Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
hingen herunter, doch die Hände hatte er so fest zu Fäusten geballt, dass sich die Nägel bestimmt in sein Fleisch bohrten.
Michael zuckte die Achseln. »Ich will, dass Cass am Leben bleibt. Geld spielt keine Rolle. Nur sie ist wichtig. Wenn sie weiter so in den Barrows herumbohrt …«
Flynns Körper lockerte sich etwas, als auch er seine Selbstbeherrschung wiederfand. Der Cop mit dem scharfen Blick kehrte zurück. »Dann kauft man mit Geld also Leben. Kinderleben.« Seine Stimme reduzierte die Worte zur nackten Wahrheit.
Michael nickte. »Wie überall anders auch haben Habsucht und Perversion große Macht in den Barrows.«
Plötzlich zuckte ein Ausdruck über Flynns Gesicht, der seinen ganzen Gewissenskonflikt offenbarte. Zum einen war er der Bruder, der seine Schwester um jeden Preis zurückhaben wollte; zum anderen der Cop, der niemandem etwas schuldig sein wollte, besonders keinem Kriminellen wie Michael. Der Bruder gewann. »Ich werde es Ihnen nie zurückzahlen können; nicht so eine hohe Summe.«
Flynn hatte größeres Vertrauen zu Michaels Geld als zu mir. Das kam zwar nicht überraschend, tat aber trotzdem weh. Ich verbarg es hinter einem Schnauben und den warnenden Worten: »Er tut es nicht für dich, Flynn.«
Flynn musste wohl den Schmerz und den Zorn in meiner Stimme gehört haben. Kannte er mich bereits so gut? »Nein, er tut es für dich. Cass, was haben wir die letzten zwei Tage getan? Wir haben ein Obdachlosenheim aufgesucht und ein paar Bastinados verprügelt. Sind wir unserem Ziel, sie zu finden, damit näher gekommen?«
Ich sprach leise, obwohl ich innerlich ganz aufgewühlt war. »Zehn Jahre. Zehn Jahre habe ich in den Barrows das Unterste zuoberst gekehrt und …« Aber mit Worten würde ich ihn nie überzeugen. Ich setzte mich Richtung Tür in Bewegung. »Okay, Flynn, du und Michael, ihr könnt diese verfluchte Jagd jetzt allein machen und zur Hölle gehen.«
Flynn streckte die Hand nach mir aus, aber ich wich ihm aus.
Bei Michael gelang mir das nicht. Er packte meine Schultern.
Ich knurrte wie ein angegriffener Hund. Ich konnte mich seinem festen Griff nicht entziehen.
»Hör mir zu.« Michael schüttelte mich leicht, wie es wohl Eltern tun würden, um einem Kind ihren Willen aufzuzwingen.
Mit einem Ruck zog ich das Knie hoch, um ihm die Eier zu zerquetschen. Aber er sprang zurück und ließ mich los, sodass ich ihn verfehlte.
Flynn trat zwischen uns. »Hör auf, Cass. Bitte.« Er streckte die Hände aus, ohne mich jedoch zu berühren. Sein besorgter Blick und das ernste Gesicht zeigten seine ganze Verzweiflung … innerlich so zerrissen, so unsicher, was er als Nächstes tun sollte.
»Du kennst die Barrows nicht, Flynn. Du kennst mich nicht. Aber trotzdem hast du beschlossen, mich für unfähig zu halten und zu meinen, dass irgend so ein reiches Arschloch die bessere Wahl wäre.« Ich sah Michael direkt in die Augen. Ich legte den Kopf schräg und ließ so viel Abscheu in meiner Stimme mitschwingen, wie ich konnte. »Du hast meine Jagd gekauft. Aber mehr wirst du nicht bekommen.«
Michael wandte den Blick ab.
Im Laufe der Jahre hatte ich so viel gesehen. Ich war allein gewesen, immer allein. Wie schmerzhaft es auch für mich sein mochte, aber ich verstand Flynns Glaube ans Geld … eine reale und greifbare Macht. Mich kannte er kaum. Offensichtlich spielte das, was wir letzte Nacht miteinander geteilt hatten, keine Rolle. Das war nichts Neues. Männer empfanden immer so, wenn sie mich besser kennenlernten; aber dieses Mal fühlte es sich so anders an. Ich hatte gehofft …
»Ich habe Vertrauen zu dir, Cass«, sagte Michael vom anderen Ende des Raums. In seiner Stimme war ein Flehen. »Ich habe gesehen, was du kannst. Aber dieser dunkle Mond … die Zeit läuft uns davon.« Er kam näher, achtete aber darauf, dass Flynn weiterhin zwischen uns stand. »Lass mich das machen, was ich gesagt habe, und deine Kinder ausfindig machen.«
»Habe ich eine andere Wahl?«
»Nein. Und wie wütend du auch darüber sein magst – ich werde das durchziehen. Sag mir, was du vorhast. Willst du Flynn etwa irgendwann mal nachts in die Barrows führen, ›Überraschung‹ rufen und hoffen, dass ihn nichts auffrisst? Er trägt eine Waffe. Ist sie auch mit Bronzekugeln geladen? Kannst du auf ihn und dich aufpassen?« Er warf einen Blick auf Flynn. »Hat er je gesehen, was da lebt?«
Es war mir zuwider, aber er hatte recht. Vielleicht hatte ich einiges absichtlich zurückgehalten. Flynn hatte
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