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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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mit einer Bar und Ledersesseln. Irina stapfte auf und ab, fluchte leise vor sich hin. Ich ging hinter die Bar, nahm eine Flasche Wodka aus dem Kühlschrank und goss drei Finger breit in ein schweres Kristallglas.
    »Auf dein Wohl.« Ich hob das Glas und reichte es ihr dann. Sie trank es wie Wasser. »Er hat es mit Sicherheit verdient, aber würdest du mich bitte aufklären?«
    Sie schäumte vor Wut und belegte Van Zandt mit weiteren Schimpfwörtern, seufzte auf und beruhigte sich. Einfach so, sie war plötzlich wieder ganz gefasst. »Das ist kein netter Mann«, sagte sie.
    »Der Mann, der das Futter liefert, ist auch kein netter Mann, aber auf den hast du dich noch nie gestürzt. Wer ist Sascha?«
    Irina zog eine Zigarette aus der Schachtel auf der Bar, zündete sie an und nahm einen tiefen Zug. Langsam blies sie den Rauch aus, den Kopf in einem eleganten Winkel geneigt. Vielleicht war sie in einem früheren Leben Greta Garbo gewesen.
    »Sascha Kulak. Eine Freundin aus Russland. Sie ist nach Belgien gefahren und hat für dieses Schwein gearbeitet, weil er ihr alle möglichen tollen Versprechungen gemacht hatte. Er würde ihr ein prima Gehalt zahlen und sie gute Pferde reiten lassen und sie würden wie Partner sein und er würde sie zum Turnierstar machen. Dreckiger Lügner. Er wollte ihr bloß an die Wäsche. Er hat sie nach Belgien geholt und gedacht, sie gehöre ihm. Er dachte, sie würde mit ihm bumsen und dankbar sein. Sie sagte Nein. Sie war ein schönes Mädchen. Warum sollte sie mit einem so hässlichen Mann wie ihm bumsen?«
    »Warum sollte irgendjemand das wollen?«
    »Er war richtig ekelhaft zu ihr, hat sie in einem Zigeunerwagen ohne Heizung untergebracht. Sie musste die Stalltoilette benutzen, und er hat sie durch die Löcher in der Wand beobachtet.«
    »Warum ist sie nicht abgehauen?«
    »Sie war achtzehn und hatte Angst. Sie war in einem fremden Land, in dem sie niemanden kannte, und konnte deren dämliche Sprache nicht. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.«
    »Sie konnte nicht zur Polizei gehen?«
    Irina sah mich an, als sei ich blöd.
    »Schließlich ist sie mit ihm ins Bett gegangen«, sagte sie und zuckte mit den Schultern auf diese typisch europäische Art, die Amerikaner nie nachmachen können. »Aber er hat sie immer noch wie Dreck behandelt. Er hat sie mit Herpes angesteckt. Nach einer Weile hat sie ihm etwas Geld gestohlen und ist weggelaufen, als sie in Polen Pferde kaufen wollten. Er hat ihre Familie angerufen und dem Vater wegen des Geldes gedroht. Er hat Lügen über Sascha erzählt. Als sie heimkam, hat ihr Vater sie rausgeworfen.«
    »Er hat Van Zandt mehr geglaubt als seiner eigenen Tochter?«
    Irina verzog das Gesicht. »Die zwei sind sich sehr ähnlich.«
    »Und was wurde aus Sascha?«
    »Sie hat sich umgebracht.«
    »O Gott, Irina, das tut mir Leid.«
    »Sascha war zerbrechlich wie eine Glaspuppe.« Sie rauchte weiter, dachte nach. »Wenn ein Mann mir so was antäte, würde ich mich nicht umbringen. Ich würde ihm den Schwanz abschneiden und an die Schweine verfüttern.«
    »Sehr effektiv.«
    »Dann würde ich ihn umbringen.«
    »Wenn du mit dem Hufeisen etwas besser gezielt hättest, wäre es dir vielleicht gelungen«, sagte sich.
    Irina goss sich noch drei Finger breit Wodka ein, trank diesmal aber langsamer. Ich überlegte, wie Van Zandt seine Autorität über ein junges Mädchen hatte so missbrauchen können. Die meisten Erwachsenen würden schon Schwierigkeiten haben, mit seinen ständig wechselnden Launen umzugehen. Eine Achtzehnjährige war damit völlig überfordert. Er verdiente genau das, was Irina sich für ihn vorgestellt hatte.
    »Ich würde dir ja anbieten, ihn festzuhalten, während du ihn trittst«, sagte ich. »Aber Sean wird von dir erwarten, dass du dich entschuldigst.«
    »Er kann mir mal meinen russischen Arsch küssen.«
    »Du musst es ja nicht ernst meinen.«
    Sie dachte darüber nach. Wenn ich es gewesen wäre, hätte ich Sean trotzdem gesagt, er könne mich mal. Aber ich konnte es mir nicht leisten, Van Zandt zu verärgern, vor allem nicht angesichts dessen, was Irina mir erzählt hatte. Ihre Freundin Sascha war tot. Vielleicht war Erin Seabright noch am Leben.
    »Komm«, sagte ich, bevor sie es sich anders überlegen konnte. »Bring’s hinter dich. Du kannst ihn ja an deinem freien Tag kaltmachen.«
    Auf dem Weg nach draußen ging ich voran. Sean und Van Zandt standen auf dem Gras neben dem Aufsitzbock. Van Zandts Gesicht war immer noch rot, und er rieb

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