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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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verschwinden. Sie würde versuchen, sich zu wehren, wenn er nach ihr griff. Er würde sie bei den Handgelenken packen.
    Er war fasziniert von ihren Handgelenken, davon, wie schmal sie waren, welche Kraft in ihnen steckte. In der ersten Fotoserie von ihr beim Tennisspielen hatte er sich auf einzelne Körperteile konzentriert. Zu seinen Lieblingsfotos gehörten die von ihren Handgelenken, wenn sie den Schläger schwang. Ihre Hände waren so feingliedrig, ihre Handgelenke so zierlich, und trotzdem schlossen sich ihre Finger kraftvoll um den Griff des Tennisschlägers, zeigte sich in ihrem Unterarm ein faszinierendes Muskelspiel.
    Es war diese Verbindung von Zartheit und Kraft bei sportlichen Frauen, die ihn als Künstler anzog. Die Art, wie sich beim Aufschlag die Muskeln in ihrem Oberschenkel anspannten und sich gleichzeitig elegant ihr Fuß streckte wie bei einer Tänzerin. Der hervortretende Wadenmuskel und die geschwungene Linie ihres Nackens. Das war es, was er an sportlichen Frauen so reizvoll fand.
    Er hatte unzählige Fotos von Renée Paquin und ihren Freundinnen beim Doppel gemacht. Er hatte sie angesprochen, ihnen seine Visitenkarte gegeben und versprochen, am Abend die Abzüge vorbeizubringen.
    Als er am späten Nachmittag beim Tennisplatz ankam, verspürte er das Bedürfnis, den Kopf frei zu bekommen. Er stellte seinen Kastenwagen auf dem Parkplatz ab, schulterte Tasche und Kameraausrüstung und ging an den Tennisplätzen vorbei.
    Die Tennisplätze gehörten zu der städtischen Sportanlage von Oak Knoll. Es gab außerdem ein Schwimmbad mit Innen- und Außenbecken, Racquetball- und Volleyballplätze und einen Kinderspielplatz. Außen herum waren Joggingwege angelegt. Im Zentrum der Anlage befanden sich ein Kiosk mit Ausschank und ein Sportartikelgeschäft.
    Das Gelände war ansprechend gestaltet, und die ausladenden Eichen, denen das Städtchen seinen Namen verdankte, vermittelten den Besuchern das Gefühl, sich in einem richtigen Park zu befinden. Er ging zum Kiosk, kaufte sich eine Limonade und flirtete ein bisschen mit der jungen Frau hinter dem Tresen. Sie hatte große blaue Augen, mit denen sie unschuldig in die Welt blickte. Ihr Name war Heather. Er setzte sich auf eine Bank unter einem Baum und machte ein paar Notizen zu ihr.
    Um ihn herum wimmelte es von Leuten unterschiedlichen Alters, angefangen bei Müttern mit Kleinkindern über Studenten bis zu jungen Berufstätigen, die beim Tennisspielen, Laufen und Schwimmen den Stress der Arbeit abbauten. In Oak Knoll lebten viele pensionierte Akademiker und betuchte Rentner, von denen ebenfalls etliche hier waren. Es herrschte eine heitere, beinahe volksfestartige Atmosphäre.
    Er mochte Orte, an denen etwas los war, so wie in Santa Barbara oder wie in der Gegend um das College in San Luis Obispo. Die Leute waren unternehmungslustig und mit allen möglichen Dingen beschäftigt – zu beschäftigt, um zu bemerken, dass jemand sie etwas zu genau beobachtete. Er konnte sich hier völlig anonym zwischen ihnen bewegen und nach Lust und Laune jeden beobachten, den er beobachten wollte. Beschäftigte Leute achteten nicht auf so etwas.
    Renée Paquin und ihre Freundinnen würden erst in einer Stunde kommen. Deshalb schlenderte er zu den Tennisplätzen und machte unterwegs hin und wieder ein Foto.
    Er fotografierte die Kinder auf dem Spielplatz, sprach ihre Mütter an, verteilte Visitenkarten. Niemand schien beunruhigt oder argwöhnisch, weil er sich freundlich und aufgeschlossen gab. Er lächelte viel. Er hatte seine Baseballkappe verkehrt herum aufgesetzt, weil das den Eindruck von Offenheit vermittelte – anders als ein tief über die Augen gezogener Schild, der so gewirkt hätte, als hätte er etwas zu verbergen.
    Auf dem Weg zu den Tennisplätzen kam er an einigen anderen Spielfeldern vorbei. Manche Spieler lieferten sich einen ernsthaften Wettkampf, andere ein freundschaftliches Match, wieder andere nahmen eine Trainingsstunde. Er ließ sich Zeit und blieb gelegentlich stehen, um zu fotografieren. Er suchte sich einen Spieler oder eine Spielerin aus, machte zuerst eine Aufnahme vom Gesicht, dann zoomte er die betreffende Person näher heran und setzte seine Studie mit Ausschnitten von ihrem Körper fort. Er fotografierte Männer und Frauen, Junge und Alte.
    Schließlich richtete er sein Objektiv auf zwei junge Mädchen, die eine Trainingsstunde bei einem Tennislehrer hatten. Ein Mädchen in einem weißen Röckchen und einem knallrosa Oberteil, das jedes Mal,

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