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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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verstümmelten Pardies zurück. Nun, da sie besser auf die Zeichen achtete, erkannte sie, dass gut ein Drittel der Anwesenden in ähnlicher Weise zugerichtet worden war. Ihnen fehlten Fingerglieder oder ein Teil des Federkleids, zwei Hundeartige waren kupiert, die Augen der Schlangenfrau ausgestochen.
    Sie war am Ende des Spaliers angelangt. Teufel bewegte sich auf ihrem Arm hin und her. Er spürte die Unruhe seiner Besitzerin und wollte sich von ihr lösen.
    Zoe zwang sich, Ruhe zu bewahren. Die Eule musste sitzen bleiben. Andernfalls würde sich Lirla etwas einfallen zu lassen, um ihr Schmerzen zu bereiten.
    »Du musst ein paar Abschlussworte finden, bevor wir die Gemächer der Dienerschaft verlassen«, raunte ihr die Syndicatin zu.
    Zoe schloss die Augen. Sammelte sich. Atmete tief durch. Schüttelte Ekel und Anspannung ab, so gut es ihr möglich war. Und wandte sich dann den Dienerinnen zu.
    »Ich danke euch allen für eure Unterstützung«, sagte sie. »Ich würde mich freuen, euch so lange wie möglich um mich zu wissen. Erledigt eure Arbeit zu meiner Zufriedenheit, dann ist es gut.«
    Sie nickte wieder nach links und nach rechts, während sie den langen Weg zurückging, vorbei an den gezeichneten Frauen. Das Herz in ihrer Brust klopfte laut. Sie wollte beschleunigen. Dieses Quartier des Schreckens so rasch wie möglich verlassen. Doch sie durfte nicht.
    Beherrschung ist alles. Lächeln, Mädchen, immer nur lächeln. Auch auf dem Laufsteg darfst du keine Miene verziehen; selbst wenn du wegen eines fünfzehn Zentimeter hohen Absatzes überknöchelt hast und vor Schmerz laut schreien möchtest.
    Gemessenen Schrittes durchquerte sie den schmalen Vorraum, ging die Treppen hinauf, rechts den Gang entlang, hin zu ihren Ruhegemächern. Es herrschte bedrückende Stille. Auch Teufel blieb ruhig, als spürte er, was seine Herrin bewegte.
    Nur das Klappern von Lirlas Schuhen auf nacktem Stein durchbrach die Lautlosigkeit. »Das war fast zu viel der Höflichkeit«, kritisierte sie, sobald sie den Zutritt zu Zoes persönlicher Zimmerflucht erreicht hatten. »Sei in Zukunft energischer, wenn du mit der Dienerschaft sprichst.«
    Das war alles, was sie zu sagen hatte? Zoe war fassungslos. Lirla zeigte sich von den Umständen in diesem Loch unbeeindruckt, in dem die Elfenfrauen und andere Geschöpfe hausen mussten, und noch weniger hatte sie sich um die Narben gekümmert, die die Dienerinnen auf ihren Leibern trugen.
    Wahrscheinlich, weil sie all dies ja selbst verursacht hat ..., mutmaßte Zoe.
    »Ich brauche ein wenig Zeit für mich selbst«, sagte sie und warf sich rücklings aufs Bett, völlig erschöpft. Teufel flatterte hoch und kehrte zu seiner Schlafstange zurück. »Ich bin schrecklich müde.«
    »Das Leben als Regentin ist kein Zuckerschlecken.« Lirla trat nahe an sie heran und zog sie an einem Arm hoch. »Der Unterricht geht weiter. Das Verhältnis Dar Anuins zu den Nachbarstädten ist ein großes Thema, mit dem du dich unbedingt auseinandersetzen musst. Danach folgt die erste Kleideranprobe. Und zum Abend hin haben wir beide wieder das Vergnügen. Dann kannst du mir Fragen stellen. Ich bin mir sicher, dass dir derzeit einiges unklar ist.«
    Ja, das ist es, verfluchtes Weibsstück! Wie kann jemand bloß so rücksichtslos und verdorben sein wie du?
    »Bloß ein paar Minuten ...«, bat sie.
    »Nein.« Lirla zerrte unbarmherzig an ihr. »Du wirst tun, was ich dir befehle, Gesandte!«

    Zoe stahl sich einige Minuten, unendlich wertvolle Zeit. Im Bad, eingerahmt von Waschtrögen, Tüchern, Schminkutensilien, Fläschchen, gefüllt mit angeblich wohltuenden Erfrischungssäften, stand sie da und starrte gegen die nackte Wand.
    Es gab keine Spiegel. Nirgendwo. Keine glatten Flächen, mit deren Hilfe sie ihr Aussehen überprüfen konnte. Gibt’s denn etwas Schlimmeres? Na ja, vielleicht ein Pickel auf der Nase, unmittelbar vor einem Casting.
    Die Toilettentür hinter ihr stand offen. Eine Dienerin wartete, stumm und bewegungslos wie eine Statue. Zoe erinnerte sich vage an die Elfenfrau. Sie hatte einen glasigen Blick, der auf die Verwendung von Drogen schließen ließ. Sie war abgestellt, um ihr bei intimsten Dingen hilfreich zur Seite zu stehen.
    Schon Napoleon hatte einen hauptberuflichen Hinternauswischer, erinnerte sie sich an eine Anekdote aus der Menschheitsgeschichte, die sie irgendwann aufgeschnappt hatte.
    Zoe griff nach einem Kohlestift und zog die schmalen Striche an den Unterlidern nach, so gut es ging. Sie hatte

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