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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Jade war jetzt obenauf. Das musste den Neid einer Menge sehr eifersüchtiger Menschen hervorrufen.
    Michael Berne fiel mir ein. Ich hatte den Namen erkannt, sobald Van Zandt ihn am Morgen rausgeplappert hatte. Berne war in Stellars Nachruf im Onlinemagazin Horses Daily erwähnt worden. Er hatte Stellar vor Jade geritten, mit nur mäßigem Erfolg auf dem Parcours. Dann hatte Jade das Pferd übernommen. Das Pferd, den Besitzer, das Taj Mahal von Wellington. Kein Wunder, dass Berne wütend war. Er hatte nicht nur den Gehaltsscheck verloren, als Stellar aus seinem Stall geführt wurde. Er hatte auch eine gewaltige Einnahmequelle verloren.
    Demnach war er mehr als nur Jades Rivale, wie Van Zandt gesagt hatte. Berne war Jades Feind.
    Ein Feind konnte eine wertvolle Informationsquelle sein.
     
    Ich fuhr zurück zum Reiterzentrum, wollte ein wenig umherstreifen, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass mich jemand von Jades Mannschaft sah. Ich wollte Bernes Stall finden. Wenn ich an seinen Boxen eine Telefonnummer fand, konnte ich mich mit ihm irgendwo verabreden, wo wir nicht von Jades Getreuen erwischt wurden.
    Der Wachmann kam aus dem Torhaus und schaute gelangweilt und unglücklich.
    »Es ist schon sehr spät«, sagte er mit starkem Akzent.
    Ich seufzte tief. »Wem sagen Sie das. Wir haben ein Pferd mit Kolik. Ich hab den Kürzeren gezogen.«
    Er sah mich stirnrunzelnd an, als hätte ich ihn beleidigt.
    »Ein krankes Pferd«, erklärte ich. »Ich hab Nachtwache, wie Sie.«
    »Ah ja.« Er nickte. »Verstehe. Das tut mir sehr Leid. Viel Glück, Miss.«
    »Danke.«
    Er fragte mich nicht nach meinem Namen oder der Nummer des Stalls, in dem dieses Phantompferd stand. Ich besaß eine Parkgenehmigung und hatte eine glaubhafte Geschichte erzählt. Das genügte ihm.
    Ich parkte hinten auf der Wiese, wollte keine Aufmerksamkeit auf mein Auto lenken. Mit meiner Maglight in der Hand und der Waffe im hinteren Hosenbund meiner Jeans ging ich den Gang an den zehn Zeltställen entlang, suchte nach Michael Bernes Namen und hoffte, nicht auf irgendeinen Pferdepfleger oder einen herumwandernden Wachmann zu treffen.
    Der Sturm kam näher. Die Zeltdächer blähten sich und flatterten im Wind, machten die Pferde nervös. Ich hielt meine Taschenlampe gesenkt, schaute nach Boxenkarten und Notrufnummern; trotzdem erschreckte ich einige Pferde, die in ihren engen Boxen herumstampften und das Weiße in ihren Augen zeigten. Andere wieherten, hofften, ich brächte ihnen etwas zu fressen.
    Auf dem Weg von der Wiese bis zur nächsten Zeltreihe knipste ich die Lampe aus. Wenn ich Glück hatte, waren Bernes Pferde in der Nähe von Jades untergebracht. Ihre Auseinandersetzung hatte bei dem Trainingsparcours stattgefunden, der Jades Stall am nächsten lag. Vielleicht benutzt Berne den auch. Wenn ich kein Glück hatte, war Berne von weiter weg gekommen, um sich mit Jade zu streiten, und ich musste die ganzen vierzig Ställe abgehen, bis ich gefunden hatte, was ich suchte.
    Ein Windstoß von Westen fuhr durch die Bäume. Donner grollte über meinem Kopf. Ich verzog mich in Zelt zweiundzwanzig und überprüfte Namen.
    Nach etwa einem Viertel des ersten Ganges blieb ich stehen und lauschte. Dieselben Geräusche wie in den anderen Zelten: Pferde, die sich bewegten, leises Wiehern, Treten gegen die Rohre, die die Boxenwände hielten. Nur kamen diese Geräusche nicht von den Pferden in meiner Nähe. Sie kamen aus einem der anderen Gänge. Das Quietschen und Knirschen einer sich öffnenden Boxentür. Das Schlurfen von Hufen, die sich durch dicke Streu bewegten. Ein laut wieherndes Pferd. Das Pferd in der Box neben mir kam an die Tür und wieherte zurück.
    Ich knipste das Licht an und sah einen Braunen, den Kopf hoch erhoben, die Ohren aufgestellt, weiß geränderte Augen, die an mir vorbeisahen, vorbei an den Pferden auf der anderen Seite des Ganges. Das Pferd wieherte wieder und wirbelte herum. Ein anderes in dieser Reihe tat es ihm nach.
    Ich machte das Licht aus und schlich den Gang entlang zur Rückseite des Zelts, die Taschenlampe wie einen Schlagstock in der Hand. Das Ding wog mehr als ein Kilo. Als ich noch Uniform trug, hatte ich die Taschenlampe mal dazu benutzt, mein Leben gegen ein hundertzwanzig Kilo schweres, voll gedröhntes Mitglied einer Motorradgang zu verteidigen. Der Mann war mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus gelandet.
    Meine Waffe zog ich nicht. Ich wollte sehen, nicht konfrontieren. Die Glock war als letztes Verteidigungsmittel

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