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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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vereinbarten Treffpunkt möglichst lange hinauszögern. An seinem Handy, das in der Freisprecheinrichtung steckte, hatte er auf die mittlere Taste, die Fünf, den Notruf 110 als Schnellwahl programmiert. Notfalls brauchte er nur draufzudrücken und er wäre augenblicklich mit der Polizei verbunden. Ein schwacher Trost, durchzuckte es ihn. Bis eine Streife hier oben sein würde, konnte er längst tot sein.
    Die Scheinwerfer pflügten sich durch die Nacht, dünne Äste streiften am Lack entlang. Faller behielt die Umgebung im Auge, links die Felder und den weiter entfernt gelegenen Wald, hinter dem das gelbe Scheinwerferlicht des Ostlandkreuzes den schwarzen Himmel erhellte. Er versuchte, sich das Wegenetz hier oben einzuprägen. Vom Parkplatz beim Geiselsteinhaus gab es zwei, drei Möglichkeiten, wieder zur Landstraße zurückzukommen. Notfalls, wenn es brenzlig würde und er flüchten musste, würde er auch einen Wiesenweg nehmen.
    Als er nur noch 100 Meter vom Parkplatz entfernt war, schaltete er das grelle Xenon-Fernlicht ein, das die Umgebung in Flutlicht tauchte. Doch es gab nichts, was auf die Anwesenheit einer Person hindeuten würde. Fallers Blick streifte die digitale Uhr im Armaturenbrett. 23.59 Uhr. Er war pünktlich. Aber wo, verdammt noch mal, waren die anderen? Oder würde es nur einer sein?
    Der Wagen rollte langsam aus. Noch suchte Faller mit zusammengekniffenen Augen die Landschaft ab, trat wieder sanft aufs Gaspedal, um einen Kreis zu fahren und somit das Gelände nach allen Seiten ausleuchten zu können. Nichts. Er stellte den Wagen in die Mitte des Parkplatzes, sodass er zwei Fluchtwege in Richtung Landstraße erreichen konnte. Den Motor ließ er laufen, das Abblendlicht angeschaltet.
    Um Mitternacht geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte.

22
     
    Häberle hatte die meisten Kollegen der Sonderkommission nach Hause geschickt. Linkohr stellte fest, dass die Mannschaft bereits viele Fakten und Daten zusammengetragen hatte – insbesondere Details zur Arbeit des Kirchengemeinderats und zum Auffinden der Leichen. Häberle schlug dem jungen Kollegen vor, noch ein Weizenbier zu trinken, das sich im Kühlschrank des Aufenthaltsraums fand. Sie setzten sich auf der dortigen Eckbank gegenüber und prosteten sich zu. »Wenn alles getan ist, darf man sich ein Bierchen gönnen«, meinte Häberle und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund. »Und heut haben wir eine ganze Menge getan.«
    »Aber so richtig weitergekommen sind wir nicht.«
    »Trotzdem wissen wir einiges. Da treffen sich zwei Ossis – und anstatt sich über das Wiedersehen zu freuen, scheinen sie an alten Dingen zu knabbern, über die keiner so richtig reden will.«
    »Unsere Kollegen haben ihre Fühler bereits nach Ossiland ausgestreckt«, stellte Linkohr fest. Er hatte gelesen, dass entsprechende Telefonate mit sächsischen Dienststellen geführt wurden.
    »Wir werden morgen noch einigen Herrschaften auf den Zahn fühlen. Diesen Stumper will ich mir mal genauer ansehen – diesen Orgler. Er war doch beim Auffinden der Leiche dabei.«
    »Auch den Herrn Gunzenhauser sollten wir mal über die Arbeitsgewohnheiten seiner Frau befragen. Wir gehen zwar davon aus, dass sie eher zufällig in die Sache reingeraten ist – aber niemand gibt uns die Gewissheit.«
    »Na ja. Das alte Weible wird sich ja wohl kaum mit den Ossis angelegt haben.«
    Linkohr zuckte mit den Schultern. »Sie wissen selbst, es gibt die verrücktesten Dinge.«
    »Wichtiger scheint mir der Czarnitz«, erklärte Häberle. »Der scheint ein Geschäftemacher gewesen zu sein. Zumindest hör ich das aus allem so raus.«
    »Und was halten Sie von Korfus?«
    »Der Bursche ist schwer einzuschätzen. Aalglatt. Haben Sie bemerkt, wie eingeschüchtert seine hübsche Frau rumgesessen ist?«
    »Kein Wort hat sie gesagt«, bestätigte Linkohr.
    »Dafür hat sie Sie mit ihrem Kleidchen ganz schön abgelenkt.«
    Der junge Kollege schaute verlegen. »Aber jetzt dürfen Sie mir nicht unterstellen, ich hätt etwas verpasst.« Er nahm ebenfalls einen Schluck.
    »Ach – was. Ich bin sicher, Ihnen geht dasselbe durch den Kopf wie mir.«
    Linkohr stutzte. Meist behielt der Chefermittler seine ersten Ideen für sich, um die weiteren Recherchen nicht allzu früh nur in eine bestimmte Richtung zu lenken. Doch jetzt schien er das Ergebnis seiner legendären Kombinationsgabe ziemlich bald preiszugeben. »Wenn Sie mich so fragen, na ja, man könnte fast den Eindruck gewinnen, der Mord im

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