Schattennetz
dir doch zunächst abgestritten.«
Die Diskussionen waren verstummt. Fludium verstand es bestens, Häberles Gedankengänge weiterzuspinnen, wenn dieser nicht da war. Ohnehin hatte er vieles von ihm gelernt, vor allem, was Kombinationsgabe und Teamgeist anbelangte.
Linkohr bestätigte: »Sie mag mich wahrscheinlich nicht.«
Fludium grinste. »Dann gehn wird zusammen noch mal hin. Vielleicht mag sie eher die älteren Semester.«
Der junge Kriminalist willigte ein und begann sofort, die Telefonnummer herauszusuchen. »Am besten, du redest mit ihr«, meinte er, als er gewählt hatte, und reichte den Hörer an Fludium weiter. Der lauschte auf das Freizeichen, das sich nach geraumer Zeit veränderte, weil der Anruf offenbar automatisch irgendwohin weitergeschaltet wurde – vermutlich auf ein Handy, wie der Kriminalist vermutete. Um ihn herum wurden die Gespräche weitergeführt. Erst als er sich meldete und damit klar war, dass er Frau Schanzel erreicht hatte, verstummten die Diskussionen wieder. Fludium erklärte, worum es ging und musste offenbar mit Engelszungen darlegen, weshalb er und sein Kollege Linkohr noch einmal mit ihr reden wollten. »Sie könnten uns eine große Hilfe sein«, sagte er mit ruhiger Stimme, in die er allen Charme hineinlegte. Er lauschte ein paar Sekunden, lächelte seinen Kollegen triumphierend zu und erklärte dann: »Auch Frau Simbach und Frau Korfus wäre damit vielleicht geholfen.« Wieder hörte er aufmerksam zu und nickte. »Und darf ich fragen wo?«
Linkohr schloss daraus, dass sie einem neuerlichen Treffen zugestimmt hatte.
»Okay, wir kommen gleich«, beendete Fludium das Gespräch und legte auf. »So macht man das«, lobte er sich selbst. »Man muss mit den Frauen nur reden können. Und was glaubt ihr, wo sie gerade ist?«
Die Kollegen zuckten mit den Schultern. »Bei der Simbach im Büro. Und was glaubt ihr, wer noch dort ist?«
Die Kriminalisten hatten keine Lust auf derlei Fragespielchen, weshalb keiner etwas sagte. Fludium grinste in die Runde. »Die Korfus.«
Linkohr konnte sich nun nicht mehr zurückhalten. »Da hauts dirs Blech weg.«
Die Innenstadt von Bischofswerda machte auf Häberle einen äußerst gepflegten Eindruck. Vieles von der alten Bausubstanz war erhalten und nach der Wende offenbar mit sehr viel Liebe zum Detail restauriert worden. Das Hotel ›Engel‹ lag direkt am großen quadratischen Altmarkt, der mit seiner Einheit und Geschlossenheit eine geradezu heimelige Kleinstadtatmosphäre ausstrahlte. Dominiert wurde er vom Rathaus, dessen Bedeutung durch die breiten Treppenaufgänge und ein Türmchen unterstrichen wurde.
Häberle hatte den Audi in einer Seitenstraße abgestellt, die Formalitäten an der Rezeption erledigt und sich dann in sein Zimmer zurückgezogen. Dort entledigte er sich der verschwitzten Kleidung, holte aus dem Koffer eine kurze Turnhose, legte sich aufs Bett und atmete erst mal durch. Es war kurz vor 17 Uhr. Wenn er jetzt einschlief, würde er vermutlich erst morgen früh wieder erwachen. Deshalb stellte er die Weckfunktion seines Handys auf 18.30 Uhr. Dann rief er Susanne an, um ihr zu sagen, dass er im Hotel angekommen sei. Nachdem sie ihn gebeten hatte, bei seinem Termin heute Abend auf sich aufzupassen, sagte er ihr, dass er das wie immer ihr zuliebe tun würde und wünschte ihr noch einen schönen Abend. Dann wählte er eine Nummer, die er bereits vor der Abfahrt gespeichert und heute schon einmal angerufen hatte – das Handy eines Kollegen bei der Kriminalpolizei in Bautzen. Dieser war, nachdem ihn Häberle bereits gestern in sein Vorhaben eingeweiht hatte, von der zuständigen Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien mit Sitz in Görlitz zu der Außenstelle nach Bautzen gekommen, um den Einsatz zu koordinieren. Der Chefermittler aus dem Schwäbischen schloss die Augen, begrüßte seinen Gesprächspartner und schilderte die Situation. Hauptkommissar Lars Holler, der seine Sätze so betonte, dass Häberle jedes Mal den Eindruck hatte, gar nicht so richtig ernst genommen zu werden, war die genannte Adresse wohl bekannt. »Da treffen sich regelmäßig ein paar Verrückte«, kommentierte er. »Harmlos und dämlich. Ein paar von gestern halt.«
»Eine Bitte, Kollege«, erwiderte Häberle, der sich jetzt auf keine lange Diskussion einlassen wollte. »Keine auffällige Präsenz. Kein Zugriff ohne meine Aufforderung.«
»Und wenn es kritisch wird, bester Kollege?«, kam es zurück.
Häberle öffnete die Augen und sah zum
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