Schattenpferd
nicht. Sollte er sich doch den Kopf zerbrechen. Wir begegneten anderen Wachleuten, anderen Zivilisten, die durch den Regen rannten, um sich den Spaß der Jagd auf ein halbes Dutzend heißblütiger, vor Freiheit trunkener Pferde nicht entgehen zu lassen.
Wir fuhren durch ein Zeltlabyrinth und an den verlassen daliegenden Läden vorbei. Es goss jetzt in Strömen. Immer weiter entfernten wir uns vom belebteren Teil des Turnierplatzes. Mein Pulsschlag erhöhte sich. Adrenalin schoss wie ein Narkotikum durch mein Blut, die Aussicht auf Gefahr war berauschend und erregend. Ich betrachtete den Wachmann und überlegte, was er wohl denken würde, wenn er das wüsste. Die meisten Menschen würden es beunruhigend finden.
Er steuerte den Golfwagen neben einen der großen Wohnwagen, in denen die verschiedenen Turnierplatzbüros untergebracht waren, und stellte den Motor ab. Wir stiegen die Metalltreppe hinauf, und der Wachmann schubste mich hinein. Ein untersetzter Mann stand neben einem Metallschreibtisch und lauschte dem Gekrächze, das aus einem Walkie-Talkie in der Größe eines Ziegelsteins kam. Der Mann hatte einen Kehlkopf wie ein Ochsenfrosch, einen über seinen Hemdkragen hängenden Hautsack, größer als sein Schädel. Auch er trug eine blaue Wachmannuniform, dekoriert mit ein paar weiteren Anstecknadeln auf der Brust. Auszeichnungen für verdienstvolles Sesselfurzen und übermäßiges Delegieren, nahm ich an. Er warf mir finstere Blicke zu, während ich da stand und den Boden voll tropfte.
»Sie war’s«, behauptete der Wachmann. »Ich hab sie beim Öffnen der Boxentüren erwischt.«
Ich sah ihm ins Gesicht und sagte mit so viel Schärfe, dass die Bedeutung kristallklar war: »Haben Sie noch weitere kleine Überraschungen wie die da in Ihrer Tasche?«
Er hatte die Waffe eingesteckt. Ich sah, wie er mit der Vorstellung kämpfte, sich verraten zu haben, weil er mir das Ding gezeigt hatte. Das konnte ich gegen ihn verwenden. Er durfte im Dienst keine Waffe tragen. Vermutlich hatte er nicht mal eine Zulassung dafür. Wenn das stimmte und ich ihn der Polizei meldete, konnte es gut sein, dass er zumindest seinen Job verlor. Ich sah seinem Gesicht an, dass ihm all das durch den Kopf schoss.
Hätte er genug Grips gehabt, dann hätte er nicht in einer Pseudo-Polizeiuniform Nachtwache geschoben.
»Sie haben mich mit einer Taschenlampe in einem Stall erwischt«, sagte ich. »Ich wollte nur helfen. Genau wie Sie.«
»Haben Sie was gegen Michael Berne?«, fragte der Ochsenfrosch. Er hatte die schleppende Sprechweise eines Mannes aus Südflorida.
»Ich bin Michael Berne nie vorgestellt worden, obwohl ich heute Morgen einen lauten, bedrohlichen Streit zwischen ihm und Don Jade mitbekommen habe. Sie sollten vielleicht in Erfahrung bringen, wo sich Mr. Jade momentan aufhält.«
Ochsenfrosch starrte mich an. »Berne ist auf dem Weg hierher«, sagte er. »Und zwei Hilfssheriffs. Setzen Sie sich, Miss …?«
Ich antwortete nicht und setzte mich auch nicht, obwohl mein Rücken höllisch schmerzte von den Prügeln, die ich bezogen hatte.
»Sie sollten die Sheriffs anweisen, den Boxenbereich als Tatort zu behandeln«, sagte ich. »Ihr Verbrecher hat nicht nur die Pferde freigelassen, sondern mich auch noch angegriffen, als ich ihn verscheuchen wollte. Sie werden eine Heugabel oder einen Besen finden – etwas mit einem langen Stiel –, auf dem Fingerabdrücke sein könnten. Ich werde Anzeige erstatten. Und ich will zur Untersuchung in die Notaufnahme, damit Fotos von meinen Blutergüssen gemacht werden. Vielleicht verklage ich Sie. Was ist denn das für ein Wachdienst, der noch nicht mal für die Sicherheit von Menschen oder Tieren sorgen kann?«
Ochsenfrosch schaute mich an, als hätte er jemanden wie mich noch nie gesehen. »Wer sind Sie?«
»Ich sag Ihnen meinen Namen nicht.«
»Ich brauche Ihren Namen, Miss. Ich muss einen Bericht schreiben.«
»Dann haben Sie ein Problem, denn von mir erfahren Sie ihn nicht«, erwiderte ich. »Ich muss Ihnen gar nichts sagen. Sie sind kein Gerichts- oder Regierungsbeamter, daher haben Sie kein Recht, Informationen von mir zu verlangen.«
»Die Sheriffs sind auf dem Weg«, sagte er drohend.
»Na fein, ich geh gern mit denen mit, obwohl sie keinen Grund haben, mich festzunehmen. Im Gang eines Stalles zu stehen, ist, soweit ich weiß, kein Verbrechen.«
»Bud sagt, Sie haben die Pferde freigelassen.«
»Ich glaube, Sie sollten Bud noch mal fragen, was er gesehen hat.«
Er schaute zu
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