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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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gerade durch die Tür getreten war. Die Haut auf meinen Armen und in meinem Nacken prickelte.
    Ich huschte zur Wand, stellte mich neben den Durchgang zum vorderen Raum, die Glock erhoben und bereit.
    Ich konnte hören, aber nicht sehen, wie sich die Außentür öffnete. Ich wartete.
    Im vorderen Raum bewegte sich etwas. Das Geräusch von schlurfenden Schuhen und Schritten auf dem alten Linoleum. Das Rasseln der alten Farbdosen, die zusammengeschoben wurden. Der Geruch von Farbverdünner.
    Wen würde ich wohl vor mir haben, wenn ich durch die Tür kam? Paris? Van Zandt? Trey Hughes?
    Ich trat in den Durchgang und richtete meine Waffe auf Chad Seabright.
    »Dafür werden Sie Ihren Sitz im Schülerrat verlieren.«
    Er starrte mich an, während Farbverdünner eine Pfütze um seine Schuhe bildete.
    »Ich würde Sie ja fragen, was Sie hier machen, Chad, aber es scheint zu offensichtlich.«
    »Nein«, sagte er, schüttelte den Kopf, die Augen weit aufgerissen. »Sie verstehen das nicht. Es ist nicht so, wie es aussieht.«
    »Ach ja? Ich sehe nicht dabei zu, wie Sie die Spuren eines Verbrechens beseitigen wollen?«
    »Ich hatte nichts damit zu tun!«, rief er. »Erin hat mich aus dem Krankenhaus angerufen. Sie hat mich angefleht, ihr zu helfen.«
    »Und Sie – ein vollkommen Unschuldiger – haben einfach alles fallen lassen, um ein Verbrechen für sie zu begehen?«
    »Ich liebe sie«, sagte er mit ernster Miene. »Sie hat’s vermasselt. Ich will nicht, dass sie ins Gefängnis kommt.«
    »Warum sollte sie ins Gefängnis kommen, Chad?«, fragte ich. »Sie ist doch angeblich das Opfer bei dieser ganzen Sache.«
    »Das ist sie auch«, beharrte er.
    »Aber sie hat Sie gebeten, hierher zu gehen und alles zu verbrennen? Sie hat den Detectives erzählt, sie wisse nicht, wo man sie gefangen gehalten hätte. Woher wussten Sie, dass es hier war?«
    Ich konnte regelrecht sehen, wie sich die Rädchen drehten, während er sich eine Erklärung ausdachte.
    »Warum sollte Erin in Schwierigkeiten kommen, Chad?«, fragte ich erneut. »Detective Landry hat die Videobänder, auf denen sie vergewaltigt und geschlagen wird.«
    »Das war ihre Idee.«
    »Geschlagen zu werden? Vergewaltigt zu werden? Das war Erins Idee?«
    »Nein. Paris. Es sollte nicht wirklich stattfinden. Das hat Erin gesagt. Es sollte nur vorgespielt sein. Das hat Paris ihr gesagt. Um Jade zu ruinieren, damit sie sein Geschäft übernehmen konnte. Aber alles ist total aus dem Ruder gelaufen. Paris hat sich gegen sie gewandt. Sie haben Erin fast umgebracht.«
    »Wer sind ›sie‹?«
    Er schaute weg, stieß einen Seufzer aus, wirkte aufgeregt. Schweiß stand ihm auf der Stirn. »Ich weiß es nicht. Sie hat nur von Paris gesprochen. Und jetzt hat sie Angst, dass Paris sie mit ins Verderben zieht.«
    »Deshalb fackeln Sie den Tatort ab und damit sind Sie quitt. Sehe ich das richtig?«
    Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. »Ich weiß, wie es aussieht.«
    »Es sieht so aus, als steckten Sie bis zu den Haarspitzen drin, Junior«, sagte ich. »Los, an die Wand, Arme und Beine auseinander.«
    »Bitte, tun Sie das nicht.« Er blinzelte Tränen weg. »Ich will keinen Ärger mit den Cops. Ich soll nächsten Herbst in Brown anfangen.«
    »Daran hätten Sie denken sollen, bevor Sie sich als Brandstifter betätigten.«
    »Ich wollte nur Erin helfen«, jammerte er. »Sie ist kein schlechter Mensch. Wirklich nicht. Sie ist nur – es ist nur –, sie hat ständig Pech. Und sie wollte sich an meinem Vater rächen.«
    »Und Sie nicht?«
    »Ich hab bald meinen Abschluss. Mir ist es egal, was er denkt. Dann können Erin und ich zusammenleben.«
    »Gegen die Wand«, wiederholte ich.
    »Können Sie denn nicht ein bisschen Mitgefühl haben?«, schluchzte er, machte einen Schritt auf die Wand zu.
    »Ich neige nicht zu Mitgefühl.«
    Ich trat weiter in den Raum, während sich Chad auf die Trennwand zubewegte. Ein langsamer Tanz unwilliger Partner, die die Plätze tauschen. Ich hielt die Waffe auf ihn gerichtet. Mein Blick schoss zur Seite, als ich an der offenen Tür vorbeikam.
    Paris Montgomery kam die Stufen herauf.
    Als ich den Kopf drehte, wirbelte Chad herum und stürzte sich mit zornrotem Gesicht auf mich.
    Meine Waffe ging los, als er gegen meinen Unterarm schlug und den Schuss abfälschte. Ich stolperte rückwärts, sein Gewicht auf mir, strauchelte über Farbdosen und alte Zeitschriften. Gemeinsam krachten wir auf den Boden. Alle Luft wich aus meiner Lunge, und mein Kopf schlug so hart

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