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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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als stramme Funktionäre ausweisen. Alexander Simbach wird anfangs als zuverlässig und loyal bezeichnet, dann jedoch, ab Anfang 89 als latent gefährdet und zunehmend als politisch unberechenbar eingestuft. Er hat sich dann wohl zu dem entwickelt, was man später als Wendehals bezeichnete.« Der Redner blätterte weiter. »Czarnitz wird von Holzapfel durchweg positiv geschildert. Offenbar hat er sogar mal einen Orden gekriegt, weil er einen Fluchthelfer aus Berlin hat auffliegen lassen. Der Betroffene bekam fünf Jahre Bautzen aufgebrummt. Hat das abgesessen von 1983 bis 1988.«
    Die Kollegen konnten sich vorstellen, was dies zu DDR-Zeiten bedeutete. Bautzen II, genau genommen. Jener Teil des Gefängnisses, in dem die Staatsfeinde untergebracht waren und dessen Existenz die DDR-Führung bis zuletzt bestritten hatte.
    »Und dann noch zu Korfus«, machte der Referent weiter. »Er muss gegen Mitte der 80er-Jahre einen vertrauensvollen Job gekriegt haben. Holzapfel hielt ihn dafür geeignet, sowohl was seine psychische und physische Stabilität anbelangt, als auch durch seine innere Einstellung zur Deutschen Demokratischen Republik und durch seine toleranzlose Autorität. Zitat Ende. Dann noch eine spätere Bemerkung – ich zitiere: Er hat die Aufgabe ohne Emotionen ausgeführt. Zitat Ende. Leider schweigt sich Holzapfel über die Art der Aufgabe aus.«
    »Was Rechtes kanns ja nicht gewesen sein«, kommentierte Fludium aus dem Hintergrund.
    »Aber vielleicht etwas, das ihm jetzt das Leben kostet. Die Schatten der Vergangenheit holen ihn ein«, überlegte Häberle. »Noch was?«
    »Noch was, ja«, erwiderte der Kriminalist stolz. »Wir haben dieses Hohenschönhausen abgecheckt. Und wenn man jetzt all dies, was dieser Holzapfel notiert hat, im Hinterkopf behält, dann erscheint das, was ich euch jetzt berichte, in einem interessanten Licht.« Der Redner legte den Schnellhefter beiseite und griff nach zwei losen Blättern, die auf seinem Schreibtisch lagen. »Hohenschönhausen«, begann er, »das weiß in der Ex-DDR jedes Kind. Nur wir Wessis tun uns manchmal schwer damit. Hohenschönhausen war das berühmt-berüchtigte Stasi-Untersuchungsgefängnis. Am Nord-rand von Berlin. Ist heute ein Dokumentationszentrum. Zum Leidwesen übrigens der alten Stasiseilschaften, die inzwischen heftig dagegen wettern.«
    Klar, fuhr es Häberle durch den Kopf. Natürlich hatte er schon davon gehört.
    »Das Beste zum Schluss«, meldete sich ein junger Kollege, der zum ersten Mal in einer Sonderkommission mit Häberle zusammenarbeitete. »Die Geodaten von Simbachs Handy sind auch gekommen.«
    Häberle lehnte sich gegen den Rahmen der Tür und zwinkerte Linkohr zu.
    »Das Handy war zum Zeitpunkt des Gesprächs am Dienstagnachmittag hier in Geislingen eingeloggt – und zwar bei einem Sender, der auf einem der Hochhäuser am westlichen Stadtrand steht. Richtung Industriegebiet Neuwiesen.«
     
    Jetzt war erst mal Korfus fällig. Häberle hatte sich vorgenommen, ihn trotz der frühen Morgenstunde daheim aufzusuchen. Der Chefermittler war davon überzeugt, dass Korfus nicht das arme Opfer eines Mordanschlags war, sondern sehr wohl ahnen konnte, wer ihn und seine Frau beseitigen wollte. Häberle ließ in der Wohnung des Ehepaars anrufen, um seinen Besuch anzukündigen.
    Ein paar Minuten später saß er bereits den Eheleuten gegenüber. Die beiden waren blass und müde und hatten auf den ungemütlichen Holzstühlen des provisorischen Büros Platz genommen. Korfus wirkte noch unrasierter als sonst und hatte ein halbärmliges weißes T-Shirt übergezogen und sich in eine helle Hose gezwängt. Liliane hingegen erinnerte Häberle mit ihrem kurzen Hauskleid an einen Teenager, der eine lange Diskonacht hinter sich hatte.
    »Ich kann verstehn, dass Sie noch mal kommen«, gab sich Korfus kooperativ. »Aber Sie müssen entschuldigen, dass wir noch immer unter einem gewissen Schock stehen.«
    »Aber selbstverständlich«, entgegnete Häberle ruhig. »Ich werde Sie auch nicht länger als notwendig belästigen. Aber es haben sich heut früh glücklicherweise schon einige Erkenntnisse ergeben, die ich … na, sagen wir mal … gesprächsweise mit Ihnen durchgehen möchte.«
    Liliane Korfus holte Luft. »Aber wir haben Ihnen doch schon alles gesagt.«
    »Davon geh ich aus. Aber wir Kriminalisten wollen es halt immer genau wissen.«
    Korfus spielte mit seinen Fingern, die schwarze, ölhaltige Spuren aufwiesen. »Ich werde Ihnen jede Frage beantworten.«
    »Dann

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