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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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schrie Krystal. Sie tastete sich am Sessel entlang, ließ sich hineinfallen und kauerte sich wie ein Embryo zusammen.
    »Und woher soll ich wissen, dass Sie nicht einer von denen sind?«, gab ich zurück. »Woher soll Ihre Frau das wissen?«
    »Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, blaffte Seabright.
    »Lächerlich ist nicht das Wort, mit dem ich es beschreiben würde, Mr. Seabright. Erin hat Sie ständig gereizt. Vielleicht sahen Sie eine Möglichkeit, das Problem auszuschalten.«
    »O Gott!«, kreischte Krystal, schlug die Hände vor den Mund.
    »Das ist absurd«, brüllte Seabright.
    »Ich glaube nicht, dass das Büro des Sheriffs so denken wird«, erwiderte ich. »Also spucken Sie lieber die Einzelheiten aus.«
    Er seufzte wieder, der von allen ausgenutzte Patriarch. »Die Stimme sagte, ich solle das Geld in einen Pappkarton tun und ihn an einem bestimmten Ort beim Turnierplatz der Reitersiedlung draußen bei Loxahatchee abstellen.«
    Ich kannte das Gelände. Die Reitersiedlung lag zwanzig Minuten von Wellington entfernt und war ein bisher unerschlossenes Bebauungsgebiet. Mehr oder weniger offene Flächen mit einem Turnierplatz, der nur wenige Male im Jahr genutzt wurde.
    »Wann?«
    »Heute. Um fünf.«
    »Und, haben Sie das Geld hingebracht?«
    »Nein.«
    Krystal schluchzte. »Du hast sie umgebracht! Du hast sie umgebracht!«
    »Himmel noch mal, Krystal, hör auf damit!«, schnauzte er. »Wenn sie wirklich entführt wurde, werden die sie nicht töten. Das wäre doch widersinnig.«
    »Das Einzige, woran die interessiert sind, ist das Geld«, sagte ich kalt. »Sie werden versuchen, es zu bekommen, ob sie lebt oder nicht. Haben die Ihnen versprochen, dass Sie Erin am Übergabeort zu sehen bekämen? Haben die gesagt, Sie könnten sie an einem anderen Ort abholen, sobald die Geldübergabe erfolgt ist?«
    »Davon haben sie nichts gesagt.«
    Es gab keine Garantie, dass Erin nicht bereits tot war. Wenn die Entführer skrupellos waren, hatten sie Erin vielleicht gleich nach der Entführung umgebracht, um sie als mögliche spätere Zeugin auszuschalten und das Leben der Entführer leichter zu machen. Oder das war von Anfang an das Ziel gewesen – sie auszuschalten – und die Entführung nur als Tarnung zu benutzen.
    »Haben die seither noch mal angerufen?«
    »Nein.«
    »Das kann ich kaum glauben. Wenn ich dreihunderttausend um fünf Uhr nachmittags erwarte und Sie nicht auftauchen, würde ich wissen wollen, warum.«
    Er hob die Hände und ging ans Fenster, wo die halb offenen Fensterläden die Dunkelheit einließen. Ich beobachtete ihn und fragte mich, wie kalt dieser Mann wirklich war. Kalt genug, um seine Stieftochter wissentlich einem Sexualstraftäter auszuliefern? Kalt genug, sie umbringen zu lassen? Vielleicht.
    Es fiel mir nur schwer, die Vorstellung zu akzeptieren, dass Seabright bei einem gemeinschaftlichen Plan, der ihn angreifbar gemacht hätte, die Kontrolle abgeben würde. Aber ihm blieb sonst nur noch, sich die Hände selber schmutzig zu machen, und das sah ich keineswegs. Ein Komplott war das geringere Übel. Ein Komplott konnte man immer abstreiten.
    Mein Blick fiel auf Seabrights Schreibtisch, auf dem alles in makelloser Ordnung lag. Vielleicht würde ich eine Aktenmappe mit der Aufschrift ENTFÜHRUNG ERIN finden. Aber ich konzentrierte mich auf das Telefon, ein schnurloses Panasonic mit Rufnummernanzeige auf dem Mobilteil. Das gleiche Telefon, das ich in Seans Gästehaus hatte. Ich ging hinter den Schreibtisch, setzte mich auf den Lederstuhl und griff nach dem Telefon. Das Licht für die Rufnummernanzeige auf der Basisstation blinkte rot.
    »Was machen Sie da?«, wollte Bruce wissen, trat rasch vom Fenster weg.
    Ich drückte die Suchtaste auf dem Mobilteil, und auf dem Display erschien eine Nummer. »Ich mache mir das Wunder der modernen Technik zu Nutze. Wenn der Entführer Sie auf dieser Leitung von einem nicht blockierten Telefon angerufen hat, ist die Nummer hier gespeichert und kann mit einem umgekehrt funktionierenden Telefonbuch verglichen werden. Ist das nicht schrecklich clever?«
    Ich notierte die Nummer auf seiner fleckenlosen Schreibunterlage, klickte zur nächsten gespeicherten und notierte auch die. Seabright wollte mir das Telefon aus der Hand reißen. Ich sah, wie seine Kinnmuskeln arbeiteten.
    »Meine Kunden und Geschäftsfreunde rufen mich hier an«, sagte er. »Ich lasse nicht zu, dass Sie sie belästigen.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass einer davon nicht der Entführer

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