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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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rechten Hüfte aufwärts bis zur Schulter perforiert, zwei der Krallen steckten noch in seinem Leib. Vorsichtig zog Zoe sie heraus, schleuderte sie beiseite, riss einen ihrer Ärmel ab und presste ihn gegen Laychams Seite. Sie wusste genau, was zu tun war. Da war unendliche, jahrhundertealte Klarheit. Ein Wissen, das so allumfassend und großartig war, dass Zoe es gerne für alle Zeiten behalten hätte.
    Doch sie wusste, dass es ihr nicht vergönnt war, den Geist der Frau in sich zu behalten. Er würde sich bald wieder aus ihr lösen, um in den Gängen, Kavernen, Löchern, Höhlen des Kraterrandes umherzustreifen, ruhelos, und weiter zu warten, bis sich die Gelegenheit ergab, ihre Mission zu erfüllen.
    Aramie starb mit einem letzten, schrecklichen, wütenden Schrei auf den Lippen. Sie hatte versagt, und sie würde dieses Wissen mit sich nehmen ins Totenreich, über dessen Beschaffenheit sich Zoe keinerlei Vorstellung machen konnte oder wollte.
    »Wie geht es dir?«, fragte Zoe Laycham.
    »Ein wenig löchrig, aber sonst recht gut«, antwortete der Prinz.
    »Ihr müsst die Flucht fortsetzen.« Nicht sie, Zoe, sprach diese Worte aus. Es war ihre Besetzerin, die den Prinzen drängte.
    »Ich weiß.« Laycham kam mit ihrer Hilfe auf die Beine. Er ächzte, doch er klagte nicht. »Ich habe noch einige Überraschungen für Maletorrex bereit. Er wird sich wundern, woher all die Irr- und Wirrgeister stammen und warum sie sich gegen ihn richten. Er meinte, sie längst gebannt zu haben.«
    Zoe schüttelte den Kopf, in diesen Sekunden Herrin über ihren Körper und ihren Mund. »Du hättest deine Flucht längst bewerkstelligen können. Warum hast du es nicht getan?«
    »Hinter jedem mutigen Mann steckt eine noch mutigere Frau«, antwortete Laycham.
    Zoe meinte, hinter der verschobenen Maske ein Grinsen ausmachen zu können, das ihr ganz und gar nicht behagte. Das Gefühl, Stütze des Prinzen zu sein und Verantwortung für jemanden übernehmen zu müssen, war neu, ungewohnt - und schrecklich intensiv.
    »Kannst du auftreten?«
    »Ja.«
    »Hast du alles Notwendige beschafft? Deine Tränke? Wasser, Nahrungsmittel, Ausrüstung?«
    »Selbstverständlich. Und übertreibe es bitte nicht mit der Bemutterung, Zoe.«
    Laycham hörte sich verärgert an, und sie empfand dies als gutes Zeichen. Sie brauchte einen Mann und keinen Waschlappen, dem sie alles vorkauen musste, kaum, dass er sein heimatliches Versteck verlassen hatte.
    »Machen wir uns an den Abstieg«, sagte der Prinz. Er deutete auf Leinen, die sich unter einem Stoß Holz verbargen. »Die Insekten, Königsschaben, Vögel und vor allem die Eulen werden Maletorrex’ Aufmerksamkeit aufs Himmelstor lenken. Wir hingegen werden uns hier abseilen, beschützt von den Grogs.«
    Die Grogs ... Drei der Tiere waren noch auf den Beinen, darunter das Leittier. Die werdende Mutter hatte sich in ihrem Nest verkrochen und ließ gerade mal die dreiecksförmige Spitze der Schnauze hinter dem Holz hervorlugen. Alle anderen Mitglieder des Rudels waren im Kampf gestorben.
    Die Überlebenden kümmerten sich in rührender Weise um ihre Toten, leckten ihnen das Blut vom Leib und schleppten sie dann in einen dunklen Winkel des Verschlags, um danach ihr Ende mit leisem Winseln zu beklagen.
    »Sie werden es schaffen«, murmelte Prinz Laycham, »auch ohne mich. Ich weiß es.«
    »Ja, das werden sie.«
    »Du musst sie nun freigeben.«
    »Wie bitte?« Zoe schüttelte irritiert den Kopf. Laycham wechselte wieder einmal sprunghaft das Thema.
    »Den Geist in dir. Die Frau.«
    »Ich dachte, sie würde sich aus eigener Kraft wieder aus mir lösen.«
    »Arachie Larma besitzt große Kräfte, aber auch sie ist an gewisse Gegebenheiten gebunden. Du musst sie entlassen.«
    Zoe dachte nach. Eine Partnerschaft mit der Schwarzseherin, die auf unbekannte Art und Weise im Inneren des Kraters überlebt hatte, zumindest in Geistesform, würde von großem Nutzen für sie sein.
    »Lass sie frei!«, bat der Prinz noch einmal. »Wenn ich nicht mehr hier bin, ist sie die Einzige, die zwischen der Priesterschaft und den Städtern steht.«
    »Einverstanden.« Zoe formulierte einen Gedanken der Dankbarkeit an Arachie Larma, gefolgt vom Wunsch, nun »wieder allein sein zu wollen«.
    Die fremde, fremdartige Präsenz verschwand aus ihr, nicht, ohne den Duft der Erleichterung hinter sich zu lassen. Die Schwarzseherin war es wohl nicht mehr gewohnt, in einer körperlichen Hülle zu stecken.
    »Und jetzt?« Zoe bewegten so viele Fragen,

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