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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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von dem Hund gesagt«, murmelte Banes.
    »Ich wusste nichts von dem Hund.«
     
    »Das macht nichts«, sagte Banes langsam. »Wir haben einen.
    Und den anderen wird die Polizei für uns finden.«
    »Ach ja? Und wieso sollte sie das tun?«
    »Weil er ein Mörder ist.«
    Don White sah überrascht aus – zumindest versuchte er es. Es war schwierig, in seinem aufgequollenen, fetten Gesicht eine Gefühlsregung zu erkennen. »Wen hat er denn umgelegt?«, fragte er.
    Banes lächelte. »Das hätten Sie lieber nicht fragen sollen.«
    Der Schuss knallte in dem kleinen Büro ohrenbetäubend laut. Mr Banes hatte Don White mitten ins Herz getroffen. Ein paar Sekunden lang betrachtete Don seinen Whisky, als täte es ihm leid, dass er ihn nie trinken würde. Dann fiel seine Hand herunter, das Glas rutschte aus seinen Fingern, und er blieb bewegungslos in seinem Stuhl sitzen.
    Colton Banes warf einen letzten Blick auf die Leiche. Dann steckte er seine Waffe weg, und die beiden Männer verließen den Raum.

JAMIE WILL NACH HAUSE
    Jamie öffnete die Augen und stellte fest, dass er nicht mehr in Reno war. Er war nicht einmal in Amerika. Irgendwie war er an einem verlassenen Strand gelandet, und das dazugehörige Meer lag schwarz und bewegungslos da. War es Tag oder Nacht? Er schaute auf, doch der Himmel sah aus wie ein Mittelding zwischen beidem. Jamie saß im Sand und atmete keuchend ein und aus. Die Tatsache, dass er weit weg und – noch schlimmer – ganz allein war, versetzte ihn in Panik. Es war niemand zu sehen. Absolut nichts. Nur der Strand, das Meer und in einiger Entfernung etwas, das vielleicht eine Insel war und wie eine Nadelspitze aus dem Wasser aufragte.
    »Scott!«
    Er rief den Namen seines Bruders, aber das Wort erstarb ihm auf den Lippen. Das machte ihm mehr Angst als alles andere. Er konnte so laut schreien, wie er wollte. Es war niemand da, der ihn hören konnte. Er war nicht nur allein – er war vollkommen verlassen. Wo war er? Selbst in der Wüste von Nevada gab es mehr Leben als an diesem Ort.
    Und doch…
    Er war schon einmal hier gewesen. Er wusste, wo er war. Jamie zog die Beine an und schlang die Hände um seine Knie, weniger, um sich zu wärmen, als vielmehr, um einen schützenden Kokon um sich zu bilden. Er zwang sich, tief einzuatmen und sich zu entspannen. Ja. Es war lange her, vielleicht Jahre, aber er kannte diesen Ort. Die Insel… Als er das letzte Mal hier gewesen war, waren zwei Jungen in einem Boot aus Riedgras zu ihm unterwegs gewesen. Er hatte mit ihnen sprechen wollen – er wusste nicht, warum –, aber er war aufgewacht, bevor sie bei ihm ankamen. Und er war nicht allein gewesen. Er hatte Scott an seiner Seite gehabt.
    Und neben ihm und seinem Bruder hatte ein Mädchen gestanden.
    »Das ist nur ein Traum«, murmelte Jamie. Seine Stimme klang dünn, aber es war eine Wohltat, überhaupt etwas zu hören. Die Wellen, die vor ihm ans Ufer schwappten, bewegten sich zäh wie Öl und machten fast kein Geräusch – als hätte jemand die Lautstärke heruntergeregelt.
    Ein Licht blitzte weit entfernt am Himmel auf. Ein Gewitter. Jamie stand auf. Er zitterte. Es war zwar nicht kalt – wie alles andere schien auch die Temperatur in einer Art Neutralstellung zu stehen –, aber der Blitz hatte etwas an sich gehabt, das ihn frösteln ließ. Da war wieder einer. Er sah es noch zwei Mal blitzen, und jedes Mal war die elektrische Entladung so stark, als wollten die Blitze die Welt zerschmettern. Irgendwie wusste er, dass das kein normales Gewitter war. Es war eine Ankündigung. Etwas passierte dort draußen. Noch war es weit weg, aber es würde bald näher kommen. Plötzlich wehte eine leichte Brise. Jamie konnte fühlen, wie sie ihm klamm und tot ins Gesicht blies.
    »Scott!«, rief er noch einmal und wünschte sich verzweifelt, endlich aufzuwachen.
    Er hörte etwas auf dem Kies, ein Stück von ihm entfernt.
    Er blickte sich um und erwartete, seinen Bruder zu sehen, aber stattdessen entdeckte er einen Mann, der am Ufer kniete. Er hatte eine flache Schüssel in der Hand, die er offenbar mit Wasser füllte. Jamie hatte keine Ahnung, woher er gekommen war. Im Moment zuvor war er jedenfalls nicht da gewesen. Der Mann war riesig und vollkommen grau. Sein Gesicht, seine Hände, seine Kleidung und sogar seine Augen hatten die Farbe von Stein, und wenn er sich nicht bewegt hätte, hätte Jamie schwören können, dass er eine Statue war. Er trug eine altmodische, sackartige Hose mit einem Ledergürtel und ein am

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