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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ist?«, fragte ich.
    »Das ist absurd! Das sind alles wohlhabende und angesehene Leute.«
    »Vielleicht alle bis auf einen.«
    »Ich will nicht, dass andere in diesen Schlamassel hineingezogen werden.«
    »Haben Sie irgendwelche Feinde, Mr. Seabright?«, fragte ich.
    »Natürlich nicht.«
    »Sie haben nie jemanden verärgert? Ein Immobilienmakler und Bauunternehmer in Südflorida? Das wäre sehr erstaunlich.«
    »Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann, Ms. Estes.«
    »Und Sie sind so sympathisch wie Durchfall«, erwiderte ich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie keine Liste von Menschen besitzen, die Sie mit Vergnügen leiden sehen würden. Und dabei denke ich nur an Ihre engste Familie.«
    Er hasste mich, das konnte ich in seinen kleinen, gemeinen Augen sehen. Ich fand das äußerst befriedigend, weil es auf Gegenseitigkeit beruhte.
    »Geben Sie mir sofort die Nummer Ihrer Lizenz«, verlangte er mit erstickter Stimme. »Ich habe große Lust, Sie bei den Behörden zu melden.«
    »Dann wäre ich dämlich, sie Ihnen zu geben, nicht wahr?« Ich notierte eine weitere Nummer. Das Mobilteil gab an, dreizehn Nummern seit der letzten Löschung gespeichert zu haben. »Außerdem sind Sie wohl kaum in der Position, sich über mich zu beschweren, Mr. Seabright. Ich weiß zu viel, worüber Sie lieber nichts in der Zeitung lesen wollen.«
    »Drohen Sie mir?«
    »Es erstaunt mich immer wieder, wenn Leute meinen, diese Fragen stellen zu müssen«, sagte ich. »Schulden Sie jemandem Geld?«
    »Nein.«
    »Spielen Sie?«
    »Nein.«
    »Kennen Sie einen Mann namens Tomas Van Zandt?«
    »Nein. Wer ist das?«
    »Haben Sie dafür gesorgt, dass Erin den Job bei Don Jade bekam?«
    Ich notierte die letzte gespeicherte Nummer und sah zu ihm hoch.
    »Was spielt das für eine Rolle?«, fragte er.
    »Haben Sie?«
    Er wirkte wieder nervös, rückte den Humidor auf dem Schreibtisch um einen Millimeter zurecht.
    »Es wäre ein ziemlicher Zufall, wenn Erin einfach einen Job bei dem Trainer des Kunden gefunden hätte, dem Sie ein extrem teures Grundstück verkauft haben.«
    »Was hat das mit all dem zu tun?«, wollte er wissen. »Gut, ich habe vielleicht erwähnt, dass sie nach einem Job mit Pferden sucht. Na und?«
    Ich schüttelte den Kopf, riss das Blatt mit den Nummern von der Schreibunterlage und stand auf. Krystal kauerte immer noch mit glasigen Augen im Ledersessel, eingeschlossen in ihrer privaten Hölle. Ich wollte sie fragen, ob es das wert war – das Haus, die teuren Klamotten, das Auto, das Geld –, aber sie litt vermutlich eh schon genug, ohne dass ich ihr auch noch vorwerfen musste, ihr eigenes Kind verraten zu haben. Ich gab ihr eine der Karten mit meiner Telefonnummer und legte eine weitere auf den Schreibtisch.
    »Ich überprüfe diese Nummern und seh mal zu, was dabei rauskommt«, sagte ich. »Rufen Sie mich sofort an, wenn Sie von den Entführern hören. Ich tue, was ich kann. Meiner professionellen Meinung nach sollten Sie sich an das Dezernat für Gewaltverbrechen und dort direkt an Detective James Landry wenden.«
    »Aber es hieß, keine Polizei«, erwiderte Seabright, ein bisschen zu bereitwillig, sich dieser Forderung zu beugen.
    »Zivilkleidung, Zivilfahrzeug. Niemand wird wissen, dass er kein Zeuge Jehovas ist.«
    Seabright schmollte. »Ich will nicht, dass andere Entscheidungen für meine Familie treffen.«
    »Nein? Tja, im Gegensatz zu Ihrer Egomanie sind Sie nicht der am besten Geeignete, diese Entscheidungen zu treffen«, sagte ich. »Bei dieser Sache brauchen Sie professionelle Hilfe. Und wenn Sie das nicht akzeptieren wollen, stopfe ich es Ihnen in den Schlund.«

19
    Zwanzig nach vier. Bruce Seabright konnte nicht schlafen. Er versuchte es nicht mal. Er hatte kein Verlangen, heute Nacht das Bett mit Krystal zu teilen, obwohl er wusste, dass sie völlig weggetreten war. Er war zu aufgewühlt zum Schlafen, ja sogar zum Sitzen. Stundenlang hatte er sein Arbeitszimmer geputzt, die Fingerabdrücke von den Möbeln gewischt, jeden Gegenstand auf dem Schreibtisch gesäubert, das Telefon mit Lysol eingesprüht. Sein inneres Heiligtum war besudelt, kontaminiert worden.
    Krystal war ohne sein Wissen hier reingekommen und hatte die Post auf seinem Schreibtisch durchsucht, obwohl er ihr sehr deutlich erklärt hatte, das niemals zu tun. Er war der Einzige, der die Post durchsah. Und Molly war reingekommen und hatte das Video genommen. Er hatte von beiden etwas Besseres erwartet. Die Enttäuschung schmeckte bitter. Die Ordnung

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