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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Stapeln der Getränkekisten innehielt.
    Pfarrer Kustermann nickte stumm.
    Nach einer halben Minute des Schweigens entschied sich Sabrina Simbach, mit in den Kirchturm zu kommen. Sergije fragte, ob er sie begleiten solle, doch sie lehnte dankend ab. Sie werde dies alleine regeln können.
    Kustermann staunte über das Selbstbewusstsein dieser Frau. Entweder hatte sie sich so gut unter Kontrolle, oder ihr ging der Verlust ihres Mannes tatsächlich nicht nahe. Der Pfarrer wusste noch nicht, für welche Variante er sich entscheiden sollte.
    Die Frau legte die Schürze ab und bat Sergije und die anderen Mitarbeiter, den Verkaufsstand aufzuräumen.
    Auf dem Weg zur Kirche, vorbei an leeren und noch immer nassen Biertischreihen, blieb sie abrupt stehen und sah dem Pfarrer in die Augen: »Was hat er denn da oben gemacht? Ich meine, jetzt, heut Nacht?«
    Kustermann überlegte, wie er es ihr erklären sollte. »Nicht heute Nacht.« Er legte väterlich eine Hand auf ihre linke Schulter. »Es muss schon gestern geschehen sein. Deshalb …« Es war nicht einfach, es ihr zu sagen. »Deshalb hätte ich Ihnen gerne den Anblick erspart. Die Hitze …«
    Ihr Gesicht war im Lichte eines Kandelabers fahl. Sie hatte seit Tagen schwer gearbeitet und die halbe Nacht bedient. »Sie wollen damit sagen, dass er schon, äh verwest ist?« Zum ersten Mal schwang in ihrer Stimme so etwas wie Entsetzen mit.
    »Nicht direkt«, erwiderte Kustermann ruhig, »aber es ist kein sehr schöner Anblick.«
    Sie gingen langsam und schweigend weiter und bogen bei den dunklen Schaufenstern eines Schuhgeschäfts in die Kirchstraße ein. Die plötzliche Stille wirkte gespenstisch. Nur vereinzelt spiegelten sich in den großen Pfützen noch die Schatten einiger heimwärts strebender Menschen. Das Wetter hatte dem ›Hock‹ nun doch ein frühzeitiges Ende beschert.
    »Und was hat er da oben gewollt?«
    »Na ja, er hat sich immer rührend um die Kirche gesorgt. Vielleicht wollte er mal wieder nachsehen, ob alles in Ordnung ist.« Dem Pfarrer fiel es schwer, eine plausible Erklärung zu finden. »Dafür sind wir ihm dankbar gewesen.«
    »Sie wissen also auch nicht, weshalb er da oben war?«
    »Nein, es war sicher einer seiner üblichen Kontrollgänge. Dr. Lutz ist der Meinung, dass es ein Herzinfarkt war.«
    Sie näherten sich unter den mächtigen Linden dem Eingang, während Kustermann seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche holte.
    »Das bedeutet, dass wir keine Polizei brauchen?«
    Er drehte sich zu ihr um. »Wieso sollten wir die Polizei brauchen? Es hat ihn doch keiner umgebracht, oder?«
    Sabrina erwiderte nichts.
     
    Sabrina Simbach hatte Leichenbestatter Leichtle gebeten, sich um die weiteren Formalitäten zu kümmern. Für ihn und seinen ebenso beleibten Sohn war es kein Problem gewesen, den in ein Tuch gewickelten Toten über die engen Treppen hinab zur Orgelempore zu tragen. Dort erst legten sie ihn in den Metallsarg, wie er für solche Fälle zur Verfügung stand. Als sie ihn durchs Nordportal zum Leichenwagen trugen, blieben zwei junge Pärchen irritiert stehen.
    Sabrina Simbach bat darum, den Tod ihres Mannes vorläufig nicht zum Stadtgespräch zu machen. »Das würde die Stimmung des Stadtfestes trüben«, erklärte sie, als die beiden Leichtles, Pfarrer Kustermann, Faller und Stumper vor dem Leichenwagen standen. »Sie müssen wissen«, fügte sie hinzu, »dass das Verhältnis zwischen ihm und mir schon lange nicht mehr so war, wie es sein sollte. Aber wahrscheinlich ist Ihnen das bekannt.«
    Alle außer Kustermann nickten.
    Leichtle senior kam einen Schritt auf sie zu. »Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich«, bot er leise an.
    »Danke.« Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. »Ich hab zum Glück Silke. Sie wird mir eine große Stütze sein. Wissen Sie …« Sabrina sah von einem zum anderen. »Er ist in letzter Zeit gekommen und gegangen, wie und wann er wollte. Auch jetzt hab ich ihn seit Donnerstag nicht mehr gesehen. Ich hab deshalb keine Ahnung, wo er sich aufgehalten hat.« Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, sich ihre Probleme von der Seele zu reden.
    Pfarrer Kustermann fühlte sich gefordert. »Vielleicht … vielleicht sollten wir uns noch ein paar Augenblicke zusammensetzen …?«
    Sabrina wusste nicht, was sie sagen sollte. Soeben hatte sie erfahren, dass ihr Mann verstorben war, doch sie spürte kein Gefühl von Trauer. Sie erschrak, dass ihre Gedanken in dieser Situation bereits in die Zukunft gerichtet waren. Sie dachte an

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