Schattennaechte
in einer Hölle, die seine Vorstellungskraft überstieg. Was nützten ihr seine Sprüche und leeren Versprechungen? Er war nicht mehr als ein Zuschauer, nutzlos und unfähig, ihr zu helfen.
Sie schüttelte seine Hand ab, als würde sie die Berührung nicht ertragen, und ging in die am weitesten von ihm entfernte Ecke. Dort rutschte sie zu Boden und ließ den Kopf auf die Knie sinken.
Mendez trat hinaus auf den Flur und lief ein paarmal auf und ab, um sich zu beruhigen. Er war so aufgewühlt, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Für gewöhnlich ging er Probleme zielgerichtet an, aber er sah keine sinnvolle Möglichkeit, Lauren Lawtons Probleme zu lösen. Er fühlte sich gelähmt von all den Regeln und Vorschriften, denen er folgen musste. Angesichts ihres Schmerzes und ihrer Wut kam er sich hilflos vor wie ein kleiner Junge.
Er ging in den Aufenthaltsraum, wo Vince Ballencoas Vernehmung auf dem Monitor verfolgte. Aus Gewohnheit steuerte er auf die Kaffeemaschine zu, aber dann hielt er inne. Er brauchte jetzt etwas Stärkeres – wenn auch vermutlich nicht halb so sehr wie Lauren, dachte er.
Vince warf ihm einen Blick zu.
»Der Typ ist ein harter Brocken«, sagte er und deutete auf den Monitor.
Mit einem tiefen Seufzer ließ Mendez sich auf einen Stuhl sinken und sah auf den Monitor. Ballencoa saß, mit dem Gesicht zur Tür, am Tisch und trug die Miene eines quengeligen Kindes zur Schau. Trammell saß ihm gegenüber, seiner Körpersprache nach zu urteilen war er ruhig und entspannt. Er führte einfach nur eine Unterhaltung mit einem Bürger der Stadt.
»Er hat Trammell erzählt, dass Lauren Lawton ihn verfolgt und dass er eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirken will.«
»Dieser Scheißkerl«, knurrte Mendez. »Er hat auf dem Tennisplatz Fotos von ihrer Tochter gemacht.«
»Was seinen Ausführungen zufolge sein gutes Recht und sein Beruf ist.«
»Seine Rechte.« Die Worte hinterließen einen bitteren Nachgeschmack in Mendez’ Mund. »Als wäre er das Opfer. Lauren braucht eine Schutzanordnung gegen ihn. Er ist hier der Kriminelle. Der Typ hat vielleicht Nerven – die Tochter zu fotografieren! Wenn ich an Laurens Stelle gewesen wäre, hätte er jetzt keine Zähne mehr.«
»Und du würdest hinter Gittern sitzen«, sagte Vince.
»Das ist einfach nicht richtig.«
»Wenn jemand eines meiner Kinder komisch anschauen würde … ich will lieber nicht darüber nachdenken, was ich dann täte«, gestand Vince. »Aber auf der einen Seite gibt es eben das, was richtig ist, und auf der anderen Seite das Gesetz. Und leider passt beides nicht immer zusammen.«
»Erkläre das mal Lauren«, sagte Mendez. »Ich habe es versucht. Ich bin mir dabei wie ein Vollidiot vorgekommen. Sie hat durch dieses Schwein ihre Tochter verloren. Ihr ist nicht einmal vergönnt zu wissen, was er mit ihr gemacht hat.«
»Wie geht es ihr?«, fragte Vince.
»Sie ist wütend, und sie hat Angst. Sie hat mich runtergeputzt«, sagte Mendez. »Und ich habe es nicht besser verdient – oder vielleicht sollte ich sagen, unser Rechtssystem verdient es nicht besser. Wenn wir ihr damit drohen, sie einzusperren, weil sie ihr Kind beschützt, wohin soll sie sich dann noch wenden?«
»Was hast du mit ihr vor?«
Unfähig, still zu sitzen, nahm Mendez seine Wanderung wieder auf. »Keine Ahnung. Das entscheidet Cal. Was kann ich schon tun?«
Wie aufs Stichwort betrat Dixon, den man von einer Wohltätigkeitsveranstaltung weggeholt hatte, in diesem Moment den Aufenthaltsraum. Er trug einen eleganten grauen Anzug und eine blaue Krawatte, die seine Augenfarbe unterstrich, und hatte einen grimmigen Ausdruck im Gesicht.
Er sah Mendez an. »Sie haben hier nichts verloren.«
»Es war nicht meine Entscheidung«, sagte Mendez.
»Das gefällt mir genauso wenig«, bellte Dixon. »Mrs. Lawton hat ausdrücklich nach Ihnen verlangt, und Ballencoa hat bereits eine Beschwerde gegen Sie eingereicht. Ich hoffe nur, er hat Sie nicht gesehen.«
»Nein. Zu seinem Glück. Ich würde mit Vergnügen das zu Ende führen, was sie begonnen hat.«
»Kommen Sie mir bloß nicht so«, sagte Dixon. »Sie sind vereidigter Polizeibeamter. Verhalten Sie sich entsprechend.«
»Ja, Sir.«
»Und was machen Sie hier, Vince?«
Langsam erhob sich Leone, seine souveräne Art übte eine beruhigende Wirkung aus. »Ich bin als Beobachter hier«, sagte er. »Tony hat mir die Geschichte erzählt. Ich wollte mir selbst einen Eindruck von Ballencoa
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