Blutspuren unter ihren Fingernägeln, die rasch verhärteten.
    »Ich brauche nun doch Aramies Hilfe«, sagte sie, möglichst ruhig, zur Dienerin. »Sie soll rasch kommen und eine Visagistin mitnehmen. Und Lirla muss Bescheid wissen, dass ich ein wenig später zum Unterricht komme.«
    »Ja, Herrin.«
    Ihrer beider Blicke trafen sich kurz. Die Elfe zuckte erschrocken zusammen, als sie das Blut auf Zoes Stirn sah. Als sie das Bad verließ, wirkte es wie eine Flucht.
    »Das wird mir einige Schwierigkeiten mit der lieben Syndicatin einbringen, befürchte ich«, murmelte Zoe, als sie allein war.
    Ein zischendes Geräusch erklang. In einem der dunklen Winkel an der Decke, dort, wo der Schein der Fackeln kaum hingelangte, klebte der Körper einer Riesenschabe. Sie streckte zwei ihrer Glieder nach Zoe aus, als wollte sie sie bedrohen, und verschwand dann wieder im Schatten.
    Gibt es denn ein noch schlechteres Omen?

    Zoe hockte sich auf einen gut gepolsterten Schemel und blickte durch das Bullaugenfenster aufs Land hinaus. Unter ihr fiel der Fels des Vulkankraters steil ab. Selbst wenn sie es geschafft hätte, ihren Körper - und insbesondere meinen Hintern! - durch die Öffnung zu quetschen, so hätte sie den Abstieg trotz ihrer Klettererfahrungen niemals geschafft. Nicht ohne Seile, Karabinerhaken, Hammer, Tragegurte und das richtige Schuhwerk.
    Wenn es mir wider Erwarten dennoch gelingen würde - was dann? Wohin sollte ich mich wenden? Rings um den Fels ist weites, offenes Land. Trockenes Land, für dessen Durchquerung ich mindestens zwei Tage benötigen würde. Während ich für meine Verfolger auf dem Präsentierteller sitze. Sie könnten mich beobachten und warten, stundenlang, um mir einen Vorsprung und Hoffnung zu geben. Um mich dann einzufangen und sich an meinem Gefühl der Enttäuschung zu laben.
    Würde Laycham ausgeschickt werden? Der Mann mit der Silbermaske? Der Gedanke

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