Schattenpferd
verbrannte Topfpflanzen. Die Gittertür war nicht verschlossen, dafür aber die Glasschiebetür zum Esszimmer. Auf dem Esstisch lag Post: Zeitschriften, Rechnungen.
Eine weitere Schiebetür hinten auf dem Patio führte in ein Schlafzimmer mit orangerotem Teppichboden. Die Vorhänge waren zurückgezogen und gaben den Blick auf ein breites Doppelbett mit einer roten Samttagesdecke frei. Ein Gemälde von einer Frau mit drei Brüsten und zwei Gesichtern hing über dem reich verzierten Kopfbrett aus Holzimitat. Auf einem offenen Wägelchen am anderen Ende des Zimmers stand ein Fernseher. Ich sah mir die Titel der im unteren Regal stehenden Videokassetten an und fragte mich, ob ich der einzige Mensch in Südflorida ohne Pornosammlung war.
Irgendwo hinter dem Garten war der Motor einer schweren Maschine mit einem heiseren Brummen angeworfen worden. Typisch, dass ausgerechnet jetzt jemand auf die Baustelle an der Sackgasse zurückgekommen war und vermutlich mein Auto mit dem Bulldozer von der Straße schieben würde.
Der Garten war voller Schatten, aber der Himmel über den Baumwipfeln war noch immer leuchtend blau. Der Krach kam nicht aus der Richtung der neuen Häuser, sondern von hinter den Bäumen, hinter Paris Montgomerys Garten, aus dem Westen.
Ein großer Motor brummte beständig, das stoßweise auftretende Knirschen und Zermalmen von Material, das einer Maschine zugeführt wird. Da wurde Mulch produziert, nahm ich an, und wollte mich abwenden. Dann hielt ich inne.
Landry hatte gesagt, dass auf dem Video, auf dem Erin von ihren Peinigern geschlagen wurde, im Hintergrund das Geräusch schwerer Maschinen zu hören war. Ein Geräusch, an das sich Erin nicht erinnern konnte, als er sie fragte, wo man sie gefangen gehalten hatte.
Ich ging zum hinteren Ende des Grundstücks. Bewachsen mit dichten jungen Bäumen und wildem Bambus, die von Ranken zusammengehalten wurden, war die Hintergrenze des Grundstücks ein Dschungel, der, wenn man ihn ließ, bald den gesamten Garten und das Haus verschlingen würde.
Das Rumpeln und Knirschen der Maschine wurde lauter. Ein Lastenwagenmotor heulte auf und das Piep-piep-piep des Warnsignals ertönte, als er zurücksetzte.
Als ich versuchte, durch das dichte Grün zu dem angrenzenden Grundstück zu spähen, übersah ich es fast. Das Ding stand wie eine uralte Ruine in dem dichten Gestrüpp. Grau und verrostet, einst ein fremder Gegenstand, der mit der Zeit fast zu einem organischen Teil der Landschaft geworden war. Ein Wohnwagen. Ehemals vielleicht das Büro eines Bauleiters, mit einem Fenster an einem Ende, das von innen verdreckt war. Jemand hatte mit dem Finger ein einzelnes Wort in den Dreck gekratzt: HILFE.
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Das Leben kann sich innerhalb eines Herzschlags ändern .
Ich hatte es fast übersehen. Ich war einen Herzschlag davon entfernt gewesen, mich umzudrehen und wegzugehen. Dann stand er vor mir: der wahre Grund, warum Paris Montgomery dieses schäbige Haus weit weg vom Turniergelände gemietet hatte. Ich hatte gedacht, sie hätte es wegen der neugierigen Augen genommen, und ich hatte Recht gehabt. Aber ihre Affäre mit Trey Hughes war nicht das Einzige, was sie verbergen wollte.
Der Wohnwagen hockte in dem Gebüsch wie etwas aus einem schlechten Traum. Der Anblick spülte Erinnerungen hoch, die ich lieber nicht gehabt hätte.
Adrenalin rauscht wie Raketentreibstoff durch meine Adern . Mein Herz hämmert wie ein Kolben . Ich bin bereit zum Abschuss .
Ich zog meine Waffe und schlich mich näher an die Seite des Wohnwagens heran. Erst als ich kurz davor stand, konnte ich den Pfad erkennen, den jemand ausgetreten hatte, um an die verbogenen, rostigen Metallstufen zu kommen, die an der Rückseite des Wohnwagens hingen.
Trotz der Tatsache, dass die Sonne diesen Platz seit einer Stunde nicht mehr erreichte und es wirklich kühl war, schwitzte ich.
Mir wurde befohlen zu warten , aber ich weiß , dass es nicht die richtige Entscheidung ist … kostbare Zeit wird verschwendet … Es ist mein Fall . Ich weiß , was ich tue .
Jetzt empfand ich denselben Schub. Mein Fall. Meine Entdeckung. Aber auch ein Zögern. Besorgnis. Furcht. Als ich letztes Mal die Entscheidung getroffen hatte, war es ein Fehler gewesen. Ein tödlicher Fehler.
Ich lehnte mich an die Außenwand des Wohnwagens, versuchte meinen Puls, meinen Denkprozess zu verlangsamen, die Gefühle auszuschließen, die mehr mit posttraumatischem Stress zu tun hatten als mit der Gegenwart.
Paris musste das Haus schon vor
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