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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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»Warum ist sie nicht hier, um Ihnen das Pferd abzunehmen?«
    »Macht Kaffeepause«, erwiderte ich und wünschte, es wäre wahr. Ich sah, wie Van Zandt einen Blick zum Parkplatz warf, wo nur mein BMW stand.
    »Kaffee ist eine gute Idee«, sagte er. »Legen Sie dem Pferd die Fixiergurte an. Wir können zusammen Kaffee trinken und neue Pläne machen.«
    »Er muss abgespritzt werden.«
    »Das kann die Russin machen. Sie ist dafür zuständig.«
    Ich erwog, die Zügel zu straffen und ihn niederzureiten. Leichter gesagt als getan. Er war ein bewegliches Ziel und D’Artagnon würde alles tun, um ihn nicht zu verletzen. Selbst wenn ich Van Zandt umwerfen konnte, was dann? Ich würde über einen Zaun müssen, um das Grundstück zu verlassen. Ich wusste nicht, ob D’Artagnon springen würde. Genauso gut konnte er verweigern und mich abwerfen.
    »Kommen Sie«, befahl Van Zandt. Er drehte sich um und ging zum Stall.
    Ich wusste nicht, ob er eine Waffe hatte. Ich jedenfalls hatte keine. Wenn ich mit ihm in das Gebäude ging, war er mir gegenüber im Vorteil.
    Ich hob die Zügel. Meine Beine schlossen sich um D’Artagnons Flanken. Er tanzte unter mir und schnaubte.
    Ein Farbblitz nahe des Zauns fiel mir ins Auge und erweckte meine Aufmerksamkeit. Molly. Sie hatte ihr Fahrrad abgestellt und war durch den Zaun geklettert. Jetzt kam sie auf mich zugerannt.
    Ich hob den Finger an die Lippen, hoffte, sie würde meinen Namen nicht rufen. Als ob es darauf noch ankam. Mein Training als Tochter eines Verteidigers: gib niemals etwas zu. Selbst angesichts überwältigender Beweise: leugne, leugne, leugne.
    Molly blieb stehen, sah zu mir, sah zu Van Zandt, der sie gerade erst bemerkt hatte. Ich saß ab und streckte dem Mädchen die Hand hin.
    »Da ist ja Miss Molly, das Maskottchen!«, rief ich. »Kommt ihre Tante Elle besuchen.«
    Unsicherheit füllte ihre Augen, aber ihr Gesichtsausdruck verriet nichts. Zu viel Übung in brisanten Situationen zwischen Krystal und den Männern in ihrem Leben. Sie kam zu mir, atmete schwer, die Stirn schweißnass. Ich legte ihr den Arm um die schmalen Schultern und drückte sie an mich, wünschte, ich könnte sie unsichtbar machen. Sie war meinetwegen hier, und jetzt war sie meinetwegen in Gefahr.
    Van Zandt sah sie missbilligend an. »Tante Elle? Haben Sie hier in der Gegend Familie?«
    »Nenntante«, erwiderte ich. Meine Finger schlossen sich fester um ihren Arm. Zu Molly gewandt, sagte ich: »Molly Avadon, das ist mein Freund Mr. Van Zandt.«
    Ich wollte nicht, dass Van Zandt sie mit Erin in Verbindung brachte. Außerdem dachte ich, es könnte für Van Zandt eine Sache sein, mich verschwinden zu lassen, aber eine ganz andere, eine Verwandte von Sean zu töten. Er musste mit der Selbstüberschätzung eines Soziopathen daran glauben, eine gute Chance zu haben, mit dem durchzukommen, was er bisher getan hatte. Sonst hätte er wahrscheinlich schon längst in einem Flugzeug nach Brüssel oder zu einem unbekannten Ziel gesessen. Wenn er immer noch glaubte, ungeschoren davonzukommen, konnte er hier nach wie vor Geschäfte machen, mit den Reichen und Berühmten verkehren.
    Molly sah wieder von mir zu Van Zandt und begrüßte ihn mit kühler Zurückhaltung.
    Van Zandt schenkte ihr ein sprödes Lächeln. »Hallo, Molly.«
    »Ich hab Molly versprochen, heute mit ihr zum Turnier zu gehen«, sagte ich. »Unseren Kaffee müssen wir leider verschieben, Z. Ich sehe Irina nicht, und ich muss dieses Pferd versorgen.«
    Er runzelte die Stirn, überlegte, welche Möglichkeilen ihm blieben.
    »Dann lassen Sie mich Ihnen wenigstens helfen«, sagte er und griff nach D’Artagnons Zügeln.
    Molly sah mit besorgtem Blick zu mir auf. Ich sollte ihr zuflüstern, wegzulaufen und Hilfe zu holen, dachte ich. Aber Van Zandt drehte sich zu uns um, bevor mir das gelang.
    »Komm, Miss Molly«, fordert er sie auf. »Bist du an Pferden interessiert? Wie dein Onkel Sean?«
    »Ein bisschen.«
    »Na, dann komm und hilf mir, dem Pferd die Gamaschen auszuziehen.«
    »Nein«, widersprach ich. »Wenn sie getreten wird, krieg ich die Schuld.« Ich sah Molly an, beschwor sie mit den Augen, meine Gedanken zu lesen. »Molly, Schätzchen, lauf doch mal rüber zu Onkel Seans Haus und sieh nach, ob er schon auf ist.«
    »Er ist nicht da«, verkündete Van Zandt. »Ich habe ihn auf dem Weg hierher angerufen und nur seinen Anrufbeantworter erreicht.«
    »Das heißt nur, dass er nicht ans Telefon gegangen ist«, sagte Molly. Wieder runzelte Van Zandt

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