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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Spuren ihrer unrühmlichen Vergangenheit beseitigen wollen – und zwar nicht nur die Akten, sondern möglicherweise auch die eingesperrten Menschen. Niemand hatte in diesen Spätherbsttagen des Jahres 1989 wissen können, wie sich die instabil gewordene Lage entwickeln würde. Sämtliche Abgeordneten des Wahlkreises Göppingen wurden eingeschaltet, um das Mädchen freizubekommen. Doch erst in der Ausgabe vom 16. Dezember stieß Sander auf jenen Artikel, mit dem er über die Freilassung der jungen Frau berichtet hatte. 263 Tage, so las er, sei sie im Gefängnis gewesen – seit Ostern. Einige Tage davon auch in Einzelhaft.
    Sander beugte sich tief über den Zeitungsband und sog jeden Satz in sich hinein. Nach und nach wurde die Erinnerung auch an Details wieder wach.
    Sander fasste den Entschluss, die Artikel zu fotokopieren. Dies war zwar verboten, weil die dicken Bände aus dem Leim gingen, sobald man sie aufgeschlagen und umgekehrt auf das Gerät legte. Aber jetzt gings um wichtige Ermittlungen und da mussten solche Bedenken einmal zurückstehen. Er nahm den Band untern Arm, fuhr mit dem Aufzug in die Redaktionsräume hinauf und bat eine der Sekretärinnen, die gerade heute Dienst hatte, ihm beim Fotokopieren behilflich zu sein. Die neugierige Frage von ihr und den anderen Kollegen, was es mit dem Bericht auf sich habe, beschied der Journalist mit dem geheimnisvollen Hinweis, dass ihm nur so eine Idee gekommen sei. Häberle würde staunen.
     
    Häberle hatte das Gespräch mit Faller widerwillig unterbrochen und sich von Linkohr informieren lassen, dass Korfus nun in seiner Werkstatt eingetroffen sei. »Okay«, sagte der Chefermittler leicht genervt. »Bleiben Sie dort, ich bin in einer halben Stunde da.« Faller saß noch immer kreidebleich auf dem Sessel und starrte Häberle an.
    »Wir waren beim Dienstagnachmittag«, fuhr der Ermittler fort. »Das Handy war hier eingeloggt und Sie haben ein Gespräch entgegengenommen. Ich kann Ihnen sogar sagen, woher der Anruf kam.«
    Faller schluckte. Der Optimismus, den er vorgestern zur Schau getragen hatte, war verflogen. Seine Augen versuchten, den Blicken Häberles auszuweichen, doch er schien nicht so recht zu wissen, wohin er überhaupt schauen sollte.
    »Ich kann Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Das Gespräch kam aus einer Telefonzelle vom Autobahnrasthaus Plauen. In Sachsen. Und Sie haben ziemlich lange telefoniert. Vermutlich so lange, bis der Akku vollends leer war.« Weil Faller noch immer nichts sagte, fügte Häberle an: »Der Akku konnte gar nicht mehr viel Ladung drauf haben. Simbach muss ihn am Donnerstag noch aufgeladen haben, sonst hätt es gar nicht so lange gereicht – trotz des relativ neuen Geräts. Frau Simbach hat uns berichtet, dass es erst einen Monat alt war.«
    Faller rang sich zu einer Erklärung durch: »Und was erwarten Sie jetzt von mir? Ein Geständnis oder was?«
    »Die Wahrheit. Wenns etwas zu gestehen gibt, dann wäre es jetzt an der Zeit, dies zu tun.«
    Faller wischte sich mit einem Papiertaschentuch Schweiß von der Stirn. »Es ist alles ganz anders, als Sie denken«, presste er schließlich mühsam hervor. »Ich will darüber nicht reden.« Er stand wortlos auf, ging zu seinem Schreibtisch, zog aus der Schublade ein Blatt Papier heraus und schrieb mit einem Kugelschreiber blitzschnell ein paar Worte auf. Häberle verfolgte die Szenerie staunend, wollte aber nicht eingreifen.
    Faller kam an den Couchtisch zurück und legte dem Ermittler das Blatt schweigend vor. Häberle las stirnrunzelnd: »Habe Angst, abgehört zu werden. Komme in 1 Stunde in Ihr Büro. Okay?«
    Häberle sah hoch. »In Ordnung«, sagte er. Ihm lagen viele Fragen auf der Zunge, doch wenn tatsächlich die Gefahr bestand, dass der Raum verwanzt war – von wem auch immer -, dann machte es Sinn, jetzt nichts mehr zu besprechen. Er erhob sich und gab sich Mühe, einen etwaigen Mithörer auf eine falsche Fährte zu hetzen: »Okay, wenn Sie sich ausschweigen, werden Sie allein die Folgen zu tragen haben. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.« Er nickte Faller zu, deutete auf die Armbanduhr, was heißen sollte, dass der Termin klar gehe, und verließ das Büro.
     
    Häberle hatte unterwegs keine einzige Geschwindigkeitsbegrenzung beachtet. Innerhalb weniger Minuten war er bei Korfus’ Kfz-Werkstatt eingetroffen, wo Linkohr knapp 50 Meter entfernt mit dem weißen Polo wartete. Der Chefermittler parkte hinter ihm, stieg aus und erklärte, was zu tun sei: Er solle

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