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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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denn keine Polizei?«
    Dekanin Grüner sah zuerst zu Faller und dann zu Stadtpfarrer Kustermann hinüber, der sein dünnes Haar offenbar heute noch nicht gekämmt hatte. »Für die Polizei gabs keine Veranlassung«, erklärte er. »Der Arzt hat einen natürlichen Tod attestiert und die Umstände, wie wir ihn aufgefunden haben, lassen auch kein Fremdverschulden vermuten.« Und um dies zu bekräftigen, fügte er hinzu: »Auch die Leichtles haben das so gesehen.«
    Die Dame hob kurz den rechten Zeigefinger, als wolle sie sich zu Wort melden, wartete aber nicht ab, bis es ihr erteilt wurde. »Nur eine Frage noch. Sie sagen, Herr Simbach sei vermutlich bereits vorgestern Nachmittag verstorben. Weiß man denn, was er da oben getan hat?«
    »Darüber können wir nur spekulieren, Frau Schanzel«, erwiderte Faller. »Wir wissen alle, dass er als engagiertes Mitglied unseres Arbeitskreises die handwerkliche Seite übernommen hat. Deshalb hat er mehr oder weniger regelmäßig Kontrollgänge gemacht. Sie wissen ja, welche Probleme wir mit dem Dach hatten.«
    Die anderen nickten. Vor wenigen Wochen erst war eine größere Sanierung abgeschlossen worden.
    »Hatte er denn einen Schlüssel für die Kirche?«, bohrte die Dame weiter. Die Dekanin ermunterte mit einer Kopfbewegung den Stadtpfarrer zu einer Erklärung. »Nein«, erklärte er. »Er hatte keinen Schlüssel. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir alle beschlossen haben, Schlüssel nur an Mitglieder unseres Gremiums zu vergeben.« Er überlegte einen kurzen Moment. »Als einziges Mitglied des Arbeitskreises hat Herr Korfus einen Schlüssel – er ist ja sozusagen das Bindeglied.«
    »Und wie ist er am Donnerstagnachmittag reingekommen? War die Tür offen?«, fragte der ältere Mann irritiert.
    Faller antwortete ihm direkt: »Natürlich. Frau Gunzenhauser war da und Herr Stumper hat wie üblich Orgel gespielt.« Er hielt inne, entschied sich dann aber für eine klare Aussage: »Und ich war auch dort – bei Stumper. An der Orgel.«
    Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. »Sie auch?«, staunte Ursula Schanzel, die Dame mit dem Pagenschnitt, als sei ihm die Anwesenheit in der Kirche verboten gewesen.
    Im Gesicht der Dekanin zuckte ein Muskel. »Aber niemand hat Herrn Simbach kommen sehen«, stellte sie sachlich fest. Wäre es anders gewesen, daran hatte sie gar keinen Zweifel, hätte man es ihr längst berichtet. Ihre Autorität war groß genug, dass es niemand wagen würde, ihr das zu verschweigen.
    »Niemand hat ihn gesehen, nein«, bestätigte Faller und spürte einen Kloß im Hals.
    Die zweite Dame wurde hellhörig. »Ach, das wissen Sie so genau?« Die vorwurfsvolle Frage ließ Faller zusammenzucken. »Die Frau Gunzenhauser hat ihn also auch nicht gesehen?«
    Faller zuckte mit den Schultern. »Ich geh mal davon aus. Gesagt hat sie jedenfalls nichts.«
    Die Dekanin, für ihre schlagfertige und bisweilen auch polternde Art bekannt, wollte es genau wissen: »Aber rein theoretisch wäre es denkbar, dass Herr Simbach unbemerkt in den Turm gekommen sein könnte?«
    Wieder zuckte Faller mit den Schultern. »Natürlich. Die Kirche ist dunkel, Frau Gunzenhauser ist mehrmals rausgegangen, um Blumen zu holen, und Stumper hat sich auf seine Orgel konzentriert. Und ich bin nur kurz da gewesen, um mit ihm etwas zu besprechen.«
    Die Dekanin fuhr dazwischen: »Darf man erfahren, was?«
    »Natürlich darf man das«, sagte er süffisant und wusste, dass sie solche Bemerkungen hasste. »Ich wollte seine Meinung zu Korfus und Simbach hören.«
    Die anderen im Raum warteten gespannt auf die Reaktion der Dekanin, die sich mit beiden Händen fest an die Armlehnen ihres Stuhles klammerte.
    »Korfus«, wiederholte sie, »ich würde mir nur eines wünschen, dass wir die ganze Sache so schnell wie möglich bereinigen und auch die Aufgaben neu verteilen. Was jetzt wohl ohnehin notwendig sein wird.«
    Der ältere Herr, der sich kräftig in ein großes Stofftaschentuch schnäuzte und umständlich die Nase sauber rieb, griff die Feststellung der Dekanin auf. »Für mich stellt sich schon die Frage, was Simbach da oben gesucht hat. Wenn ichs richtig weiß, dann hat doch Herr Korfus die Verantwortung für den Glockenstuhl übernommen.«
    Jetzt fühlte sich der Stadtpfarrer angesprochen. »Stimmt. Sie selbst …« Er meinte damit das Gremium, »Sie selbst haben ihn zum Glockenbeauftragten gewählt. Herr Korfus nimmt diese Aufgabe übrigens auch sehr ernst. Das kann ich bestätigen. Wenn er es irgendwie

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