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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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und schüttelte sie ab, ohne Wirkung zu zeigen. Schon im nächsten Atemzug griff sie erneut den Prinzen an, mithilfe des noch gesunden Flügels, dessen Widerhaken Funken schlagend über das Gestein der Wände scherten. Das Monstrum verbreitete nahezu unerträglichen Gestank, aus den Augen troffen Blut und Geifer, einzelne Haarsträhnen bewegten sich schlangenähnlich hin und her, stets auf den Prinzen und die übrig gebliebenen Grogs gerichtet, als wären sie Fühler, die Aramie sagten, wohin sie ihre Aufmerksamkeit richten musste.
    Zoe rappelte sich vom Boden hoch. Benommen sah sie, dass Laycham immer mehr in Bedrängnis geriet. Die Wächter-Furie legte es darauf an, ihn in eine Ecke zu treiben, aus der es gewiss kein Entkommen mehr gab.
    Aramies Schlangenhaare würdigten sie keines »Blickes«. Sie waren ausnahmslos auf den Prinzen und die verbliebenen Grogs ausgerichtet.
    Zoe sah sich nach einer Waffe um. Nach irgendetwas, das sich im Kampf verwenden ließ. Ein Holzscheit vielleicht? Nein. Die im Nest der Grogs verwendeten Hölzer waren zu schmal, zu dünn, zu kurz. Steine, die umherlagen, waren zu leicht und würden die Furie kaum irritieren.
    Aramie täuschte eine Bewegung nach links an, trippelte nach rechts und schlug mit dem verbliebenen Flügel gegen Laychams Ausweichbewegung zu. Der Prinz reagierte zu langsam, vom Kampf ermüdet. Widerhaken gruben sich in seine Seite. Er stöhnte auf, versuchte, mit den Krallenbeinen geführten Tritten auszuweichen, stolperte, fiel zu Boden. Schon war die Furie heran. Sie beugte sich tief über ihr Opfer, während sie mit dem heilen Flügel die Grogs von sich fernhielt.
    »Ich wusste, dass ich dich eines Tages erwischen würde!«, schrie sie, bäumte sich auf, bereit, den tödlichen Schlag zu führen, um ihn auszukosten, auf eine Weise, die Zoe nicht verstand.
    Sie sah zu. Fühlte sich hilflos. Wusste, dass sich ihr Schicksal in diesen Sekunden erfüllte, dass sie niemals von hier entkommen würde. Die Maske in ihrem Gesicht brannte, sie konnte keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen. Alles war vorbei, die Hoffnungslosigkeit schlug wie ein dunkler, alles umfassender Mantel über ihr zusammen.
    Bis sich ein ganz besonderes Licht in ihr ausbreitete. Es kam von »draußen«. Es war etwas, das sie nicht verstand. Das sie ausfüllte und ihr ganz genau sagte, was sie zu tun hatte.
    Dieses Wesen, diese Idee eines Wesens, das sich mit ihr verbündete, stieß einen Schrei aus, der keine Lautstärke kannte. Er war ein Hinweis auf die Identität der Frau, die mit einem Mal in ihr steckte, und er brachte weitere Ideen mit sich, Vorahnungen, Visionen, Perspektiven, die Zoe nicht verarbeiten konnte und die sie rasch in die hintersten Winkel ihres Seins verbannte.
    Es galt zu handeln. Das einzig Richtige zu tun. Zoe griff nach dem abgehackten Flügel der Wächter-Furie. Betrachtete die Bruchstelle des Knochens. Er war gesplittert und scharf wie die Schneide eines Messers.
    Kraft, die sie niemals zuvor in sich gespürt hatte, ließ sie den mehr als zwanzig Kilogramm schweren Flügel packen, ihn hoch über ihren Kopf heben und ihn mit aller Wucht in den Rücken Aramies rammen, so tief, dass der Knochen den Leib der Furie durchdrang und auf der anderen Seite wieder hervortrat.
    Der Schrei der Frau war ohrenbetäubend schrill. Sie torkelte zurück, drehte sich Zoe zu, starrte sie an mit toten Augen, aus denen nun vermehrt Blut hervordrang und über das Gesicht rann, in Sturzbächen, die nicht mehr versiegen wollten.
    »Du?«, fragte Aramie entsetzt. »Wir haben dich gesucht, all die Jahre, und du warst die ganze Zeit hier?«
    »Ja«, antwortete Zoe. Doch sie hatte keine andere Aufgabe, als den Mund zu bewegen und Worte auszusprechen, die ihr das Wesen in ihr vermittelte. »Ich war nie weg. Ich werde Dar Anuin niemals wieder verlassen. So, wie ich es einstmals gesehen habe. Die alten Prophezeiungen ergeben doch einen Sinn. Dank der Reinblütigen.«
    Die Furie stürzte haltlos zu Boden, der Flügel trat noch ein Stückchen weiter aus ihrer Brust hervor. Sie wollte etwas sagen - doch es fehlte ihr bereits die Kraft dazu.
    Zoe umrundete die Sterbende, packte Laycham an einem Arm und zog ihn in Sicherheit. Womöglich würde die Furie ein letztes Mal um sich schlagen und ihn mit einem Zufallstreffer weiter verletzen.
    Sie betrachtete die Wunden des Prinzen. Sie sahen schrecklich aus, und er verlor viel Blut; doch die Verletzungen waren keinesfalls tödlich. Die Widerhaken hatten ihn von der

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