Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
sein. Ich werde Ihnen die Luft zum Atmen rauben, Junge.«
Noch einmal fragte er Martin. Sein Blick war eindringlich und jeder Spaß war aus seiner Mimik gewichen.
»Wollen Sie das wirklich durchziehen? Wollen Sie wissen, was gespielt wird?«
»Wie kann ich wissen, ob ich die Informationen abgelehnt hätte, wenn Sie sie mir vorenthalten. Renate Lohmeyer hat mir geraten, zu Ihnen zu kommen. Sie hat mich nicht davor gewarnt, sondern mich dazu ermutigt.«
»Renate Lohmeyer kennt Sie doch gar nicht. Glauben Sie mir, Sie sind ihr egal. Ihr geht es darum, dass ihr Mann gerächt wird, darum, dass um jeden Preis die Implantation des Chips aufgehalten wird, aber es geht ihr nicht darum, ob Sie bei dieser Geschichte heil rauskommen oder nicht.« Martin schluckte. Er suchte einen Punkt im Raum, an den er seinen Blick heften konnte. Spinnweben in der oberen Ecke mit einer fetten Spinne in der Mitte nahmen ihn ein. Wie passend , dachte er. Ein Spinnennetz . Martin lehnte sich zurück. Er fühlte sich wie die Fliege, die von der Spinne in Kürze eingewickelt werden würde, die noch zappelte. Es wurde feucht am Hals, ein Zeichen, dass der Schweiß sich seinen Weg unter der Maske bahnte.
Er schüttelte verunsichert den Kopf.
»Ich weiß es nicht. Meine Verlobte wurde die Treppe hinuntergestürzt, wir haben unser ungeborenes Kind dabei verloren. Es wäre alles umsonst, wenn ich jetzt umkehren würde.«
»Das ist noch viel zu klein gedacht, Junge. Wenn Sie jetzt Ihren Job machen, werden deutlich mehr Menschen als nur Ihre Verlobte Ihnen dankbar sein. Viel mehr.«
Sokolow hob in einer theatralischen Geste die Hände.
»Die Leute werden sich nicht bei Ihnen bedanken können, weil sie gar nicht wissen, wovor sie bewahrt worden sind, aber ich sage Ihnen, es werden unter Umständen etliche Tausend sein, die Sie vor dem Tod bewahrt haben.«
Martin wurde unruhig. »Ich glaube, wir sprechen hier von zwei verschiedenen Dingen. Ich bin hier, weil ich etwas über einen Überwachungschip von Ihnen hören möchte, weil Sie der Mann sind, wie mir Jerome versicherte, der ihn entwickelt hat. Außerdem bin ich hier, weil ich mein altes Leben wiederhaben will.«
Sokolow spöttelte und schnalzte mit dem, was von seiner Zunge übrig geblieben war. »Wer will das nicht, Junge?«
»Was also haben Sie mir mitzuteilen?« Martin schielte verlegen auf die Uhr.
»Na schön, Sie haben es nicht anders gewollt. Ich sage es Ihnen.« Sokolow deutete auf einen seiner Stöcke. »Geben Sie mir den bitte mal.« Er quälte sich aus der Tiefe seiner Sitzgelegenheit hoch. Es kostete ihn Kraft, die er kaum besaß. Er ging in einen anderen Raum und brachte einen Metallkoffer mit. Dann setzte er sich wieder, legte sich den Koffer auf die Beine und gab eine vierstellige Nummer in das Schloss am Koffer ein. Die Verschlüsse sprangen mit einem lauten Klacken auf.
Der Inhalt war eine in Schaumstoff gehüllte, winzig kleine Schachtel aus Glas oder hartem Plastik. In der Schachtel konnte Martin eine noch kleinere Kapsel erkennen.
»Wie ist Ihr bisheriger Kenntnisstand, Junge?«, fragte er. »Ich erzähl nicht gern Dinge, wenn ich es nicht unbedingt muss. Sie verstehen …« Sergej ließ unbewusst den Zungenstumpf hervorschnellen.
Martin dachte einen Augenblick lang nach. Er konnte den Blick nicht von der kleinen glänzenden Kapsel lösen. »Ich habe so gut wie alles über diesen Chip gelesen, was man eben darüber in Erfahrung bringen kann. Und Jerome hat mir einiges erzählt. Ich weiß, dass dieser Chip das Instrument sein wird, mit dem man in der Lage wäre, die Menschheit vollständig überwachen zu können, ausnahmslos!«
»Sehr gut, weiter«, forderte Sokolow. Auf dem Tisch stand eine Flasche Wodka und daneben ein Glas, halbvoll mit einer klaren Flüssigkeit. Wasser ist das garantiert nicht, dachte Martin. Sokolow nahm das Glas und leerte es in einem Zug.
Martin fuhr fort. »Fälschungssichere Identifikation an jedem Ort der Welt, lückenlose Zählung jedes Bürgers, bargeldloses Zahlen überall, wo man sonst mit Karte bezahlt hat, Tankstellen, Supermärkte …«, er zuckte mit den Achseln, »… keine Ahnung, überall eben. Somit sind keine Kreditkarten mehr nötig. Kein dementsprechendes Betrugspotenzial, keine EC-Karten, nichts.« Martin pausierte einen Augenblick und dachte nach. »Vernetzung aller Chips mit Kreditinstitutionen und Banken. Sekundenschnelle Bonitätsprüfung an den Kassen, kein Bankgeheimnis mehr, kein überzogener Dispo mehr und all
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