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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Megafone – was unnötig war und auch von allen ignoriert wurde. Es herrschte eine fröhliche Stimmung, und es war eindeutig, dass alle Einwohner Auburns John Trelawny unterstützten. Seine Gegner waren anscheinend schlau genug gewesen, sich von dieser Veranstaltung fernzuhalten.
    Punkt zwölf begann der Festumzug.
    Angeführt wurde er von der Marschkapelle der High School. Die Instrumente funkelten in der Sonne, und die Musik dröhnte. Unter den Schülern waren ein winziger Junge mit einer riesigen Pauke und ein sehr großer mit einer Triangel. Danach kamen zwei Mädchen, die Stäbe durch die Luft wirbelten. Ihnen folgte ein Dutzend Mädchen in silbernen Kostümen, die eine Reihe perfekt einstudierter Tanzschritte vorführten.
    Nach den Schülern kamen die Fahrzeuge: offene Cabrios und Sportwagen. Der Vorsitzende der Handelskammer. Miss Auburn und zwei andere Schönheitsköniginnen mit ihren Schärpen und Krönchen. Ein Feuerwehrfahrzeug mit einem halben Dutzend Feuerwehrleuten (sie wurden am lautesten bejubelt). Kriegsveteranen, manche von ihnen im Rollstuhl. Dann wieder Dutzende von Kindern. Pfadfinder aller Altersklassen. Und Fahnenschwenker – alle identisch in Silber und Blau gekleidet –, die ihre Fahnen im perfekten Gleichtakt durch die Luft und über ihre Köpfe schleuderten.
    Als der Umzug vom Hügel herunterzog, drängten sich zwei Nachzügler durch die Reihen der geladenen Gäste auf der Tribüne. Eine Frau mittleren Alters mit kurzen grauen Haaren, einem dünnen Hals und einer Brille, die etwas zu groß für ihr Gesicht war. Und ein Junge. Er trug einen schwarzen Anzug mit einem weißen, am Hals offenen Hemd. Die Sachen wirkten irgendwie fremd an ihm, als hätte sie jemand gegen seinen Willen für ihn ausgesucht. Der Junge war sehr blass. Sein Blick war leer und sein Gesicht vollkommen ausdruckslos.
    Unter gemurmelten Entschuldigungen der Frau arbeiteten sich die beiden zu ihren reservierten Plätzen vor. Susan Mortlake und Scott Tyler waren in Position. Jetzt mussten sie nur noch auf den Mann warten, den sie töten würden.
     
    »Wir schaffen es nicht«, sagte Jamie.
    »Dieses Auto fährt nicht schneller«, murmelte Alicia. »Ich tue schon, was ich kann…«
    Aber es war bereits Viertel nach zwölf, und obwohl sie auf dem Highway schon Schilder mit der Aufschrift Auburn gesehen hatten, weigerte sich die Stadt, endlich in Sicht zu kommen.
    Sie saßen zu dritt im Auto, Jamie neben Alicia auf dem Vordersitz und Daniel auf der Rückbank.
    Jamie hatte zwar nicht erklären können, wie er es herausgefunden hatte, aber er wusste mit absoluter Sicherheit, dass er recht hatte. Er hatte Fotos von Charles Baker in den Büros von  Nightrise gesehen, und Senator Trelawny hatte erwähnt, dass diese Organisation den Wahlkampf seines Gegners finanzierte.
    Vielleicht war das der Grund, warum sie hinter ihm und Scott her gewesen waren. Scott konnte Trelawny befehlen, sich vor ein Auto zu werfen. Er konnte ihm sagen, dass er aufhören sollte zu atmen, und der Senator würde qualvoll ersticken. Die beiden Jungen hatten stets versucht, ihre Kraft unter Kontrolle zu halten, denn sie wussten aus bitterer Erfahrung, wozu sie fähig waren. Aber wenn jemand Scott in eine Waffe verwandelt hatte, war er nicht aufzuhalten.
    Scott. Das war der andere Gedanke, der Jamie beschäftigte.
    Natürlich wollte er das Leben des Senators retten. Doch wenn sie rechtzeitig nach Auburn kamen, würde er endlich seinen Bruder wiedersehen, und das war ihm viel wichtiger. »Wir sind da!« Alicia bog vom Highway ab und fuhr über eine Brücke, die sie auf die andere Seite führte. Bei der Überquerung der Brücke entdeckte Jamie unter ihnen die Statue von Claude Chana. War das wirklich dieselbe Figur, die ihm in seinen Träumen begegnet war? Es bestand kein Zweifel. Jetzt sah sie harmlos aus, nicht wie ein Riese oder ein Monster. Aber irgendwie war sie geschickt worden, um ihn zu warnen. Jamie warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Fünf vor halb eins! Er hatte Angst, dass sie zu spät kamen.
    Sie erreichten die andere Seite der Brücke. Jetzt sah Jamie einen Teil der Besuchermassen und hörte die Marschmusik. Vor ihnen tauchte ein Polizist auf, der sie nach links weiterwinkte.
    Alicia musste aber rechts abbiegen – doch da war alles abgesperrt. Von dieser Position aus konnten sie nichts sehen, nicht das Postamt, die Tribüne und das Podest, auf dem Trelawny seine Rede halten würde. Hier konnten sie unmöglich

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