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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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kann mich mal, dachte Jill jetzt. Don Jade war ihr Chef, nicht ihr Vater. Er konnte ihr nicht vorschreiben, wie sie sich anzog und wohin sie gehen durfte oder nicht. Er konnte sie nicht als Hure bezeichnen und auch noch damit durchkommen.
    All die harte Arbeit, die sie für Don Jade geleistet hatte, und dann behandelte er sie so. Sie wäre seine Partnerin geworden – im und außerhalb des Bettes. Sie wäre ihm gegenüber loyal gewesen. Sie hätte alles für ihn getan. Aber er verdiente ihre Loyalität und ihre Hingabe nicht. Er verdiente es, dass er betrogen wurde und man ihm in den Rücken fiel. Er verdiente alles, was ihm je zustoßen sollte.
    Langsam formte sich eine Idee in Jills Kopf, während sie in ihrem Auto saß. Sie brauchte sich nicht wie Dreck behandeln zu lassen. Sie hatte es nicht nötig, sich beschimpfen zu lassen. Sie würde in jedem Stall, den sie sich aussuchte, einen Job bekommen. Don Jade konnte sie mal.
    Sie fuhr vom Parkplatz und bog nach links auf die South Shore ein, in Richtung des Reiterzentrums, achtete nicht auf das Auto, das ihr folgte.

15
    Molly hörte, dass Bruce und ihre Mutter sich stritten. Sie konnte nicht alles verstehen, aber der Ton war unverkennbar. Sie lag auf dem Boden in ihrem Zimmer, neben dem Rohr der Klimaanlage. Ihr Zimmer befand sich direkt über Bruce’ Büro, in das er oft ihre Mutter oder Chad oder Erin zitierte, um sie wegen ihrer neuesten Sünden anzuschreien. Molly hatte schon vor langer Zeit gelernt, sich den Männern gegenüber, mit denen ihre Mutter sich traf, unauffällig zu verhalten. Bruce war für sie da keine Ausnahme, obwohl er praktisch gesehen jetzt ihr Vater war. Sie sah ihn nicht als ihren Vater. Sie sah ihn als jemand, in dessen Haus sie zufällig wohnte.
    Bei dem Streit ging es um Erin. Der Name ihrer Schwester war immer wieder gefallen. Irgendwas war definitiv passiert. Ihre Mutter war schon verstört gewesen, als Molly aus der Schule heimkam, war nervös auf und ab gegangen und aus der Hintertür geschossen, um eine Zigarette nach der anderen zu rauchen. Das Essen hatte ein Lieferservice gebracht. Krystal hatte keinen Bissen zu sich genommen. Chad hatte alles verschlungen wie ein Wolf und war dann abgehauen, bevor Bruce nach Hause kam.
    Und als Bruce zur Tür hereinkam, hatte Krystal ihn sofort gebeten, in seinem Arbeitszimmer mit ihm sprechen zu können.
    Mollys Magen verkrampfte sich vor Sorgen. Sie hatte Erins Namen gehört und das Wort »Polizei«. Die Stimme ihrer Mutter hatte zuerst dringend geklungen, dann wütend, dann hysterisch und schließlich war sie in Tränen ausgebrochen. Bruce klang nur wütend. Und mit den Stimmen vermischte sich ein mechanisches Geräusch, als würde der Videorecorder an- und ausgeschaltet, eine Kassette vor- und zurückgespult! Molly konnte sich nicht vorstellen, was das bedeutete. Vielleicht hatte Krystal eine Pornokassette in Chads Zimmer gefunden. Aber warum hatte Molly dann Erins Namen gehört und nicht Chads?
    Mit klopfendem Herzen verließ Molly ihr Zimmer und schlich die Hintertreppe hinunter. Das Haus war dunkel bis auf das Licht, das aus dem Arbeitszimmer drang. Auf Zehenspitzen ging sie den Flur entlang und hielt die Luft an. Sollte sich die Tür öffnen, saß sie in der Falle. Das Wohnzimmer lag direkt daneben. Wenn sie einfach dort hineinschlüpfte … Sie duckte sich in eine Ecke neben dem Ficus-Topf und legte das Ohr an die Wand.
    »Wir rufen die Polizei nicht, Krystal«, sagte Bruce. »Erstens mal glaube ich nicht, dass es echt ist. Da will uns jemand einen Bären aufbinden –«
    »Aber wenn es doch echt ist?«
    »Sie haben gesagt, keine Polizei.«
    »Mein Gott, ich kann nicht glauben, dass das passiert.« Krystals Stimme zitterte.
    »Warum denn nicht?«, erwiderte Bruce. »Sie ist deine Tochter. Du weißt, dass sie uns nichts als Schwierigkeiten gemacht hat.«
    »Wie kannst du so reden?«
    »Ganz einfach. Es ist die Wahrheit.«
    »Du bist so verdammt grausam. Ich kann es nicht glauben. Aua! Du tust mir weh, Bruce.«
    Tränen stiegen Molly in die Augen. Sie zog die Knie an ihre Brust und versuchte nicht zu zittern.
    »Ich hab dich gebeten, keine Unflätigkeiten zu benutzen, Krystal. Du kannst keine Lady sein, wenn du wie ein Seemann fluchst.«
    »Es tut mir Leid. Es tut mir Leid. Die Sache nimmt mich zu sehr mit. Ich wollte das nicht sagen«, beeilte Krystal sich zu entschuldigen.
    »Du bist irrational. Du musst dich zusammenreißen, Krystal. Denk doch mal logisch. Auf dem Band heißt es, keine

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