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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Foto von ihm neben einem Mädchen, dessen Gesicht ausgekratzt war.
    Landry drehte das Foto um und betrachtete die Rückseite. Die erste Zeile der Widmung war mit einem Kugelschreiber so wütend durchgestrichen worden, dass sich Rillen ins Papier gedrückt hatten, aber so nachlässig, dass man es immer noch lesen konnte.
    Für Erin . In Liebe , Don .

30
    »Er muss runder werden, weicher in den Übergängen.«
    Van Zandt hatte den Wagen an der Straße geparkt – einen dunkelblauen Chevy, nicht den Mercedes –, stand am Zaun und beobachtete mich. Bei seinem Anblick hob sich mein Magen. Ich hatte gehofft, ihn als Nächstes – wenn nicht in den Nachrichten, verhaftet von der Polizei – im Reiterzentrum mitten unter vielen Menschen zu sehen.
    Er kletterte vorsichtig über die breite Einzäunung und kam auf die Reitbahn zu, die Augen hinter der verspiegelten Sonnenbrille verborgen, sein Gesichtsausdruck nichtssagend und ruhig. Ich fand, er sah immer noch krank aus. Brachte das Morden seine Körperfunktionen durcheinander oder war es die Gefahr, erwischt zu werden? Oder vielleicht lag es daran, dass da noch ein loses Ende baumelte. Ich.
    Ich schaute zum Parkplatz neben dem Stall. Irinas Auto war weg. Sie musste fortgefahren sein, während ich in die Dressurübungen vertieft gewesen war.
    Von Sean hatte ich noch nichts gesehen. Wenn er von seinen nächtlichen Vergnügungen überhaupt nach Hause gekommen war, schien er beschlossen zu haben, lange zu schlafen.
    »Sie müssen lockerer im Rücken sein, damit das Pferd lockerer im Rücken ist«, sagte Van Zandt.
    Ich fragte mich, ob er Bescheid wusste, und ahnte in einer fatalistischen Ecke meiner Seele, dass er es wusste. Die Möglichkeiten schossen mir durch die Kopf, wie sie es die ganze Zeit seit meinem Bockmist im Stadthaus getan hatten: Er hatte das Rezept gefunden und meinen Namen aus Sidelines erkannt, oder Lorinda Carlton hatte den Namen erkannt. Die Zeitschrift konnte irgendwo im Haus rumgelegen haben. Vielleicht hatten sie sich das Foto zusammen angeschaut. Van Zandt konnte das Pferd erkannt haben oder mein Profil und hatte das Puzzle durch die Erwähnung von Seans Reitstall möglicherweise zusammengesetzt. Vielleicht hatte er die Jacke und das Rezept gefunden, hatte angenommen, Elena Estes sei eine Polizistin, die das Haus durchsucht hatte, während er von Landry verhört wurde, hatte seinen Anwalt angerufen, um den Namen zu überprüfen. Shapiro hätte meinen Namen sofort erkannt.
    Wie Van Zandt es rausgefunden hatte, spielte letztlich keine Rolle. Es kam nur darauf an, was er deswegen unternehmen würde. Wenn er wusste, dass ich Samstagabend in seinem Haus gewesen war, wusste er auch, dass ich das blutige Hemd gesehen hatte. Ich wünschte mir jetzt, das Ding behalten und mich den Teufel um die Zulässigkeitskonsequenzen geschert zu haben. Wenigstens säße er jetzt erst mal im Gefängnis, und ich wäre nicht allein mit einem Mann, den ich für einen Mörder hielt.
    »Versuchen Sie’s noch mal«, sagte er. »Beschleunigen Sie den Galopp.«
    »Wir waren gerade fertig.«
    »Amerikaner«, schnaubte er verächtlich, stand am Rand der Reitbahn, die Hände in die Hüften gestemmt. »Er ist ja noch kaum warm geritten. Die Arbeit fängt erst an. Beschleunigen Sie den Galopp.«
    Mein erster Impuls war, mich ihm zu widersetzen, aber auf dem Pferderücken zu bleiben, erschien mir sicherer, als auf gleicher Ebene mit ihm zu sein, wo er mir um mehr als fünfzehn Zentimeter und an die dreißig Kilo überlegen war. Zumindest bis ich ihn besser einschätzen und herausbekommen konnte, was er wusste und was nicht, schien es am ratsamsten, ihn bei Laune zu halten.
    »Auf den zwanzig Meter Zirkel«, wies Van Zandt mich an.
    Ich brachte das Pferd auf einen Zirkel von zwanzig Metern Durchmesser, versuchte zu atmen und mich zu konzentrieren, obwohl sich meine Hände so fest um die Zügel klammerten, dass ich meinen Puls schlagen fühlte. Zwei Galoppsprünge lang schloss ich die Augen, atmete aus und sank in den Sattel.
    »Lockern Sie Ihre Hände. Warum sind Sie so angespannt, Elle?«, fragte er mit samtiger Stimme, die mir einen Schauder über den Rücken jagte. »Das Pferd spürt das. Die Spannung überträgt sich auf ihn. Mehr Sitz, weniger Hand.«
    Ich bemühte mich, entsprechend zu reagieren.
    »Wieso sind Sie schon so früh auf?«
    »Sind Sie nicht froh, mich zu sehen?«, fragte er.
    »Ich wäre froh gewesen, Sie gestern zum Essen zu sehen. Sie haben mich versetzt. Damit gewinnen

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