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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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gedacht.
    Der Wind heulte und das Zeltdach blähte sich auf wie ein Ballon, der abheben wollte. Die dicken Seile, die die Zeltstangen hielten, ächzten und stöhnten. Ich schlüpfte um die letzten Boxen herum, hielt mich dicht an der Wand. Hinter dem Zelt fiel der Boden steil zu dem Teil ab, der den Sommer über gerodet und abgebrannt worden war, um mehr Zelte, mehr Trainingsparcours aufzunehmen. Es sah wie eine Mondlandschaft aus. Aschegeruch hing in der Luft.
    Als ich um die letzte Box in den nächsten Gang schlich, hörte ich eine Tür in den Angeln schwingen und dann ein scharfes, deutliches Geräusch, das ich zunächst nicht einordnen konnte.
    Wie ein Geist aus der Unterwelt raste ein riesiger Grauer den Gang hinunter direkt auf mich zu. Er war schon fast über mir, bevor ich reagieren konnte, und brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich bemühte mich verzweifelt, auf den Füßen zu bleiben, um mich ihm aus dem Weg zu werfen. Ein Zelthering verfing sich in meinem rechten Fußgelenk und ich knallte zu Boden. Ich versuchte meinen Kopf zu schützen und rollte mich zusammen, wappnete mich gegen den entsetzlichen Hieb eines mit Stahl beschlagenen Hufes und das voranstürmende Gewicht von einer halben Tonne Pferd, das auf weiches Gewebe und zerbrechliche Knochen traf. Aber der Graue sprang über mich hinweg, segelte über den Rand des Abhangs. Ich richtete mich auf und sah entsetzt, wie er ins Stolpern kam, in die Knie ging, während sich die Hinterbeine immer noch bewegten. Er quiekte vor Furcht, fuchtelte mit den Beinen, um sich aufzurichten, kam hoch und rannte in die Nacht davon.
    Kaum war ich wieder auf den Füßen und hatte mich zum Zelt umgedreht, als ein weiteres Pferd herausgaloppierte. Schwarz mit einer Blesse. Wiehernd rannte es hinter dem Grauen her. Ich warf mich zur Seite, als es an mir vorbeischoss.
    Ein Schlag auf den Hintern .
    Das Geräusch, das ich vorhin schon gehört hatte: eine flache Hand, die auf die Hinterbacke eines Pferdes schlägt.
    Ich lief zurück ins Zelt. Der Rest des Stalles war inzwischen in Aufruhr, Pferde wieherten und trampelten in ihren Boxen. Die dünnen Boxen aus Segeltuch und Metallrohren wackelten und knatterten. Die Zeltwände flatterten im Wind. Ich brüllte, hoffte den Täter mit meiner Anwesenheit zu erschrecken und in die Flucht zu schlagen.
    Ein weiteres Pferd tänzelte aus einer offenen Box, sah mich, schnaubte und schoss an mir vorbei, warf mich gegen die Tür der Box hinter mir. Dann wurde die Tür aufgestoßen, schob mich mit, warf mich auf die Knie.
    Wie ein Krebs kroch ich seitwärts weg, griff nach der Tür auf der anderen Seite, um mich hochzuziehen. Das Pferd kam hinter mir aus der Box wie ein Rodeogaul, schnaubte tief, bockte und schlug nach mir aus. Ich spürte, wie die Luft an meinem Kopf vorbeizischte, den der Huf nur um Haaresbreite verfehlt hatte.
    Bevor ich mich umdrehen konnte, legte sich eine stinkende, erstickende Dunkelheit um meinen Kopf und Oberkörper und ich wurde gegen eine Box gedrückt. Ich wollte die Decke wegreißen, bekam aber meine Arme nicht hoch. Ich brauchte Luft. Ich brauchte das bisschen Licht, das es gab. Ich wollte gegen meinen Angreifer kämpfen, der mich nach hinten zerrte, dann seitwärts, hierhin und dahin.
    Mir wurde schwindelig und ich stolperte, fiel, landete auf einem Knie. Dann traf mich etwas, schlug mit genug Kraft auf meinen Rücken ein, dass ich Sterne sah.
    Beim dritten Schlag fiel ich nach vorne und lag still. Mein Atem war ein heißes Rasseln im flachsten Teil meiner Lunge. Außer dem Dröhnen im Kopf konnte ich nichts hören und fragte mich, ob ich wissen würde, was passiert war, bevor das nächste Pferd über mich hinwegtrampelte und mich unter seinen Hufen zermalmte. Ich versuchte mich hochzustemmen, aber es ging nicht. Die Botschaft blieb irgendwo zwischen meinem Hirn und meinen Nervenbahnen hängen. Schmerz brannte in meinem Rücken, und ich würgte und hustete, brauchte Luft, konnte nicht richtig durchatmen.
    Ein Moment verging. Kein Pferd trampelte auf mich. Keine Heugabel spießte mich auf. Mein Angreifer musste weggerannt sein und hatte mich hier an einem sehr ungünstigen Ort zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt zurückgelassen. Pferde rannten frei herum. Wenn jemand in den Stall kam und mich hier fand …
    Wieder nahm ich alle Kraft zusammen und schaffte es endlich, die Pferdedecke von meinem Kopf zu zerren. Keuchend holte ich Luft, kämpfte gegen die Übelkeit an, fand Halt an einer Boxentür und zog mich

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