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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Haarfarbe biss.
    Ich ließ die Scheibe des Mercedes runter. »Mr. Berne. Sie sind hier, um sich mit mir zu treffen.«
    Er sah mich aus zusammengekniffenen Augen an, konnte mich nicht einschätzen. Die Agentin einer Schattenorganisation. Vielleicht hatte er Nancy Drew aus der Fernsehserie erwartet.
    »Wir reden hier draußen«, sagte ich. »Bitte steigen Sie ein.«
    Er zögerte wie ein Kind, das von einem Fremden zum Mitfahren eingeladen wird. Wieder sah er sich auf dem Parkplatz um, als erwartete er, dass was Schlimmes passieren würde. Maskierte Männer, die aus dem Gebüsch krochen und ihn überfielen.
    »Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, steigen Sie ein«, knurrte ich ungeduldig.
    Er war so groß, dass er sich regelrecht zusammenkrümmen musste, um in den Mercedes zu passen. Was für ein Kontrast zu dem gut aussehenden, eleganten Jade. Eine Bohnenstange, der man Wachstumshormone eingetrichtert hatte. Rothaarig und sommersprossig, dürr wie eine Zaunlatte. Ich hatte genug über Michael Berne gelesen, um zu wissen, dass er Anfang der Neunzigerjahre ein eher kleines Licht in der internationalen Springreiterei gewesen war, als er ein Pferd namens Iroquois ritt. Aber das Größte, was er zu Stande gebracht hatte, war eine Europatour mit der Zweitauswahl der Olympiamannschaft. Dann hatten Iroquois’ Besitzer den Hengst verkauft, und Berne hatte seitdem keinen Gewinner mehr gehabt.
    Als Trey Hughes sich für Bernes Stall entschied, war Michael in einem Interview mit der Aussage zitiert worden, er würde mit Stellar ins internationale Rampenlicht zurückreiten. Dann ging Stellar an Don Jades Stall, und Michael Bernes Stern war wieder verblasst.
    »Für wen arbeiten Sie noch mal, Ms. Estes?«, fragte er und begutachtete das teure Auto.
    »Das habe ich noch nicht gesagt.«
    »Sind Sie von einer Versicherungsgesellschaft? Von der Polizei?«
    »Wie viele Polizisten kennen Sie, die einen Mercedes fahren, Mr. Berne?«, gab ich zurück, tat leicht amüsiert. Ich zündete mir eine von Seans französischen Zigaretten an und blies den Rauch gegen die Windschutzscheibe. »Ich bin Privatdetektivin – wobei privat das ausschlaggebende Wort ist. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Mr. Berne. Außer Sie haben etwas auf dem Kerbholz.«
    »Hab ich nicht«, sagte er abwehrend. »Ich führe ein ehrliches Geschäft. Über mich sind keine Geschichten im Umlauf, dass ich Pferde töte, um die Versicherungssumme zu kassieren. Das ist Don Jades Gebiet.«
    »Sie glauben, dass er Stellar hat töten lassen?«
    »Ich weiß es.«
    Ich beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und fragte mit flacher, monotoner, geschäftsmäßiger Stimme: »Haben Sie Beweise dafür?«
    Sein Mund verzog sich säuerlich. »Dafür ist Jade zu gerissen. Der verwischt immer seine Spuren. Wie gestern Nacht. Niemand wird Don Jade jemals damit in Verbindung bringen, aber er hat meine Pferde freigelassen.«
    »Warum sollte er das tun?«
    »Weil ich ihm klar und deutlich gesagt habe, was Sache ist. Ich weiß, was er ist. Leute wie Jade sind es, die dem Pferdegeschäft einen schlechten Ruf geben. Krumme Geschäfte, geklaute Kunden, getötete Pferde. Die Leute sehen weg, solange sie keine Opfer sind. Jemand muss etwas dagegen unternehmen.«
    »Hat Trey Hughes Sie je dazu aufgefordert, Stellar etwas anzutun?«
    »Nein. Ich hab Stellar in Form gebracht. Er machte Fortschritte. Ich dachte, wir hätten eine Chance beim Worldcup. Außerdem hätte ich mich niemals auf so etwas eingelassen.«
    »Warum hat Hughes Ihnen das Pferd weggenommen?«
    »Jade hat ihn mir weggeschnappt. Der klaut dauernd Kunden.«
    »Das hatte nichts mit der Tatsache zu tun, dass Sie nicht gewonnen haben?«
    Berne sah mich finster an. »Wir waren auf dem besten Weg. Das war nur eine Frage der Zeit.«
    »Aber Hughes war nicht bereit zu warten.«
    »Jade hat ihm vermutlich erzählt, er könnte es schneller schaffen.«
    »Tja, aber jetzt schafft Stellar nichts mehr.«
    »Was ist mit der Autopsie?«
    »Nekropsie.«
    »Was?«
    »Bei Pferden nennt man das Nekropsie.«
    Es gefiel ihm nicht, verbessert zu werden. »Was ist dabei rausgekommen?«
    »Es ist mir nicht gestattet, dazu Einzelheiten mitzuteilen, Mr. Berne. Gab es irgendwelche Gerüchte, bevor das Pferd starb? Ich habe gehört, dass Stellar nicht gesund war.«
    »Er wurde älter. Ältere Pferde brauchen mehr Pflege – Gelenkspritzen, Kraftfutter, solche Sachen. Aber er war zäh. Er hatte ein großes Herz und machte immer das, was man von ihm

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