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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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mit der Vorstellung begnügen.«
    »Ja, so in etwa hat mein Abend ausgesehen«, sagte Lauren, die Augen auf den Muffin geheftet.
    Sie lügt , dachte Anne. Sie fragte sich, ob sich Lauren Hilfe gegen die Angst, die Depressionen, die Schlaflosigkeit gesucht hatte. Es tat ihr weh, jemanden derart leiden zu sehen, wie Lauren Lawton offensichtlich litt, und sie wusste, dass zumindest die moderne Wissenschaft ihr helfen konnte, wenn sie schon nicht zuließ, dass eine Freundin es tat.
    »Sie und Leah müssen nächste Woche mal zum Abendessen kommen«, sagte sie. »Und ich sage Ihnen gleich, dass ich ein Nein nicht akzeptiere, also versuchen Sie es gar nicht erst. Ich kann jederzeit einen Deputy losschicken und Sie abholen lassen, vergessen Sie das nicht«, fügte sie lächelnd hinzu.
    Lauren schien nicht besonders begeistert zu sein, aber Anne hatte einen Entschluss gefasst. Sie würde dieser Frau eine Freundin werden, ob sie nun wollte oder nicht. Anne war zunehmend davon überzeugt, dass möglicherweise zwei Leben auf dem Spiel standen.

25
    Roland Ballencoa hatte tatsächlich einen Stromanschluss.
    Er wohnte 537 Coronado Boulevard.
    Mendez legte auf und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Es kam ihm vor, als hätte er gerade eine große Giftschlange unter seinem Sofakissen entdeckt. Ein verurteilter Sexualstraftäter hatte sich in seine Stadt geschlichen und sich hier niedergelassen, ohne dass irgendjemand dies erfahren hatte. Wenn Lauren Lawton nicht gewesen wäre, hätte Ballencoa vielleicht wer weiß wie lange unbemerkt hier gewohnt, sein Territorium abgesteckt, seine Gewohnheiten entwickelt …
    Mendez stand auf und zog sein Sakko an.
    »Wir haben ihn«, sagte er, als er Hicks’ Blick auffing.
    »Wo?«
    »537 Coronado. Ein Umgebung mit reicher Beute. Drei Blocks zur Highschool in die eine Richtung, in die andere sieben Blocks zum McAster College. Das ganze Jahr über Scharen von Studentinnen.«
    Und nicht einmal einen Kilometer von seinem Haus entfernt. Mendez kannte das Viertel sehr gut. Er ging dort regelmäßig joggen.
    »O Mann«, murmelte Hicks und erhob sich. »Das ist ja gerade so, als würde man mitten in der Nacht in der Küche Licht machen und eine Ratte vor sich hocken sehen.«
    »Mit dem Unterschied, dass wir ihn nicht einfach erschießen und einen Teppich über das Loch im Boden legen können«, sagte Mendez, bereits auf dem Weg zu dem Seitenausgang, der zum Parkplatz führte.
    Mendez setzte sich hinters Lenkrad. Er war in Angriffslaune, er musste seine Stadt beschützen und, wenn er ehrlich war, auch Lauren Lawton. Nicht weil er etwas von ihr wollte, sondern weil er sich für sie verantwortlich fühlte – so wie er sich für jeden verantwortlich fühlte, der ihn um Hilfe bat.
    Er nahm den Schwur »schützen und dienen« sehr ernst. Vielleicht noch ein bisschen ernster, sobald es um eine Frau ging, aber so sollte es ja auch sein – zumindest in seinen Augen und nach den Werten, die ihm seine Familie und die Marines vermittelt hatten. Der Mann beschützte die Frau. Punkt.
    Ballencoas Haus stand auf einem Eckgrundstück, ein unauffälliger Bungalow mit einer separaten Garage und einer Art Schuppen auf der Rückseite. Obwohl der Garten gepflegt war, machte alles einen merkwürdig unbewohnten Eindruck.
    In der Einfahrt stand kein Auto. Keine Blumentöpfe auf der Treppe, kein Fahrrad auf der Veranda. Die Jalousien waren heruntergezogen. Ähnlich wie in San Luis Obispo nirgendwo ein Hinweis auf den Bewohner des Hauses, so als gäbe es überhaupt keinen. Mendez hätte sich nicht gewundert, wenn er bei einem Blick durchs Fenster die gleiche Leere vorgefunden hätte wie dort.
    Hicks klingelte an der Tür, sie warteten.
    »Wie würde es dir gefallen, im Nachbarhaus zu wohnen und eines Tages festzustellen, dass neben dir dieser Typ eingezogen ist?«, fragte Hicks.
    »Oder noch schlimmer«, sagte Mendez, »nicht zu wissen, dass der Typ neben dir eingezogen ist.«
    Natürlich wussten Ballencoas Nachbarn nicht, wer da neben ihnen wohnte. Die eine Vorstrafe zählte kaum, außerdem war es so lange her, dass sich niemand mehr für ihn interessierte. Und was das Verschwinden von Leslie Lawton betraf, hatte man nie Anklage gegen ihn erhoben, mochten Lauren oder Danni Tanner oder sonst wer noch so fest davon überzeugt sein, dass er etwas damit zu tun hatte. Nach dem Buchstaben des Gesetzes gab es nichts, wovor man die Nachbarn hätte warnen müssen.
    Hicks klingelte noch einmal.
    Endlich wurde die Tür geöffnet, und

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