Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
wär längst mal wieder fällig. Und Maggy ist sicher nicht so kleinlich, wie unser guter Bruhn das war.« Das war zwar nur eine Vermutung, aber jetzt bot sich die Gelegenheit, einmal auszutesten, wie ernst es die Chefin mit ihrem Versprechen nahm, den allgegenwärtigen Bürokratismus eindämmen zu wollen.
    Häberle hatte Linkohr vorgeschlagen, den Ehemann der Mesnerin aufzusuchen, während er selbst einen Überraschungsbesuch bei Sabrina Simbach machen wollte, ohne vorher anzurufen.
    Häberle parkte den Dienst-Audi eine Fabrikhallenlänge vor der Getränkehandlung und ging zu Fuß zum Eingang. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass es halb eins war und Frau Simbach möglicherweise gerade Mittagspause machte. Doch die Eingangstür ließ sich öffnen und innen erhellten Leuchtstoffröhren die Reihen aufgestapelter Getränkekisten. Er blieb vor der jungen Kassiererin stehen, hinter deren Platz zwei Dutzend Kunden darauf warteten, den Inhalt ihrer Einkaufswagen bezahlen zu können. »Entschuldigen Sie, ich such die Frau Simbach«, sagte er und bekam eine entnervt klingende Antwort: »Ist hinten.« Das Mädchen deutete ohne aufzublicken mit einer Kopfbewegung an, was sie meinte. Häberle wusste Bescheid, verschwand in der zweiten Gasse, die beidseitig mit Kisten gebildet wurde, und traf vor Paletten und Plastikeimern auf einen großen jungen, stoppelhaarigen Mann, der gerade ein neues Preisschild malte. Er grüßte ihn und erreichte mit wenigen Schritten die Bürotür, die einen Spalt weit offen stand. Häberle klopfte, drückte sie vollends auf und blickte in das überraschte Gesicht von Frau Simbach. Sie hatte gerade telefonieren wollen, legte jedoch den Hörer sofort wieder auf. Häberle entschuldigte sich, schüttelte ihr die Hand und setzte sich unaufgefordert. »Ich halt Sie bestimmt nicht lange auf«, versprach er, während Sabrina Simbach einen Schnellhefter schloss und sich auf ihrem Bürostuhl zu dem Besucher drehte. »Kein Problem«, meinte sie leicht unterkühlt.
    »Sie werden verstehen, dass wir ein weites Umfeld abchecken müssen«, begann Häberle und besah sich beiläufig ein Werbeplakat der örtlichen Adler-Brauerei mit dem Slogan: ›Ein Bier zieht seine Kreise‹. Sabrina schob die Papierberge weiter von sich weg, um wenigstens einen Ellbogen auf der Schreibtischplatte abstützen zu können. Der Flachbildschirm ragte irgendwo dazwischen auf.
    »Ihr Schwager Anton Simbach …«, erklärte Häberle ruhig und wurde sofort unterbrochen: »Anton«, fiel ihm Sabrina ins Wort. »Erwarten Sie jetzt bitte nicht, dass ich in Entzücken ausbreche.«
    »Ich erwarte gar nichts«, blieb der Chefermittler gelassen und entsann sich, dass sie ihn bereits im ersten Gespräch als ›Ekel‹ tituliert hatte. »Verwandtschaftliche Beziehungen interessieren mich nicht, sofern sie für die Ermittlungen keine Rolle spielen.« Er wollte vorläufig nicht tiefer einsteigen. Allein der giftige Tonfall und diese kurze Bemerkung reichten ihm, sich ein Bild zu verschaffen. »Mich würde nur interessieren, welche Kontakte Ihr Schwager hierher hat.«
    »Fragen Sie ihn doch selbst. Ich hab Ihnen seine Adresse doch bereits gegeben.«
    »Ich hätt es gerne zunächst mal von Ihnen gehört. Hatte er denn persönliche oder – sagen wir mal – geschäftliche Beziehungen in unsere Gegend?«
    »Ich weiß es nicht. Jedenfalls keine, an die ich mich entsinne. Er hat gelegentlich bei uns angerufen, dann aber nur mit Alexander gesprochen. Wenn ich am Apparat war, hat er sofort meinen Mann verlangt. Um ehrlich zu sein, ich hätt auch gar nicht gewusst, was ich mit ihm hätt reden sollen.«
    »Und Ihr Mann – worüber hat er sich mit ihm unterhalten?«
    »Er ist dann meist rausgegangen. Ich hab nur einige Male mitgekriegt, dass es oft um frühere Zeiten gegangen ist: um irgendwelche Freunde, die mit den heutigen politischen Verhältnissen nicht zurechtkämen. Wissen Sie, mich hat das überhaupt nicht interessiert.«
    »Ihr Mann hatte wohl ebenfalls Probleme, sich zurechtzufinden?«
    »Ich glaub, das hatten sie alle«, meinte Sabrina. »Alle, die unter diesem Regime aufgewachsen sind. Die jetzt nachfolgende Generation natürlich nicht mehr. Aber den Älteren kann man es ja auch nicht verdenken – sie haben doch nie etwas anderes kennengelernt.«
    Häberle nickte verständnisvoll. »Was zusammengehört, muss zusammenwachsen – aber allein schon der Begriff wachsen macht deutlich, dass alles seine Zeit braucht.«
    Sabrina wollte dazu nichts sagen,

Weitere Kostenlose Bücher