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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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die Waffe fallen lassen, doch jetzt schnappte er sie, zielte und schoss. Der Pfeil verfehlte Scott um wenige Zentimeter und prallte von der Wand ab. Banes hatte keine Zeit, noch einmal zu schießen. Die Jungen waren verschwunden. Kreideweiß vor Wut sah er auf Hovey hinab, der sich den Arm hielt und halb unter dem bewusstlosen Hund begraben war.
    »Los, hinterher!«, fuhr er ihn an.
    Hovey rappelte sich auf. Banes lud seine Waffe neu und schob zwei weitere Pfeile in die Kammer. Die beiden Männer rannten los, als am anderen Ende des Flurs die Tür des Bühneneingangs zuschlug.
    Jamie rannte auf den Parkplatz zwischen dem Theater und dem Motel. An einem Ende führte er in die Virginia Street mit einem der Casinos auf der anderen Straßenseite. In der anderen Richtung kam man über eine schmale Gasse in stillere Seitenstraßen. Es war niemand zu sehen. Auf dem Parkplatz standen ein paar Autos, die wahrscheinlich den Motelgästen gehörten. Das Büro des Motels, ein Glaskasten mit Blick auf die Hauptstraße, war geschlossen, und im Fenster hing ein Schild, auf dem AUSGEBUCHT stand. Jamie blieb stehen. Die heiße Nachtluft legte sich wie ein Gewicht auf ihn und raubte ihm alle Kraft. Was war los? Scott hatte ihn gerufen – mit seinen Gedanken. Das war, als hätte er ihm mit einem Messer ins Gehirn gestochen. Und dann die beiden Männer aus der Vorstellung. Einer davon mit einer Waffe. Jagger…
    »Scott…?«, schrie er und ärgerte sich sofort darüber. Er half kein bisschen. Er wusste nicht, was er tun sollte. Wie immer verließ er sich auf seinen Bruder.
    Scott ließ ihn nicht im Stich. Während Jamie tatenlos zusah, schnappte er sich ein Stück Elektrokabel, das jemand auf eine der Mülltonnen geworfen hatte. Er hatte die Bühneneingangstür bereits zugeschlagen und schnürte das Kabel um die Griffe. Von innen war die Tür jetzt nicht mehr zu öffnen. Er hatte ihnen etwas Zeit verschafft. Die beiden Männer – wer immer sie waren – mussten zurück zum Vordereingang.
    »Wer ist das?«, schrie Jamie. »Ich habe sie gesehen. Sie waren in der Vorstellung. In beiden Vorstellungen.«
    »Jetzt nicht«, schnaufte Scott. »Wir müssen weg…«
    Es war zu spät. Plötzlich raste ein schwarzes Auto durch die Gasse auf sie zu. Zwei Männer saßen darin, die offenbar darauf gewartet hatten, dass die Jungen das Theater verließen. Zwei im Theater. Zwei draußen. Wie viele von diesen Männern waren noch da?
    Jamie erstarrte. Scott beugte sich vor und packte eine der Mülltonnen. Sie war voll und musste unendlich viel wiegen, aber vielleicht verlieh ihm die Verzweiflung zusätzliche Kraft. Als das Auto auf sie zuraste, warf er die Tonne. Sehr weit flog sie nicht, aber das heranrasende Auto nahm ihm die Arbeit ab. Die Tonne krachte in die Windschutzscheibe. Scherben flogen herum. Scott und Jamie warfen sich zur Seite, als das Auto auf sie zukam. Stinkende Essensreste verteilten sich auf dem Parkplatz, als die Mülltonne von der Motorhaube rollte. Das Auto prallte gegen die Bühneneingangstür des Theaters. Dann schlitterte es quer über den Parkplatz und knallte auf der anderen Seite gegen das Motel. Sofort ging ein Alarm los. Das Auto kam an der Motelwand zum Stehen.
    Jamie war als Erster wieder auf den Beinen und half Scott hoch. Einen Moment lang fragte er sich, ob die beiden Männer im Auto verletzt oder sogar tot waren. Doch diese Hoffnung konnte er begraben, als beide Türen aufgingen und die Männer heraustaumelten. Der eine hatte zwar eine blutende Kopfwunde, doch davon abgesehen waren sie unverletzt.
    »Beweg dich!«, befahl Scott und rannte Richtung Virginia Street. Sie mussten es ins Freie schaffen, wo es Zeugen gab. Im Losrennen spürte Jamie, wie etwas an seinem Ohr vorbeizischte, und er wusste, dass die Männer einen weiteren Pfeil auf sie abgeschossen hatten. Wenigstens war es keine Kugel. Sie wollten sie lebend fangen. Und was dann? Wieso waren diese Leute ins Theater gekommen? Jahrelang hatte sich niemand für ihn und Scott interessiert. Warum passierte das alles jetzt?
    Die Jungen erreichten die Hauptstraße, und das Halbdunkel des Parkplatzes wich dem grellen Licht von Reno bei Nacht. In dieser Stadt wurde es nie dunkel. Tausende von Lichtern beleuchteten die Spielcasinos: Sie blinkten, drehten sich, flossen wie Wasser, und das alles, um möglichst viele Spieler anzulocken. Eines der Casinos hieß Circus Circus und war mit einem zehn Meter hohen Clown aus pinkfarbenem und blauem Plastik geschmückt. Er hatte

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