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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Weise genügend Höhe für den folgenden Anstieg zur Hochfläche der Schwäbischen Alb zu gewinnen. Der Brunnensteig war nur 200 Meter vom Altstadtkern entfernt und lag abgeschieden im Ausläufer eines engen Geländeeinschnitts, in dem sich im Laufe der Zeit einige Menschen angesiedelt hatten, die die steil aufragenden, vor allem aber Schatten werfenden Hänge der Alb nicht fürchteten. Während knapp unterhalb des Waldrandes eine Villa im kühlen Betonstil der 60er-Jahre am Berg stand, bewohnten Korfus und seine Ehefrau eines der eher unauffälligen Häuser im Talgrund direkt am Bahndamm.
    Kaum hatte Häberle geklingelt, stand ein kräftiger Mann mit unrasiertem, blassen Gesicht vor den beiden Kriminalisten. Er war nach Linkohrs Anruf zwar auf den späten Besuch vorbereitet gewesen, deshalb aber keineswegs freundlicher. »Kommen Sie rein«, murmelte er, während droben auf dem Bahndamm die Räder eines scheppernden Güterzugs in der engen Gleiskurve quietschten. Ein kalter Fahrtwind war zu spüren.
    Häberle und Linkohr folgten dem Mann durch einen schmalen, schlecht beleuchteten Flur, an dessen Ende sich vor einer geöffneten Tür die Silhouette einer zierlichen Frau abzeichnete, die ein recht kurzes und ärmelloses Kleidchen trug. Die beiden Kriminalisten schüttelten ihr die Hand, während Korfus, ohne sie vorzustellen, in den Raum eilte, der offenbar ein provisorisches Büro darstellte. Er schob ein Laptop beiseite, legte Schnellhefter übereinander und stellte sein nahezu leeres Weizenbierglas an die Oberkante des Tisches, an dem die Kriminalisten auf hölzernen Stühlen Platz nahmen. Eine grelle Leuchtstoffröhre erhellte den Raum, der an zwei Seiten von prall mit Aktenordnern und Zeitschriftenstapeln beladenen Regalwänden umgeben war.
    »Machen wirs kurz.« Seine Frau, die um die vierzig und hübsch anzusehen war, wie Linkohr insgeheim dachte, zupfte wie ein Teenager verlegen am Saum ihres bunten Kleidchens und ließ sich auf einem Hocker nieder und schlug die nackten Beine übereinander, was den jungen Kriminalisten wiederum ein wenig irritierte.
    »Wir bemühen uns, die Fragen so schnell wie möglich loszuwerden. Mein Kollege hat Ihnen am Telefon bereits gesagt, worum es geht?«
    »Simbach, ja«, unterbrach Korfus sächselnd, um so schnell wie möglich zur Sache zu kommen. »Sie wollen wissen, was ich mit ihm zu tun hatte. Klar – die Sache im Martin-Luther-Haus. Dass es zwischen uns gekriselt hat, ist kein Geheimnis. Aber unser Streit wär nie so weit gegangen, dass wir uns gegenseitig umgebracht hätten – falls Sie das denken.«
    »Ich kann Sie beruhigen, so denken wir nicht. Wir wollen nur mit allen Beteiligten reden.«
    Korfus’ Frau verfolgte das Gespräch interessiert.
    »Simbach war ein Stichler«, fuhr er fort. »Alte Geschichten. Weibergeschichten – er hat sie immer wieder aufgekocht. Vor allem, wenn er Alkohol getrunken hatte. Dann gab ein Wort das andere, tja, und dann ist das eskaliert.«
    »Mit einem Faustschlag«, ergänzte Häberle sachlich.
    »Ja, ich hab ihm eene in die Fresse geknallt.«
    »Was ja unter zivilisierten Mitteleuropäern nicht gerade üblich ist«, meinte der Chefermittler und sah in das regungslose Gesicht der hellblonden Frau.
    »Da stimme ich Ihnen zu. Aber wahrscheinlich wissen Sie selbst, dass so was in den feinsten Kreisen vorkommt.«
    »Trotzdem würden wir gerne mehr über das Verhältnis von Ihnen beiden wissen. Sie engagieren sich in der Kirche, wie er das auch getan hat?«
    Korfus nickte und spielte mit seinen Fingern, an denen schwarze Rückstände von Öl zu sehen waren, am Kabel des Laptops. »Wir haben beide vor der Wende in der DDR eine … ja, sagen wir mal, eine Entwicklung durchgemacht. Als das mit den Montagsgebeten immer mehr und immer mehr wurde – da war klar, dass sich etwas bewegen würde. Entweder eine große Katastrophe, ein Blutbad – woran ich aber nach dem Verhalten der Sowjetunion und des ganzen Ostblocks nicht glauben wollte –, ja, oder der Ausverkauf der DDR, wenn man es so nennen will.«
    »Sie sagen, Sie hätten eine Entwicklung durchgemacht?« Häberle hatte die Zwischentöne verstanden.
    »Na ja, sag’n wir mal so: Wenn sie in diesem System aufgewachsen und erzogen worden sind, haben Sie nichts anderes kennengelernt. Wir waren sozusagen die Guten und ihr da drüben die Feinde.«
    Linkohr sah in das traurige Gesicht der jungen Frau, die müde und gestresst wirkte.
    »Darf ich fragen, was Sie vor der Wende drüben gemacht

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