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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Augenbrauen. »Ich kümmere mich um D’Ar«, bot er an. »Ich muss was tun, um meine Nerven zu beruhigen. Für einen Drink ist es noch zu früh am Tag.«
    Ich dankte ihm und nahm Molly mit in die Lounge. Der Geruch von Kaffee, den Irina gemacht hatte, erfüllte den Raum. Flüchtig überlegte ich, warum sie wohl runtergekommen war und ihn hier aufgebrüht hatte. Ihr Apartment verfügte über eine kleine Küche. Aber es war egal. Dankbar für die Reste in der Kanne goss ich mir eine Tasse ein, trug sie zur Bar und fügte einen ordentlichen Schluck Whisky hinzu.
    Von wegen zu früh am Tag.
    »Möchtest du auch was trinken?«, fragte ich Molly. »Wasser? Sprudel? Einen Double-Malt Scotch?«
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte sie höflich. »Sie sind gefeuert.«
    »Wie bitte?«
    »Es tut mir Leid, aber ich muss unseren Vertrag kündigen«, sagte sie.
    Ich sah sie lange und durchdringend an, fragte mich, wo das wohl herkam. Landrys Bericht fiel mir wieder ein, durchdrang den Nebel von Van Zandts versteckten Drohungen.
    »Ich weiß von dem neuesten Anruf, Molly. Landry hat’s mir erzählt.«
    Ihr ernstes kleines Gesicht war bleich vor Angst. Tränen traten hinter ihren Brillengläsern in ihre Augen. »Die werden Erin wehtun, und ich bin schuld. Weil ich Sie engagiert habe und Sie das Büro des Sheriffs mit reingezogen haben.«
    Noch nie hatte ich jemanden gesehen, der so verloren wirkte. Molly Seabright stand in roten Hosen und einem marineblauen T-Shirt mitten im Raum, rang die Hände und versuchte vergeblich, nicht zu weinen. Hatte ich auch nur halb so bedrückt ausgesehen, als ich vorhin fast dieselben Worte an Landry gerichtet hatte?
    Ich kam hinter der Bar hervor, bedeutete ihr, sich auf einen der Ledersessel zu setzen und nahm auf dem anderen Platz.
    »Molly, du brauchst dir wegen dem, was bei dem Anruf gesagt wurde, keine Vorwürfe zu machen. Es war richtig, dass du Hilfe gesucht hast. Was wäre mit Erin, wenn du nicht zu mir gekommen wärst? Was hätte Bruce getan, um sie zurückzubekommen?«
    Jetzt liefen die Tränen. »A-aber die haben gesagt, keine Polizei. Vielleicht wenn – wenn es nur Sie wären –«
    Ich griff nach ihren Händen und drückte sie. Sie waren eiskalt. »Eine Einzelperson, die ein bisschen rumstochert, kann kaum etwas ausrichten, Molly. Wir brauchen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, um Erin zurückzuholen und die Leute zu erwischen, die sie entführt haben. Das Büro des Sheriffs hat Zugriff auf Telefonaufzeichnungen, auf Verbrecherkarteien; sie können Telefone anzapfen, Beweise analysieren. Es wäre ein Fehler gewesen, die Polizei nicht einzuschalten. Du hast nichts falsch gemacht, Molly. Und ich auch nicht. Nur die Leute, die deine Schwester haben, die haben was falsch gemacht.«
    »A-aber die Stimme sagte immer wieder, s-sie muss den Preis bezahlen, weil wir die R-regeln gebrochen haben.«
    Molly befreite ihre Hände aus meinen, wühlte in ihrer Gürteltasche und zog einen Mikrokassettenrecorder heraus.
    Sie hielt ihn mir hin. »Hören Sie es sich an.«
    »Du hast den Anruf aufgenommen?«
    Sie nickte, wühlte weiter in der Tasche, holte ein Stück Papier raus und gab es mir. »Und ich hab die Nummer von der Rufnummernanzeige aufgeschrieben.«
    Ich nahm ihr den Recorder und den Zettel ab und drückte auf Play. Aus dem winzigen Lautsprecher kam die metallische, mechanisch verzerrte Stimme: Sie haben die Regeln gebrochen . Das Mädchen wird dafür bezahlen . Immer und immer wieder, unterbrochen von Bruce Seabrights knappen Bemerkungen. Dann: Bringen Sie das Geld zum vereinbarten Ort . Sonntag . Achtzehn Uhr . Keine Polizei . Kein Detektiv . Nur Sie . Sie haben die Regeln gebrochen . Das Mädchen wird dafür bezahlen . Sie haben die Regeln gebrochen . Das Mädchen wird dafür bezahlen .
    Molly drückte die Hand auf den Mund. Tränen rannen ihr über das Gesicht.
    Ich hätte das Band gern zurückgespult und es noch mal angehört, wollte das aber nicht in ihrer Gegenwart tun. Sie würde die Stimme sowieso lange genug in ihren Albträumen hören.
    Ich dachte über das nach, was gesagt und wie es gesagt worden war.
    Keine Polizei . Kein Detektiv .
    War Landry damit gemeint? Oder ich? Wie konnten sie das wissen? Zum Haus der Seabrights waren weder Streifenwagen noch Beamte in Uniform geschickt worden. Mit den Entführern hatte kein direkter Kontakt bestanden. Wenn sie das Haus aus der Ferne beobachteten, hätten sie am Samstag nur den einen oder anderen Mann kommen und gehen sehen.
    Keine

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