Schattenpferd
dem Plattfußball.«
»Elle kann einem guten Zweck nicht widerstehen«, meinte Sean. »Oder einem Glas Champagner.«
»Sie haben die ganze Aufregung auf dem Turnierplatz verpasst.« Van Zandt war begierig, den Klatsch loszuwerden. »Pferde wurden freigelassen. Jemand wurde angegriffen. Unglaublich.«
»Und Sie waren dort?«, fragte ich. »Mitten in der Nacht? Will die Polizei Sie verhören?«
»Natürlich war ich nicht da«, brauste er auf. »Wie können Sie annehmen, dass ich so etwas tun würde?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, was Sie tun oder nicht tun würden. Ich weiß nur, dass Sie keinen Spaß verstehen. Wirklich, diese Stimmungsschwankungen sind ermüdend, und ich kenne Sie erst seit zwei Tagen.« Ich ließ mir meine Gereiztheit anmerken. »Und Sie erwarten von mir, dass ich mit Ihnen und Ihren multiplen Persönlichkeiten im Auto durch Europa fahre? Ich glaube, ich bleib lieber zu Hause und hau mir immer wieder mit dem Hammer auf den Daumen.«
Er spreizte die Hand auf der Brust, als hätte ich ihn gekränkt. »Ich bin ein empfindsamer Mensch. Ich möchte nur das Beste für alle. Ich lauf nicht rum und beschuldige Leute aus Spaß.«
»Nehmen Sie es nicht persönlich, Tomas«, riet ihm Sean, während wir zum Stall gingen. »Elle schärft ihre Zunge jeden Tag an einem Schleifstein, bevor sie zu Bett geht.«
»Damit ich dich besser filetieren kann, mein Lieber.«
Van Zandt sah mich schmollend an. »Scharfe Zungen ziehen keine Ehemänner an.«
»Ehemann? Was soll ich denn damit?«, fragte ich. »Hatte ich schon. Hab ihn zurückgegeben.«
Sean grinste. »Wer braucht schon einen Klotz am Bein?«
»Ein Exmann ist das Beste«, stimmte ich zu. »Die Hälfte vom Geld und keine Kopfschmerzen.«
Van Zandt drohte mir mit dem Finger, bemühte sich, Humor zu zeigen. »Sie müssen gezähmt werden, Miss Tigerin. Dann werden Sie ein anderes Lied singen.«
»Bringen Sie eine Peitsche und einen Stuhl dafür mit«, schlug Sean vor.
Van Zandt sah mich an, als stellte er sich das bereits vor und noch einiges mehr. Er lächelte wieder. Mr. Aalglatt. »Ich weiß, wie man eine Dame am besten behandelt.«
Aus dem Augenwinkel sah ich Irina kommen. Lange nackte Beine und dicke Arbeitsstiefel. Sie hielt etwas in der Hand. Offenbar war sie wütend, und ich nahm fälschlicherweise an, dass ihre Wut Sean galt, weil er zu spät kam oder ihren Zeitplan umwarf oder eines der fünfzig anderen Vergehen begangen hatte, die Irina regelmäßig auf die Palme brachten. Anderthalb Meter vor uns blieb sie stehen, brüllte etwas Hässliches auf Russisch und warf mit dem Ding, das sie in der Hand hatte.
Van Zandt schrie erschrocken auf, riss gerade noch den Arm hoch und lenkte den Flug des Stahlhufeisens ab, das ihn sonst am Kopf getroffen hätte.
Sean sprang entsetzt zurück. »Irina!«
Die Pferdepflegerin stürzte sich wie ein Geschoss auf Van Zandt und schrie: »Schwein! Du dreckiges Schwein!«
Ich blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete erstaunt, wie Irina ihn mit ihren Fäusten bearbeitete. Sie war schlank wie ein Schilfrohr, aber stark wie ein Truckerfahrer, die Muskeln an ihren Armen waren deutlich zu sehen. Van Zandt taumelte zurück, versuchte sie abzuschütteln, aber sie hing an ihm wie eine Klette.
»Verrücktes Miststück!«, brüllte er. »Lass mich los! Lass mich los!«
Sean sprang vor, packte mit einer Hand den blonden Pferdeschwanz des Mädchens und erwischte mit der anderen einen der wild herumfuchtelnden Arme. »Irina! Hör auf!«
»Hurensohn! Stinkender Hurensohn!«, schrie sie, als Sean sie von Van Zandt losriss und rückwärts in den Gang zerrte. Sie stieß weitere Verwünschungen auf Russisch aus und spuckte den Belgier wütend an.
»Die ist verrückt!«, rief Van Zandt und wischte sich Blut von der Lippe. »Man sollte sie einsperren!«
»Ich nehme an, Sie beide kennen sich«, sagte ich trocken.
»Ich hab sie noch nie im Leben gesehen! Verrückte russische Schlampe!«
Irina wollte sich von Sean losmachen, ihr Gesicht verzerrt vor Hass. »Nächstes Mal reiß ich dir die Kehle auf und scheiße in deine Lunge, du Schwein! Für Sascha!«
Van Zandt zuckte betroffen zurück.
»Irina!«, rief Sean entsetzt.
»Ich glaube, wir beiden Frauen ziehen uns jetzt mal kurz zurück«, schlug ich vor, nahm Irina am Arm und schob sie zur Lounge.
Irina knurrte und machte eine obszöne Geste in Van Zandts Richtung, kam aber mit mir.
Wir betraten die Lounge, einen mit Mahagoni getäfelten Raum
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