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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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seines Alters – Linkohr schätzte ihn auf über siebzig – in solchen Fällen ereilen konnte. Der Mann saß in sich zusammengesunken da, legte das Kinn in die Hände, deren Ellbogen er auf den Oberschenkeln abstützte. Ein Häufchen Elend, dachte der Kripobeamte und wusste nicht, wie er beginnen sollte. Weil Gunzenhauser mit den Tränen kämpfte, versuchte er ruhig auf ihn einzureden, ganz so, wie Häberle es in solchen Momenten auch tat. »Ich weiß, es ist nicht einfach für Sie, darüber zu reden«, begann er. »Aber ich kann Ihnen ein paar Fragen nicht ersparen – denn wir wollen doch beide dasselbe, nämlich den Täter all dieser schrecklichen Verbrechen fassen.« Linkohr wandte den Blick von ihm und entdeckte in einer Ecke des Zimmers ein schräg abgehängtes Kreuz. Für einen Moment durchzuckte ihn die Frage, wie dieser fromme Mann es wohl verkraften würde, dass Gott ihm ein solches Schicksal aufgebürdet hat.
    »Machet Se nur«, entgegnete Gunzenhauser. Ihm wäre es sichtlich peinlich gewesen, Tränen zu zeigen.
    »Sie haben meinen Kollegen bereits geschildert, was Ihre Frau und Sie in der Kirche getan haben. Uns würde aber jetzt interessieren, wie gut Sie Herrn Simbach und Herrn Czarnitz gekannt haben. Und was Sie über die beiden wissen.«
    Gunzenhauser lehnte sich zurück, sodass der Gürtel seinen Bauch fest zusammenpresste. »Den Czarnitz kenn ich überhaupt nicht – und ich bin sicher, auch Maria hat ihn nicht kannt«, erklärte er und versuchte Hochdeutsch zu reden, was in Gegenwart Linkohrs gar nicht nötig gewesen wäre.
    »Und Simbach?«
    »Den natürlich, klar. Aber – ich sags Ihne im Vertraue …« Er senkte seine Stimme, als habe er Angst, im eigenen Hause belauscht zu werden. »So ganz geheur isch mir der nie vorkomme.«
    Linkohr hob neugierig die Augenbrauen, ohne etwas zu erwidern.
    »Der ond Korfus, die hent sich net rieche könne.«
    Weil der Mann erneut zögerte, ermunterte ihn Linkohr mit verständnisvollen Bemerkungen: »Dass die beiden sich nicht gemocht haben, wissen wir inzwischen auch. Bisher konnte uns aber niemand sagen, weshalb. War es geschäftlich – oder privat? Oder was hat man sonst so gehört?«
    »Keiner hat drüber gschwätzt«, beharrte Gunzenhauser. »Keiner. Oder man hat nur gmunkelt.«
    »Und was hat man gemunkelt?«
    »Alte DDR-Zeiten. I glaub, vieles, was da passiert isch, werdet mir nie erfahre.«
    »Und was könnte da passiert sein?«
    Gunzenhauser zuckte mit den Schultern und verfiel wieder in Schweigen. Die beiden Männer sahen sich einigermaßen ratlos an, bis Linkohr wieder die Initiative ergriff: »Aber vielleicht hat doch mal jemand eine Bemerkung gemacht. Oder man hat beiläufig über etwas gesprochen. Jede Kleinigkeit könnte für uns interessant sein.«
    »Gschwätzt wird viel«, wiederholte er nachdenklich. »Aber jetzt, wo Maria tot isch, isch mir auch alles egal.«
    Linkohr überlegte, wie diese Bemerkung zu deuten war. Er sah seinem Gegenüber aufmunternd ins Gesicht.
    »Jemand hat mal gsagt«, fuhr Gunzenhauser schließlich fort, »die beide ginget über Leicha.«
    »Wer? Simbach und Korfus?«
    Gunzenhauser nickte. »Die hättet des en dr DDR net bloß einmal gmacht«, flüsterte der Mann jetzt und fügte hinzu: »So sagt man halt.«
    Der Kriminalist spürte plötzlich eine innere Unruhe. Wenn stimmte, was Gunzenhauser vom Hörensagen wusste, dann bekam der Fall eine ganz andere Dimension. Ehe Linkohr eine Frage stellen konnte, wollte der Mann noch etwas loswerden: »Ich bin mir sicher«, versuchte er es jetzt wieder auf Hochdeutsch, »die beide habn einige Menschen aufm Gwissen. Und dies mit staatlicher Unterstützung.«
    Linkohr kam schlagartig jener Filmagent ins Gedächtnis, der angeblich eine Lizenz zum Töten hatte.
    Simbach und Korfus killende Agenten? Er musste mit Häberle reden.
     
    »Na gut«, fing sich Sabrina Simbach. Sie konnte sich ausrechnen, dass Häberle über all ihre Telefonate Bescheid wusste.
    »Ich glaub, es ist besser, wenn Sie mir alles erzählen.«
    »Ja, wir haben öfters miteinander telefoniert – Herr Korfus und ich. Er hat mich immer wieder auf dem Handy angerufen – und ich ihn auch.« Sie ließ die Blätter eines Schnellhefters durch Zeigefinger und Daumen der rechten Hand gleiten, immer wieder. »Sie werden mich jetzt als Lügnerin ansehen und Ihre Schlüsse draus ziehen.«
    »Es gibt Situationen, in denen man etwas sagt, das man später so nicht mehr sagen würde«, kam ihr Häberle entgegen. »Denn

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