Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
Vom Netzwerk:
wenn sie den Schläger über den Kopf schwang, einen Streifen von ihrem gebräunten Bauch sehen ließ. Sie hatte kleine Brüste und eine unglaubliche blonde Lockenmähne. Sie konnte nicht älter als dreizehn oder vierzehn Jahre sein.
    Das andere Mädchen war größer, hatte lange, schlanke Beine und trug schwarze Shorts und darüber ein loses schwarzes Poloshirt. Sie wirkte etwas älter als die Blonde. Sein Blick blieb eine Weile an ihrem Körper haften. Wohlgeformt, geschmeidig, schlank, kräftig. Der Körper einer Tänzerin. Irgendwie kam er ihm bekannt vor.
    Er schwenkte etwas höher und zoomte auf ihr Gesicht, und im nächsten Moment durchfuhr es ihn wie ein elektrischer Schlag.
    Leslie Lawton.
    Nein. Nicht Leslie Lawton. Die jüngere Schwester.
    Leah.

37
    Lauren bog zur Sportanlage ab, ihr graute vor dem vor ihr liegenden Abend. Am liebsten wäre es ihr gewesen, sie hätte Leah einfach abholen und wegfahren können – das Essen mit Wendy und ihrer Mutter vergessen, Oak Knoll vergessen, die letzten vier Jahre ihres Lebens vergessen können.
    Ich will noch mal von vorn anfangen , dachte sie, und ihr war bewusst, wie kindisch das klang.
    Wie schön war es doch, Kind zu sein. Man konnte keine falsche Entscheidung treffen, wenn einem alle Entscheidungen abgenommen wurden.
    Aber dann dachte sie an Leah und an ihre Worte heute Morgen: Was ist mit mir? Keinen Einfluss auf eine Entscheidung zu haben änderte nichts an den Folgen.
    Sie konnte nicht vor dem fliehen, was der Grund für all diese Qualen war. Sie konnte die Tragödien, die ihr Leben verändert hatten, nicht einfach hinter sich lassen. Die Trauer und der Wunsch, damit abzuschließen, würden Lauren bleiben wie ein bösartiger Tumor. Das Einzige, was den Schmerz vielleicht ein bisschen lindern konnte, war Gerechtigkeit.
    Sie fuhr auf den Parkplatz neben der Tennisanlage und betrachtete sich im Rückspiegel. Es überraschte sie immer wieder von Neuem, dass sie nicht so verrückt aussah, wie sie sich vorkam. Sie hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und den Versuch unternommen, die tiefen Falten in ihrem Gesicht unter ein wenig Make-up zu verbergen.
    Früher hätte sie etwas Hübsches angezogen – ein Sommerkleid oder einen leichten Sommerrock mit einem engen Oberteil. Dazu alten Modeschmuck – eine Kette aus großen, bunten Bakelitperlen und mehrere Armbänder. Ihre Schuhe wären der letzte Schrei gewesen.
    Sie hatte eine Schwäche für Schuhe gehabt. In Santa Barbara hatte sie einen begehbaren Kleiderschrank nur für Schuhe und Handtaschen. Jetzt machte sie sich nichts mehr daraus. Sie hatte drei Paar Schuhe mit nach Oak Knoll gebracht. Die Frau, die sie einmal gewesen war, gab es nicht mehr. Das Haus, das Lance für sie entworfen hatte, stand zum Verkauf. Sie konnte wegen all der Erinnerungen nicht mehr dort wohnen.
    Sie stieg aus und strich ihre braune Leinenhose und das leichte schwarze Twinset glatt. Besorgt sah sie sich um, halb erwartete sie, Greg Hewitt zu entdecken, wie er sie aus der Ferne beobachtete. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass sie ihn wiedersehen würde. Er würde nicht einfach verschwinden, bloß weil sie es ihm gesagt oder weil sie eine Waffe auf ihn gerichtet hatte. Er hatte nicht die Mühe auf sich genommen hierherzukommen, nur um sang- und klanglos wieder abzuziehen.
    Es war jedoch nicht Greg Hewitt, den sie erblickte. Es war Roland Ballencoas Kastenwagen.
    Ihr Herz begann heftig zu schlagen, und als sie sich erneut umsah, lag in ihrem Blick die Angst eines Tieres vor seinem Todfeind. Um sie herum waren Leute, die ihr Leben genossen, keiner von ihnen achtete auf die Schlange im Gras.
    Lauren hängte sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter, presste sie an die Brust und ließ die Hand in das Reißverschlussfach gleiten. Sie berührte die Walther, als wäre sie ein Glücksbringer.
    Das Fahrerhaus schien leer zu sein. Sie ging ein paar Schritte darauf zu und umrundete den Wagen in einigem Abstand, als handle es sich um ein gefährliches Tier, nicht nur um einen Wagen, der ein gefährliches Tier transportierte. Sie konnte nicht in den Laderaum sehen. Vielleicht war Ballencoa da drin. Oder sein nächstes Opfer.
    Sie ging noch ein paar Schritte näher heran und stellte sich dabei vor, dass nicht nur irgendjemand im Laderaum war, sondern Leslie. Die Polizei war davon ausgegangen, dass Ballencoa sie auf der Straße abgefangen, in den Wagen gestoßen und gefesselt und geknebelt hatte. Von diesem Bild wurde Lauren

Weitere Kostenlose Bücher