Schattenlord 7 - Das blaue Mal
Nase traurig in den ungewaschenen Bierkrug hängen ließ. »Ich frage mich, warum hier keine Magie wirkt.«
»Wollen wir denn dasselbe Gespräch wie jeden Abend führen?«, fragte Ruairidh unwillig. »Wir müssen uns damit abfinden - und fertig.«
»Aber sieh uns doch an! Wir arbeiten! Wir machen uns die Hände schmutzig, bekommen Blasen an den Fingern, singen dröge Lieder über den Spaß, den das Schuften am Bau macht, und lassen uns von einem Vorarbeiter zur Sau machen, den wir normalerweise aussäckeln und im Regen stehen lassen würden. Biberkacke!«
Gloria spuckte aus. Sie verfehlte ein Krabbeltier, und das war gewiss keine leichte Übung, denn der Boden war von Asseln und Schaben und anderen Arten von Ungeziefer so übersät, dass es als Wunder galt, nicht zu treffen. Zwei Elfen, die Arm in Arm vorbeitorkelten, pfiffen anerkennend und warfen ihr zwei verbogene Münzen zu, die Gloria geschickt auffing. Auch Kleinvieh machte bekanntlich Mist.
»Hast du das Du-weißt-schon-was bei dir?«, fragte sie.
»Es ist sicher verwahrt«, wich Ruairidh aus.
»Du darfst es unter keinen Umständen verlieren. Zumal du alle unsere Schätze an die beiden Agenten verloren hast. Das Du-weißt-schon-was ist unser einziges und letztes Pfand.«
»Wir haben diese Diskussion nun schon oft genug geführt.«
»Und wir werden sie weiterhin führen, Ruairidh! So lange, bis ich vergessen habe, dass du es bist, dem ich das Elend verdanke, in diesem Drecksloch zu versauern.«
»Es steht dir frei, jederzeit von hier zu verschwinden.«
»Dazu brauchte ich Du-weißt-schon-was.« Lauernd fragte sie: »Wärst du bereit, es mir zu überlassen?«
»Um mich damit deiner bezaubernden Gegenwart zu berauben?« Ruairidh lachte und leerte den Bierhumpen. »Nie im Leben!«
Sie schwiegen, lange und intensiv, während rings um sie gefeiert, getrauert, betrogen und gelogen wurde, jeder in seiner eigenen Gedankenwelt versunken.
»Ich habe mich selten zuvor so schlecht gefühlt«, gab Ruairidh in einem seltenen Anflug von Ehrlichkeit zu. Er winkte Darye, der Dreiäugigen, die das vierte Auge bei einer Messerstecherei verloren hatte und sich den Tischen seitdem nur noch mit über die Fingerknöchel gezogenen Schlagringen näherte. Sie nahm seine Bestellung von zwei weiteren Bier auf - »Meiner Begleitung bringst du bloß Würzwasser, sie muss mich heute noch nach Hause schleppen« - und blieb vor ihm stehen, bis er die eben ergaunerten Münzen in ihre Hand legte.
»Warum? Weil dich Cwym und Bathú übertölpelt haben? Weil du ihr Mal trägst und ihnen nur dank meiner Hilfe entkommen konntest? Weil du uns nach Parvenne geführt hast, weil du meintest, dass wir hier ein wenig Ruhe finden würden, und dann entdecken musstest, dass uns alle Magie hier nichts nutzt? Weil wir eigentlich schon ganz woanders sein sollten? Weil ...«
Ruairidh winkte ab. »Ich habe verstanden, worauf du hinauswillst. Ich trage deiner Meinung nach an allem Schuld.«
»Was für eine weise Einsicht!«
»Ich sage dir was, Gloria: Mir sind einige winzige Fehler passiert - hör gefälligst auf zu kichern! -, aber das Schlimmste ist, dass ich dich mag.«
»Wie bitte?«
»Du hast schon verstanden.«
»Meinst du etwa, dass du mich nach Menschenart magst? Mit Liebe, Streicheleien, Zärtlichkeiten und dem ganzen Mist?«
»Wir wollen’s mal nicht übertreiben.« Ruairidh zwang sich zu lächeln. »Du bist das widerlichste Weib, das mir jemals über den Weg gelaufen ist - und dennoch finde ich Gefallen an dir.«
»Das ist das miserabelste Kompliment, das man mir jemals gemacht hat.«
Darye, die Dreiäugige, knallte die Bierkrüge und das Würzwasser auf den hölzernen Tisch. Gloria griff nach einem der Behältnisse mit Gerstensaft und nahm einen tiefen Schluck. »Du solltest dich schämen, eine Elfe von reinem Geblüt derart zu beleidigen.«
»Das reine Geblüt lassen wir mal beiseite; ich möchte an deine Vorliebe für Biberlarven erinnern, die irgendwo ihren Ursprung haben muss.«
Gloria setzte zu einer scharfen Erwiderung an, ließ es dann aber bleiben. Sie trank vom Gewürzwasser und rülpste so laut, dass man in den benachbarten Nischen applaudierte.
»Wir haben Pläne«, sagte sie leise. »Wir wollen raus aus Innistìr, so rasch wie möglich.«
»Stimmt.«
»Wir brauchen jemanden, der den Weg kennt oder uns helfen kann.«
»So weit waren wir auch schon vor Tagen, als wir hierherkamen.« Ruairidh sah neue Gäste das Wirtshaus betreten. Sie taten dies mit
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