Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
Vom Netzwerk:
hatte, dann war möglicherweise auch Wendy in Gefahr. Ballencoa hatte auf dem Tennisplatz bestimmt beide Mädchen fotografiert. Und Anne Leone zufolge hatte Wendy schon mehr durchgemacht, als ein Kind durchmachen sollte – in die Ermittlungen in einem Mordfall verwickelt, von einem Klassenkameraden überfallen …
    Ihre Gedanken wanderten zu Ballencoa zurück. Es war seine Schuld. Er hatte die Mädchen fotografiert. Sie hatte dem nur ein Ende gemacht. Er hatte ihre Familie verfolgt. Sie war nicht für sein Verhalten verantwortlich … nur für ihr eigenes.
    Sie hatte sich entschieden hierherzuziehen. Sie hatte sie alle in Gefahr gebracht.
    »Nur damit Sie es wissen«, brach Mendez das Schweigen, »wir sind an Ballencoa dran. Wir sitzen nicht einfach herum und drehen Däumchen.«
    »Ja, das habe ich heute Abend gesehen, als er meine Tochter fotografiert hat«, entgegnete sie sarkastisch. »Sie haben sich beinahe überschlagen.«
    »Wenn ich ihn aus dem Verkehr ziehe, dann will ich etwas in der Hand haben, für das er auch belangt werden kann«, sagte er, mühsam beherrscht. »Wenn wir ihm eine Straftat zur Last legen können, bekommen wir auch einen Durchsuchungsbeschluss für sein Haus und sein Grundstück, und vielleicht finden wir etwas, das in Zusammenhang mit dem Verschwinden Ihrer Tochter steht. Vielleicht bleibt er lange genug eingesperrt, bis die Genforschung so weit entwickelt ist, dass sie in Santa Barbara seine Blutprobe untersuchen lassen können.«
    »Aber in der Zwischenzeit kann er tun und lassen, was er will. Verzeihen Sie, wenn ich von Ihrem Plan nicht ganz so begeistert bin.«
    »So funktioniert unser Rechtssystem nun mal«, sagte er. »Wir können Leute nicht einfach einsperren, nur weil wir sie nicht mögen. In Santa Barbara gab es eine Menge Leute, die davon überzeugt waren, dass Ihr Mann Ihre Tochter umgebracht hat. Er wurde auch nicht eingesperrt.«
    »Und Sie sehen ja, wie viel mir das genützt hat.«
    Er trat so unvermittelt auf die Bremse und hielt am Straßenrand, dass sie nach vorn in ihren Sicherheitsgurt gepresst wurde. In dem schwachen Licht der Armaturenbrettbeleuchtung traten die Zornesfalten in seinem Gesicht scharf hervor.
    »Jetzt passen Sie mal auf, Lauren«, sagte Mendez. »Sie sind nicht die Erste, die einen geliebten Menschen durch ein Verbrechen verloren hat. Sie werden nicht die Letzte sein. Und Sie sind nicht die Einzige, der etwas daran liegt, dass der Täter bestraft wird. Meinen Sie, es lässt mich kalt, dass Roland Ballencoa Ihnen eine Anzeige anzuhängen versucht?«, fragte er. »Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke. Meinen Sie, ich würde ihm nicht am liebsten seine Kamera in den Hals stopfen? Ich würde es nur zu gern tun, aber so funktioniert das eben nicht. Wir haben Gesetze. Sie sind nicht immer perfekt, aber etwas Besseres haben wir nun mal nicht, und ich muss mich daran halten. Wie allen in meinem Beruf geht es mir darum, Menschen wie Ihnen und Ihrer Tochter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Das ist unsere Aufgabe. Dafür leben wir. Wir haben begriffen, dass Sie ein Kind verloren haben. Wir haben begriffen, dass dieses Arschloch Ihr Leben zerstört hat und auch das anderer Menschen zerstören wird, wenn man ihn lässt.«
    »Dann tun Sie was dagegen!«, fuhr Lauren ihn an.
    »Wir versuchen es ja!«, schrie er zurück. »Das habe ich Ihnen doch gerade erklärt. Es macht mich fertig, dass ich Ballencoa nicht in ein Loch werfen und dort verrotten lassen kann. Ich habe mich vorhin beschissen gefühlt, da ich Sie vernehmen musste, weil Sie etwas gegen ihn unternommen haben, als ich es nicht konnte. Ich bin auf Ihrer Seite, Lauren. Und es nervt mich, dass Sie auf dem hohen Ross sitzen, als gäbe es kein Opfer außer Ihnen, und auf mich herabblicken wie auf einen dummen Lakai, dem das alles egal ist. Ich bin vom Dienst suspendiert, weil ich für Sie eingetreten bin, und ich würde es wieder tun, weil es richtig war.«
    Lauren wandte den Blick ab, unschlüssig, ob sie mit ihm streiten oder sich entschuldigen sollte. Lange schien sie die Einzige gewesen zu sein, die für Leslie kämpfte. Mendez war bereit, den Kampf neu aufzunehmen, aber sie wusste jetzt schon, dass er ihn irgendwann zermürben würde, so wie es bei allen anderen der Fall gewesen war, und sie am Ende wieder allein dastehen würde.
    Sie sparte sich jedoch die Mühe, ihm all das zu erklären. Stattdessen seufzte sie resigniert und murmelte: »Tut mir leid.«
    Einen endlosen Moment lang spürte sie

Weitere Kostenlose Bücher